Bruchlandung im Wohngebiet: Howard Hughes crasht erneut

Bruchlandung im Wohngebiet
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Howard Hughes crasht erneut

© Lucio Perinotto

Howard Hughes ist bis heute eine der schillerndsten Personen, die jemals in der Luftfahrt tätig waren. Sein einmaliger und exzentrischer Lebensstil machten ihn weltweit bekannt. Seine Eigenheit wurde ihm jedoch auch immer wieder zum Verhängnis – so auch am 7. Juli 1946 an Bord seiner XF-11.

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Die Hughes Aircraft Company (HAC) war bekannt für besondere Flugzeugdesigns. Das galt auch für den hauseigenen Entwurf mit der Bezeichnung D-2. Dieser einer Lightning optisch sehr ähnliche, jedoch viel größere Entwurf sollte verschiedene Rollen übernehmen – und das, obwohl niemand Bedarf für ein solches Muster angemeldet hatte, schon gar nicht für ein zweimotoriges Flugzeug, das aus Holz gebaut war. Die Verantwortlichen bei Hughes schwenkten noch mal um und überarbeiteten den Entwurf. Es entstand die D-5, eine vergrößerte D-2. Die Duramold-Konstruktion bestand aus harzgetränkten Holzschichten, die unter Druck und Hitze in Form gebracht wurden. Sie hatte eine Spannweite von 28 Metern, eine Länge von 17,70 Metern und wog 16 511 Kilogramm. Die D-5 wurde von zwei Pratt & Whitney R-2800-Triebwerken angetrieben und hatte eine prognostizierte Höchstgeschwindigkeit von 785 Stundenkilometern in 9145 Metern Höhe. 726 Stundenkilometer sollten sie in 10 975 Metern erreichen. Eine Bombenlast von 1815 Kilogramm konnte in einem internen Schacht untergebracht werden.

Von Holz zu Metall

Die amerikanische Regierung war allerdings immer noch nicht an dem Flugzeug interessiert und war zudem der Meinung, dass HAC gar nicht in der Lage sei, ein solches Flugzeug in großen Stückzahlen herzustellen. Erst mit dem Besuch des Präsidentensohns, Oberst Elliot Roosevelt, in Los Angeles änderte sich das. Er erkundigte sich bei verschiedenen Flugzeugherstellern nach einem Fotoaufklärungsflugzeug. Oberst Roosevelt, der zuvor eine Aufklärungseinheit befehligt hatte, wurde von Howard Hughes persönlich empfangen und zu einer Besichtigung der D-2 mitgenommen. Zu dieser Zeit wurde das Flugzeug gerade zur D-5 umgebaut und war nicht flugbereit, aber Oberst Roosevelt war ausreichend beeindruckt. General Henry "Hap" Arnold von der USAAF (United States Army Air Forces) wurde in Folge vom Weißen Haus unter Druck gesetzt, das Aufklärungsflugzeug D-5 in Produktion zu geben. Um die Bedenken der AAF gegen die Duramold-Konstruktion der D-5 zu zerstreuen, wurden die Tragflächen und Leitwerksausleger aus Metall und nur der Rumpf aus Duramold gefertigt.

Der Plan für den Erstflug

Hughes beschloss, mit der inzwischen XF-11 genannten Maschine am 7. Juli 1946 zum Erstflug zu starten. Die AAF hatte festgelegt, dass der Erstflug 45 Minuten dauern sollte, das Fahrwerk nicht eingefahren werden durfte, man in der Nähe des Flughafens und fern von bewohnten Gebieten bleiben sollte, die Kommunikation mit dem Verfolgungsflugzeug hergestellt werden und der Flug dem zuvor besprochenen Plan folgen sollte. Doch es sollte anders kommen. Viele, die mit der Entwicklung des Flugzeugs zu tun hatten, wussten nichts von diesem Vorhaben. Wären die Absichten des Chefs und des Militärs besser bekannt gewesen, hätte vielleicht irgendwer auf ein Leck an der Propellerdichtung des rechten Motors hingewiesen. Hughes verlangte, 1200 Gallonen (4542 Liter) Treibstoff an Bord zu haben, doppelt so viel wie für den geplanten 45-minütigen Flug benötigt wurde. Die Douglas A-20 Havoc der HAC sollte als Verfolgungsflugzeug für den Flug dienen, aber Funkprobleme verhinderten die Kommunikation.

Folgenschwere Verkettung

Gegen 16:00 Uhr startete Hughes vom Airport in Culver City, Kalifornien, zum Jungfernflug. Kurz nach dem Start fuhr er entgegen der Absprache das Fahrwerk ein. Das rechte Kontrolllicht leuchtete weiter, was auf ein mögliches Problem hinwies. Hughes flog auf den Pazifischen Ozean hinaus und drehte dann wieder in Richtung Land. Das Fahrwerk wurde während des Fluges mehrmals ausgefahren, um das vermeintliche Problem mit der aufleuchtenden Anzeige zu beheben. Nach etwa einer Stunde und 15 Minuten war der Ölvorrat in der rechten Propellerverstellung durch das Leck entwichen und die hinteren Blätter des gegenläufigen Doppelpropellers gingen in eine flache oder negative Steigung über. Hätte sich Hughes an die von der AAF angeordnete 45-minütige Flugdauer gehalten, hätte er unbehelligt landen können. Doch jetzt verursachte der Propeller mit negativer Steigung einen enormen Luftwiderstand. Für das Begleitflugzeug sah es so aus, als würde Hughes ein Landemanöver in Culver City durchführen, das in einiger Entfernung lag. Die A-20 verließ die Formation, um allein zum Flugplatz zurückzukehren. Hätten die beiden Flugzeuge miteinander in Verbindung gestanden, hätte man die Situation besprechen können.

Der Absturz

Hughes, der nun allein war, glaubte, dass das rechte Hauptfahrwerk von selbst ausgefahren war und den Widerstand verursachte. Hätte er das Fahrwerk gemäß Vorgaben ausgefahren gelassen, hätte er gewusst, dass der Luftwiderstand auf ein anderes Problem zurückzuführen war. Der Versuch, die XF-11 gerade zu halten, führte zum Ausfahren der linken Flügelspoiler, wodurch sich das Flugzeug weiter verlangsamte. Im Tiefflug, langsam und über bewohntem Gebiet, versuchte Hughes, die Freifläche eines Golfplatzes in Beverly Hills zu erreichen. Bei der Landung stürzte die XF-11 in vier Häuser, brach auseinander und fing Feuer. Hughes gelang es, sich selbst aus dem Wrack zu befreien. Anwohnern und rasch eintreffende Sanitäter betreuten den Bruchpiloten, der schwere Verletzungen erlitten hatte, darunter Verbrennungen, mindestens elf gebrochene Rippen, eine durchstochene Lunge und ein verschobenes Herz. Bemerkenswerterweise erholte er sich fast vollständig, aber der Vorfall löste in ihm eine Sucht nach Kodein aus, die Hughes für den Rest seines Lebens Probleme bereiten sollte.

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