Für Passagierflüge war während des Zweiten Weltkriegs wenig Platz in der Luftfahrt, und es wurde meist auf Maschinen älteren Musters zurückgegriffen. Auch wenn während dieser Zeit Entwürfe gemacht wurden, wie beispielsweise die auf der Lancaster basierende Avro York, kam erst mit Ende des Kriegs eine Serienproduktion zustande. Bei Boeing verlief es ähnlich, und so konstruierte man zwischen 1941 und 42 ein Transportflugzeug, das Model 367 auf Basis der B-29 Superfortress. Die US Army Air Force orderte sogar drei Prototypen unter der Bezeichnung XC-97, doch Mitte 1944 war erst einer davon fertiggestellt. Die Verzögerung lag daran, dass Boeing mit der Produktion von B-17 und B-29 ausgelastet war. In der Konzernspitze war klar, dass die Konkurrenz von Lockheed und Douglas bereits an neuen Passagiermustern wie Constellation und DC-4 arbeitete, die bald zur Verfügung stünden, und man tätig werden musste. Man wollte es anders machen und durch Größe und Komfort überzeugen. Doch vorerst stand noch die militärische Nutzung im Vordergrund. Der größte Unterschied zwischen Superfortress und Model 367 bestand in der Rumpfkonstruktion. Der untere Teil der B-29 wurde zwar mit Fracht- beziehungsweise Gepäckräumen beibehalten, aber Model 367 erhielt eine viel größere obere Rumpfhälfte mit einem Durchmesser von 3,35 Metern, was zum „Double Bubble“-Konzept (Doppelhüllen-Ellipse) führte.
Die USAF ermöglicht den Bau der ersten 50 Maschinen
Die erste XC-97, die bereits die Typenbezeichnung Stratofreighter erhielt, flog erstmals am 9. November 1944 in Seattle. Dass die neue Boeing die gewünschte Geschwindigkeit und Einsatzfähigkeit schaffte, stellte der erste Prototyp (AAF Nr. 43-27470) bei einem sechs Stunden und vier Minuten dauernden Flug von Seattle nach Washington unter Beweis. Mit einer für damalige Zeiten hervorragenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 616 km/h flog die inzwischen mit Wright-R-3350-57A-Motoren ausgerüstete XC-97 die Strecke von der West- zur Ostküste.
Die Regierung war überzeugt, und es wurden weitere sechs Vorserienmaschinen mit der Bezeichnung YC-97 geordert. Diese hatten einen neuen Motor in Form des Pratt & Whitney R-4360 Wasp Major mit jeweils 2237 Kilowatt Leistung. Das Leitwerk wurde vergrößert, um beim Ausfall eines der Motoren einen sicheren Geradeausflug zu gewährleisten. 26 670 Liter Kerosin konnten im neuen Treibstoffsystem, bestehend aus 35 Nylonblasenzellen, mitgeführt werden, und der Frachtraum bot Platz für 18 600 Kilogramm Last.
Der Verwendungszweck beim Militär war vorerst auf Transportflüge beschränkt. In Seattle musste man sich keine Sorgen um den militärischen Erfolg machen, denn die US Air Force bestellte im Jahr 1948 in zwei Aufträgen 50 Flugzeuge. Damit begann die Serienfertigung der Stratofreighter. Die Idee einer zivilen Version hatte man nicht vergessen und präsentierte das Model 377, welches in vielen Details aus der 367 weiterentwickelt wurde. Doch die Komplexität, seine anfälligen Motoren und Propeller sowie die schiere Größe, die sogar den Top-Airlines Sorgen bereitete, ließen keine frühen Verkäufe zu. Auch die vagen Liefer- und Preisbedingungen schreckten Pan American World Airways (PAA) und andere Fluggesellschaften ab.
Erst der beherzte Einsatz von Boeing-Präsident Bill Allen machte es möglich, dass die nun als Stratocruiser bezeichnete 377 in die Produktion ging. Allen nutzte dafür die brachliegenden Werke, die bisher Bomber gebaut hatten, stellte Personal ein und baute auf
eigenes Risiko 50 Maschinen. Das machte sich bezahlt, und PAA bestellte im Juni 1946 20 Flugzeuge. Es folgten Aufträge von SAS, American Overseas Airlines, Northwest und BOAC. Den Erstflug absolvierte das Model 377 am 8. Juli 1947. Die Indienststellung beim Erstkunden PAA erfolgte im April 1949.
Trotz großem Luxus bleibt der kommerzielle Erfolg aus
Die Passagiere reagierten positiv auf das damals größte Passagierflugzeug und den gebotenen Luxus. PAA nutzte das untere Deck nur als Cocktaillounge mit zusätzlichen Sesseln sowie einer Bar und hatte auf dem Hauptdeck 28 Schlafkojen integriert. Final wurden 56 Stratocruiser bis 1950 gebaut und bis Mitte der 1950er Jahre eingesetzt. Nicht zuletzt aufgrund des enormen Transport- und Luftbetankungsbedarfs während des Koreakonflikts wurden zwischen 1947 und 1958 insgesamt 888 Boeing 367 (C-97) produziert. Davon verließen 219 KC-97E und F sowie 592 KC-97G als Stratotanker die Endmontagelinie.
Letzte fliegende C-97 Stratofreighter

Die letzte fliegende C-97 gehört zur Sammlung der Berlin Airlift Historical Foundation. Sie wurde mit Sondergenehmigung vom geschlossenen Floyd Bennett Field bei New York nun nach Redding überführt.
Die Viermot hatte seit 2002 in New York in einer heute nicht mehr existierenden Ausstellung gestanden. Dort wurde sie mit Hilfe der als Ersatzteilspender gekauften C-97G 53-3816, der letzgebauten C-97, wieder flügge gemacht, zu der auch sechs R-4360-59B-Ersatztriebwerke gehörten.
Neue Heimatbasis ist nun künftig Reading in Pennsylvania.
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 02/2018