Die Jäger-Dinosaurier von Nordkorea
Heute vor 75 Jahren flog der erste Prototyp der Mikojan MiG-17. Mehr als 10.000 Exemplare verließen die Fabriken weltweit – und einige befinden sich wohl sogar heute noch im aktiven Dienst.
Die MiG-15 gilt als eines der erfolgreichsten und meistgebauten Jagdflugzeuge aller Zeiten. Dennoch wollten sich Artjom Mikojan und Michail Gurewitsch Ende der 40er Jahre nicht auf dem Erfolg ausruhen. Die nächste Verbesserung lag in der Tragfläche, die nun um 45 Grad (statt wie bisher um 35 Grad) gepfeilt war. Dies versprach bessere Leistungen bei einem überschaubaren Entwicklungsrisiko. Die so modifizierte MiG-15 erhielt zunächst die Bezeichnung SI (für Samoljot Ispitatjelnji, "Testflugzeug"; laut mancher Quellen steht das I jedoch für ismenjonnoje, "geändert"). Äußerlich war der später MiG-17 genannte Typ am ehesten erkennbar an dem zusätzlichen Paar Grenzschichtzäunen auf den Flügeln. Den hinteren Rumpf verlängerten die Konstrukteure um 90 Zentimeter.
Der erste Prototyp war schon im Sommer 1949 fertig, aber mehrere Änderungen sorgten immer wieder für Verzögerungen, so dass die Maschine erst im Dezember 1949 zum Flugerprobungszentrum nach Shukowski bei Moskau kam. Dort startete Iwan Iwaschenko schließlich am 14. Januar 1950 zum Erstflug. Schon früh zeigte sich, dass die Flugleistungen selbst in diesem Stadium die der MiG-15 übertrafen. Allerdings erlitt das Programm am 17. März einen herben Rückschlag, als Iwaschenko mit dem Jet tödlich verunglückte. Die Absturzursache blieb zunächst unklar.
Die erste MiG-17 trug noch die Bezeichnung SI.
Beinah-Absturz des zweiten Prototyps
Noch im selben Monat nahm das zweite Flugzeug (SI-2) die Erprobung auf. Bei einem Flug duplizierte Testpilot Georgij Sedow die Umstände von Iwaschenkos Absturz. Bei einer Geschwindigkeit von 1000 km/h traten plötzlich starke Vibrationen im Heckbereich auf. Dabei rissen große Teile der Höhenruder ab. Sedow konnte allerdings mit viel Glück und Geschick notlanden, und so den Konstrukteuren wertvolle Hinweise liefern.
In China flog die zweisitzige JJ-5 noch bis mindestens 2010.
Mehr als 10.000 Jets gebaut
Noch während der Testphase begannen die Vorbereitungen für die Serienfertigung. Ganze fünf verschiedene sowjetische Fabriken produzierten den Jäger, der von der NATO den Codenamen Fresco erhielt. Ab Mitte der 50er Jahre stellte er das wichtigste taktische Kampfflugzeug der UdSSR dar, mit bereits mehr als 2000 Exemplaren im Inventar. Weitere Verbesserungen und Varianten folgten, wie die MiG-17F, die als erstes sowjetisches Serienflugzeug einen Nachbrenner erhielt. Als Allwetter-Abfangjäger bekam die MiG-17P und -PF ein Radar im Lufteinlauf. Auch eine Version als Jagdbomber entstand. Mitte der 50er Jahre begann China mit der Lizenzproduktion als J-5. Auch Polen baute die MiG-17 als Lim-5 und Lim-6. In der CSSR fertigte Aero Vodochody den Jet. Insgesamt entstanden mehr als 10.000 Stück.
Auch die MiG-19 beziehungsweise chinesische Kopien gibt es noch in Nordkorea. Mit dieser Maschine flüchtete ein Pilot im Jahr 1996 in den Süden.
In Nordkorea noch aktiv
Mehr als 40 Nationen betrieben die Fresco. Noch im Jahr 1978 waren weltweit rund 4000 Einheiten im Einsatz. Im Vietnamkrieg machte die MiG-17 im Luftkampf auf kurze Distanzen den damals modernen US-Jägern wie der F-4 Phantom das Leben schwer. Die robuste Maschine erwies sich als erstaunlich langlebig. So war sie etwa in Bulgarien noch bis Mitte der 90er Jahre aktiv. Den Vogel schießt aber Nordkorea ab. Selbst heute, ein Dreiviertel-Jahrhundert nach dem Erstflug, sollen sich noch rund 100 Exemplare der MiG-17-Familie im Inventar befinden. Ob sie allerdings wirklich noch fliegen, ist offen. Aber noch vor wenigen Jahren posierte Staatsführer Kim Jong-un mit zwei Pilotinnen, die ihre Ausbildung auf den betagten MiGs abgeschlossen hatten.
Im Dienst seit den 50er Jahren
Nordkorea bekam seine ersten MiG-17 wohl schon im Jahr 1956. Einschließlich chinesischer J-5 sollen zunächst 150 geliefert worden sein. Später folgten weitere Maschinen. Anfang der 90er Jahre galten noch mehr als 150 Jets verschiedener Versionen als aktiv. Angeblich will das nordkoreanische Militär die verbliebenen Veteranen zu Kamikaze-Drohnen umrüsten, um im Kriegsfall strategische Ziele in Südkorea anzugreifen. So berichtete zumindest die Korea Times im Jahr 2023. Gesicherte Informationen gibt es aber auch hier nicht.
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