Eine Airshow mit Sonnengarantie, dazu fliegende Phantom-Kampfjets, Souflaki vom Holzkohlegrill und ein Jettrainer-Exot im Static Display: Die Athens Flying Week auf dem griechischen Fliegerhorst Tanagra war mal was anderes – wenn auch mit kleinen Schattenseiten.
Von Griechenlands Hauptstadt Athen bis zum Fliegerhorst Tanagra sind es nicht mal 60 Kilometer, doch es fühlt sich an wie eine kleine Weltreise. Zumindest, wenn man kein Auto hat. Man könnte zwar auch ein Ticket für einen organisierten Busshuttle buchen, aber hey, so ein kleines bisschen Abenteuer peppt die ganze Sache doch nur auf. Da stehe ich nun also, nach knapp einstündiger Zugfahrt, die mich aus der Metropole Richtung Norden in die staubige Provinz geführt hat, am Bahnsteig des urig-alten Bahnhofs von Oinoi, und überlege, wie ich von dort aus weiter zu besagtem Fliegerhorst gelange. Tanagra ist seit 2017 Austragungsort der Athens Flying Week, Griechenlands größter Airshow. An diesem Wochenende, wir schreiben den 17. September, geht die insgesamt zehnte Auflage über die Bühne, und die Veranstalter haben im Vorfeld schon großspurig verkündet, das werde "die beste Airshow, die Sie je gesehen haben". Wie also komme ich vom Bahnhof jetzt da hin?
Die Athens Flying Week bietet Parkplätze direkt am Ort des Geschehens. Wohl dem, der ein Auto hat...
Anreise mit Hindernissen
Die Antwort ist leicht, denn es gibt nur zwei Möglichkeiten. Ein Taxi bestellen – oder zu Fuß gehen. Da ich Zeit habe, Bewegung gesund ist und ich geizig bin, entscheide ich mich für letzteres. Als ich nach einer guten halben Stunde Fußmarsch schließlich vor den Toren der Airbase einen Security-Checkpoint erreiche, blicke ich in staunende Gesichter. Ja, hier ist die Einlasskontrolle für die Airshow, sagt man mir. Aber hier werden nur Autos durchgeschleust, bis zum eigentlichen Veranstaltungsgelände sind es locker noch mal zwei Kilometer. Und der Eingang für Pressevertreter? Der ist sowieso am ganz anderen Ende. Viel zu weit zum Laufen.
Etwas ratlos versuche ich, während mir der Schweiß in Strömen von der Stirn rinnt, gemeinsam mit den Sicherheitsleuten eine Lösung auszuloten. Die ist letztendlich recht trivial: Das nächste Auto, das durch die Schleuse fährt, wird kurzerhand angehalten und ich klettere hinein in einen dunkelgrauen Opel Astra, in dem zwei Männer Mitte 40 und ein Junge im Teenager-Alter mich willkommen heißen. Woher ich komme, wollen sie wissen. Deutschland, sage ich. Ah, Ihr habt uns gerade beim Basketball geschlagen, lacht der eine. Aber Griechenland ist trotzdem das beste Land der Welt, frohlockt der andere. Wie er denn jetzt darauf kommt, möchte ich wissen. Die Antwort, augenzwinkernd: "Na, weil man hier bei der Flugshow direkt an der Flightline parken kann!" Okay. Das ist ein Argument. Ich gebe mich geschlagen.
Das Static Display war zwar nicht wirklich üppig, barg aber zum Beispiel diese exotische Maschine: eine T-2E Buckeye.
Überschaubares Static Display
Als ich dann, nach rund drei Stunden Reisezeit von meinem Athener Hotel bis an mein Ziel, endlich meinen Presseausweis um den Hals hängen habe, muss ich erst mal ein, zwei Liter Wasser trinken. Zum Glück sind die Zeiten des Flugprogramms ziemlich Langschläferfreundlich. Heute, am Samstag, geht es erst um kurz nach 14 Uhr los, dafür abends dann bis in den Sonnenuntergang hinein. Da es gerade erst Mittag ist, klappere ich vorher noch schnell das Static Display ab. Das ist allerdings ziemlich schnell erledigt, denn es besteht aus sage und schreibe 14 Flugzeugen und sieben Hubschraubern. Die meisten der Fluggeräte stellt die griechische Armee, aber es gibt auch ein paar ausländische Teilnehmer. Einen Tornado und einen Eurofighter aus Deutschland zum Beispiel. Eine PC-7 vom Bundesheer aus Österreich. Eine saudische F-15 Eagle. Aber: keine einzige Phantom! Dabei hatte ich mich auf das alte "Eisenschwein" doch besonders gefreut, schließlich ist Griechenland einer der weltweit letzten verbliebenen Phantom-Betreiber.
Versteckte Juwelen: Gegenüber des Veranstaltungsgeländes tummeln sich reihenweise ausgediente Kampfjet-Exoten der griechischen Luftwaffe.
Sehnsüchtig schweift mein Blick über die Runway auf die gegenüberliegende Seite des Stützpunkts. Dort flimmern in der Mittagshitze die Leitwerke einiger ausrangierter Fighter der griechischen Luftwaffe. Ich erspähe eine F-104, eine A-7 Corsair II, eine F-102 Delta Dagger, dazu Mirage F-1 und – genau – F-4 Phantom. Die Maschinen werden von den Angehörigen des Stützpunkts so gut es geht in Schuss gehalten. Wirklich schade, dass von den Organisatoren der Airshow niemand auf die Idee kam, zumindest zwei oder drei davon in die statische Ausstellung zu integrieren.
Dafür findet sich im östlichen Teil des Geländes, geduckt an einen alten Shelter, einer der letzten noch fliegenden Vertreter der North American T-2 Buckeye. Immerhin! Griechenland ist der letzte aktive Betreiber des unförmigen Jet-Trainers, nachdem die US Air Force ihre letzten Exemplare 2008 in den Ruhestand schickte. Auch die griechischen Maschinen sollen bald schon in Pension gehen. Die diesjährige Auflage der Athens Flying Week ist vielleicht die letzte Möglichkeit, eine aktive T-2 zu erspähen. Wobei – aktiv ist diese hier auch nicht wirklich. Steht ja nur rum...
Heeres- und Marineflieger demonstrierten ihre zahlreichen Hubschraubermuster in Aktion. Hier ein Sea Hawk der griechischen Marine.
Apache, Kiowa, Chinook – Phantom!
Von irgendwoher dringt der Geruch von gegrilltem Fleisch an meine Nase. Ich bekomme Hunger. Ein paar Minuten später lasse ich mich, "bewaffnet" mit holzkohlegegrillten Souflaki-Spießen samt Pommes in der einen und gekühlter Cola in der anderen Hand glückselig in die staubtrockene Wiese sinken. Hat schon was, so eine griechische Airshow.
Pünktlich um 14:15 Uhr startet das Flugprogramm. Über Fallschirmspringer zur Eröffnung, Segelkunstflug und das Display einer italienischen CAP-21 namens "Silver Chicken" arbeiten wir uns langsam voran. Dann treten die Marineflieger auf den Plan. Ihre einzige flugfähige P-3B Orion ist zwar leider auf Mission und unabkömmlich, dafür haben sie einen Sea Hawk-Helikopter nach Tanagra geschickt, der vor den Augen der Besucher erst eine Gruppe finster dreinblickender Soldaten absetzt und anschließend ordentlich herumwirbelt – fast so, als wolle er die letzten verbliebenen Insassen auch noch aus sich herausschütteln. Das griechische Heer macht mit Apache Longbow, Kiowa, Chinook und NH-90 die Runway zum Gefechtsfeld, übergibt dann an einen Super Puma der Luftwaffe für eine SAR-Demonstration – und das Wummern der Helikopter ist noch nicht verklungen, da donnern auch schon meine ganz persönlichen Stars übers Gelände: Zwei F-4E Phantom vom 339. Geschwader aus Andravida setzen sich in Pose, ziehen die Blicke mit einem simulierten Angriff auf den Flugplatz, mehreren gemeinsamen Überflügen und den unvermeidlichen Rauchschwaden ihrer J79-Triebwerke auf sich. Keine Phantom im Static, dazu zwei im Flying – das ist versöhnlich. Auch denn die Vorbeiflüge ziemlich hoch und ziemlich weit weg stattfinden und man die alten Haudegen sicher noch spektakulärer in Szene hätte setzen können. Aber man will ja nicht meckern...
"Kalispéra, Phantom!" Zwei F-4E schauten aus Andravida vorbei. Leider etwas weit weg vom Publikum.
Nachbrenner-Kribbeln und Kerosin
Stattdessen folgt im Flugprogramm der simulierte "Dogfight" einer Mirage 2000 und einer F-16. Wer gewinnt, ist unklar, klar ist nur, dass die Piloten beide nicht ans Leistungs-Limit ihrer Fighter gehen. Interessant anzusehen ist die Darbietung trotzdem allemal, zumal gerade auch die Silhouette der Mirage am Himmel ein inzwischen recht exotischer Anblick geworden ist. Später an diesem Tag zeigt das "Zeus"-Demoteam der griechischen Luftwaffe noch einmal im Solo-Display eindrucksvoll, wozu die F-16 in der Lage ist – bevor die Griechen den Stab an die internationalen Teilnehmer weiterreichen.
Die Bühne gehört nun zunächst den Kunstflugteams. Davon sind immerhin zwei angereist: die Royal Jordanian Falcons mit ihren vier Extra 300 aus – klar – Jordanien, und das Team Orlik, das als Sextett den gleichnamigen Trainer fliegt, aus Polen. Als Höhepunkte am Nachmittag geben sich dann die F/A-18 der Schweizer Luftwaffe, die F-15C Eagle aus Saudi-Arabien und die Rafale aus Frankreich die Ehre. Vor allem die Eagle der Saudis lässt das Herz so mancher Fans ein wenig höher schlagen. Sieht man in Europa schließlich auch nicht alle Tage. Zumal die am Samstag vorgeflogene F-15 sogar noch einen schwarz-grünen Sonderanstrich trägt.
Als die französische Rafale am Samstagabend zu ihrem Display abhob, dämmerte es schon.
Flugprogramm bis Sunset
So gehen die Stunden bis zum Sonnenuntergang kurzweilig dahin. Mit vorrückender Stunde wird auch das nervtötende Hitzeflimmern weniger, wodurch sich bessere Möglichkeiten zum Fotografieren ergeben. Als sich schon längst die Dunkelheit über das Gelände gelegt hat und die Besuchermassen mit ihren Autos in einer zähfließenden Blechlawine von dannen rollen, mache auch ich mich wieder auf die Socken. Zu Fuß laufe ich, jetzt im Dunkeln, aber nur, bis ich die erste Polizistin treffe. Von der lasse ich mir – mangels Saft im eigenen Smartphone-Akku – ein Taxi herbestellen, das mich wieder zum Bahnhof Oinoi bringt. Der sieht jetzt, im schummrigen Licht der Laternen, noch nostalgischer aus als heute Vormittag. Mein Zug fährt allerdings erst in einer Stunde, darum befeuchte ich die ausgedörrte Kehle gegenüber des Bahnhofs mit einem Feierabendbier in der Taverne. In Gedanken lasse ich die vergangenen Stunden noch einmal Revue passieren. War das heute die "beste Airshow", die ich je gesehen habe? Nein. Sicher nicht. Trotzdem: Lustiger Tag heute. Und unterm Strich gelungen. Es muss ja nicht immer ein Superlativ sein. Ich freue mich jedenfalls auf morgen. Da komme ich wieder. Aber dieses Mal nehme ich den Shuttlebus.
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