Die von ihm konstruierten Flugzeuge P-51, F-86 und F-100 sind weltbekannt, er blieb jedoch weitgehend im Hintergrund: Edgar Schmued, der Vater der Mustang. Er wurde in Deutschland geboren und wanderte 1930 in die USA aus.
Um Edgar Schmued ranken sich viele Legenden, so zum Beispiel: Er sei Deutscher und habe als junger Ingenieur bei Messerschmitt gearbeitet. Zu dieser Legendenbildung hat beigetragen, dass Schmued kein Mensch war, der die Öffentlichkeit suchte. Er war ein fleißiger, fast schon besessener Konstrukteur, der sein Privatleben fast immer hinter den Beruf stellte. Edgar Schmued wurde am 30. Dezember 1899 in Hornbach in der Westpfalz als viertes von sechs Kindern geboren. Sein Vater, Heinrich Schmued, war Österreicher und übertrug diese Staatsangehörigkeit an seine Kinder. Mit acht Jahren – die Familie Schmued war zuvor nach Landsberg an der Warthe gezogen – sah der an Physik und Mechanik interessierte Edgar zum ersten Mal in seinem Leben ein Flugzeug. Er schrieb über dieses Erlebnis: „Ich war gerade acht Jahre alt und dieser Anblick hinterließ einen solch nachhaltigen Eindruck bei mir, dass ich damals entschied: Das ist dein Leben!“ Sein Vater unterstützte ihn und kaufte ihm Bücher und Zeitschriften über die Luftfahrt, die Edgar Schmued geradezu verschlang.
Im März 1917 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger zum k.u.k Fliegerkorps und wurde als Mechaniker eingesetzt. Nach dem Krieg wollte er sein eigenes Flugzeug konstruieren – dabei hatte er keine technische Ausbildung genossen, sondern sich sein Wissen selbst angeeignet. Den Anzani-Motor, den er sich für sein Flugzeug gekauft hatte, beschlagnahmten die Besatzungstruppen.
1920 zog er nach Bergedorf bei Hamburg, wo er bei einem Zulieferer für die Autoindustrie arbeitete. 1925 folgte er einem Vorschlag seines älteren Bruders und wanderte nach Brasilien aus. Er wurde bei GM in Sao Paulo angestellt und fiel positiv auf, so dass ihm 1930 angeboten wurde, zu GM in die USA zu kommen. Dank seines österreichischen Passes, in dem er als Beruf „Flugzeugkonstrukteur“ angab, durfte er einwandern. GM schickte ihn nach Teterboro, wo die Firma über die Holding North American Aviation (NAA) einen Anteil an Fokker Aircraft erworben hatte.
1934 änderte sich die Rolle von NAA aufgrund des Air Mail Act, der Firmen verbot, gleichzeitig als Hersteller und Anbieter von Luftpostdiensten tätig zu sein. Über verschiedene kurze Stationen, unter anderem bei Bellanca, erhielt Schmued bei NAA in Kalifornien einen neuen Job. Am 21. Oktober 1935 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Anfang November fuhr er mit seiner Frau per Auto nach Kalifornien. Bei einem Unfall mit einem Lastwagen kurz vor dem Ziel starb seine Frau, Schmued wurde schwer verletzt und blieb bis Januar 1936 im Krankenhaus.
Kreativste Zeit bei North American
Bei North American erlebte Schmued seine kreativste Zeit und arbeitete an der T-6 sowie dem ersten Jagdflugzeug der Firma, der NA-50, für Peru. Seine große Stunde schlug jedoch, als eine britische Beschaffungskommission North American dazu überreden wollte, P-40 Kittyhawk in Lizenz zu bauen. NAA-Chef Dutch Kindelberger fragte den zum Chefkonstrukteur aufgestiegenen Schmued: „Ed, wollen wir hier P-40 bauen?“ Schmued antwortete: „Dutch, lass uns hier kein veraltetes Flugzeug bauen, sondern ein neues. Wir können ein besseres Flugzeug bauen!“ Und so passierte es. Die P-51 Mustang entstand in nur 117 Tagen. Nachdem die Briten das Flugzeug bestellt hatten, wurde auch die US Air Force auf das Muster aufmerksam und kaufte es am Ende auch. Die Beharrlichkeit Schmueds hatte den erfolgreichsten amerikanischen Jäger des Zweiten Weltkriegs hervorgebracht.
Bereits im September 1944 begann Schmued mit der Konstruktion eines Jetfighters. Zunächst war er mit einem ungepfeilten Flügel versehen. Nach der deutschen Kapitulation fielen den Alliierten die Ergebnisse der deutschen Windkanaltests in die Hände, so dass Schmued – der die Unterlagen im Original lesen konnte – daraufhin sein Design ebenfalls mit Pfeilflügeln ausstattete. Die F-86 Sabre war geboren.
Trotz der Erfolge fühlte sich Schmued zunehmend unwohler bei NAA, denn er war es gewohnt, allein zu arbeiten, und die Firma verordnete ihm Teamarbeit. 1952 verließ er das Unternehmen und arbeitete noch mehrere Jahre für Northrop und als selbstständiger Ingenieur und Berater, unter anderem für die Regierung Taiwans.
Schmued musste erst 81 Jahre alt werden, bevor er in einer Mustang flog. Bei einem Treffen von einem Dutzend Mustang-Besitzer beim Planes-of-Fame-Museum in Chino lud ihn der Besitzer einer zweisitzigen P-51B spontan zu einem Ausflug ein, und Schmued kam so zu seinem einzigen Flug in einer P-51 Mustang. Vier Jahre später, am 1. Juni 1985, starb er in seinem Haus in Kalifornien an einem Herzleiden.
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 02/2010
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