Besuch bei der Feuerwehr am Flughafen Stuttgart

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Besuch bei der Stuttgarter Flughafen-Feuerwehr

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Im Idealfall bekommt man von ihr nichts mit, im Ernstfall rettet sie Leben: die Flughafenfeuerwehr. Ohne sie darf kein Flugzeug starten oder landen. Ein Vor-Ort-Besuch am Stuttgarter Airport.

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Drei Minuten: Innerhalb dieser Zeit muss die Flughafenfeuerwehr an jedem Punkt des Vorfelds, der Piste und der Rollwege sein und, falls nötig, mit den Lösch- und Rettungsarbeiten beginnen. So lauten die Vorgaben für internationale Verkehrsflughäfen. Das schlimmste Szenario, was die Feuerwehrleute erwarten kann: ein Flugzeug, das auf der Landebahn aufschlägt und in einem Feuerball aufgeht. "Das kommt sehr selten vor", sagt Andreas Rudlof, Leiter der Stuttgarter Flughafenfeuerwehr. In Stuttgart zum Glück noch nie.

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Nach spätestens 180 Sekunden muss die Flughafenfeuerwehr an jedem Punkt der Flugbetriebsflächen sein.

Mit heißgelaufenen Bremsen, von der Landebahn abgekommenen Flugzeugen oder eingeknickten Bugfahrwerken hat seine Mannschaft aber immer wieder zu tun. Der wohl spektakulärste Einsatz in Stuttgart liegt mehr als zehn Jahre zurück. Am 14. September 2009 musste eine Fokker 100 der Contact Air notlanden, weil sich ihr Hauptfahrwerk nicht ausfahren ließ. Mit an Bord: der damalige SPD-Chef Franz Müntefering. Nachdem Großalarm ausgelöst worden war, sperrte der Flughafen die Piste. Das Flugzeug konnte auf einem von der Feuerwehr ausgelegten Schaumteppich sicher aufsetzen.

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Panther 6x6 vor der Feuerwache.

Rund 15 Einsätze pro Tag

Die Feuerwehrleute sind aber auch für den Gebäudebrandschutz zuständig, befreien Menschen aus feststeckenden Fahrstühlen, beseitigen Ölspuren, unterstützen den Winterdienst am Flughafen oder helfen bei Verkehrsunfällen auf der nahe gelegenen Autobahn A8. Rund 5500 Einsätze verzeichnet die Stuttgarter Flughafenfeuerwehr jährlich, davon bis zu 1500 im Bereich des Rettungsdienstes, der auch zu ihren Aufgaben gehört. "Das Thema Brand ist, Gott sei Dank, zweitranging", so Rudlof.

92 hauptamtliche Feuerwehrleute arbeiten am Stuttgarter Airport, mindestens 19 davon sind rund um die Uhr im Dienst. Doch "Manpower" allein reicht nicht, um die geforderte Reaktionszeit einzuhalten. Wichtig ist auch eine gut gewartete Flotte mit Spezialfahrzeugen, die an die Größe der startenden und landenden Flugzeuge sowie die Zahl der Flugbewegungen angepasst sind. Der Airport der baden-württembergischen Landeshauptstadt ist in die höchste Brandschutzkategorie der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), die Kategorie 10, eingestuft. Großraumflugzeuge wie der Airbus A380 und die Boeing 747 dürfen dort landen. Das heißt, dass die Flughafenfeuerwehr auch mit einem potenziellen Unglück mit solchen Riesenvögeln umgehen können muss.

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Vier neue Panther-Löschfahrzeuge sind in Stuttgart seit 2019 im Einsatz.

Löschfahrzeuge mit Power

Seit dem vergangenen Herbst haben die Stuttgarter ihre bisherigen vierachsigen Ziegler Z8 durch vier neue Löschfahrzeuge vom Typ Panther 6x6 des österreichischen Herstellers Rosenbauer ersetzt. Rund vier Millionen Euro hat der Airport dafür investiert.

Der dreiachsige Panther ist ein wahres Kraftpaket: 750 PS, Höchst- geschwindigkeit 120 km/h (und das bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 39 Tonnen), eine Pumpenleistung von 305 PS. Er ist ausgerüstet mit einem 16,6 Meter langen Gelenk-Teleskoplöscharm, an dessen Spitze ein schwenkbarer Schaum-/Wasserwerfer montiert ist. Dieser wird durch einen Joystick im Cockpit bedient. Mithilfe des Gelenk- Teleskoparms kann das Löschmittel rund 75 Meter weit ausgestoßen und für den jeweiligen Brandfall optimal abgegeben werden, beispielsweise von oben auf ein Flugzeug oder mit ausreichend Sicherheitsabstand auf Triebwerke und Fahrwerk. In den Wassertank des Panthers passen 12 000 Liter, zudem hat er 750 Liter Schaum an Bord. Wenn feste organische Stoffe wie beispielsweise Holz und Papier, aber auch Kunststoff und Textilien brennen, kommt meist Wasser zum Einsatz. Kerosin wird in der Regel mit Schaum gelöscht. Zwei Fahrzeuge führen zusätzlich 250 Kilogramm BC-Löschpulver mit (für das Löschen brennender Flüssigkeiten und Gase), die anderen beiden 120 Kilogramm Kohlenstoffdioxid (für elektrische und elektronische Anlagen).

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Im Cockpit des Panthers herrscht gute Rundumsicht. Der Gelenk-Teleskoplöscharm wird per Joystick gesteuert.

Redundanzfahrzeug immer mit dabei

Die Möglichkeit, die Panther während eines Einsatzes wieder mit Löschmittel aufzutanken, gibt es nicht. Fünf bis acht Minuten würde das dauern, im Ernstfall viel zu lang. Stattdessen ist immer ein Redundanzfahrzeug mit dabei. Rudlof sagt: "Flughafenlöschfahrzeuge sind im Wesentlichen große, stark motorisierte Wasserfässer." Allerdings recht gut ausgestattete Wasserfässer. Die Stuttgarter Panther beispielsweise verfügen über eine Wärmebildkamera, mit der sich Menschen und Brandherde aufspüren lassen. Zudem ist ihre Kabine crashtestgeprüft, und die Fahrzeuge verfügen über ein elektronisches Stabilitätssystem, das bei schneller Kurvenfahrt unterstützt. Bei ihren Panthern verzichtet haben die Stuttgarter auf einen Löschdorn, der sich durch die Flugzeughaut bohren und Wassernebel direkt in die Kabine oder den Frachtraum abgeben kann. Der sei bei der letzten Fahrzeuggeneration nicht benötigt worden.

© Ulrike Ebner

Die vier Panther sind immer einsatzbereit. Ihre Motoren werden dafür vorgeheizt.

Fuhrpark

Die vier Panther-Löschfahrzeuge werden im Einsatz ergänzt durch ein Rettungstreppenfahrzeug, einen Rettungswagen, ein Wechselladerfahrzeug mit einem Abrollbehälter für einen sogenannten Massenanfall von Verletzten sowie ein Hilfeleistungslöschfahrzeug, das für Rettungs- und Löschmaßnahmen in der Kabine ausgerüstet ist.

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Im Panther-Simulator spielt die Flughafenfeuerwehr verschiedene Szenarien durch.

Schulung im Simulator

Obwohl oder gerade weil der Ernstfall relativ selten eintritt, ist Vorbereitung auf denselben das oberste Gebot. "Jeder Mitarbeiter kommt jährlich auf bis zu 120 Stunden Aus- und Weiterbildung", so Rudlof. Dazu gehört auch die Schulung im Panther-Ausbildungs- und Taktiksimulator. Er befindet sich in einem unscheinbaren Wechsellader-Container in der Feuerwache und umfasst ein originalgetreues Cockpit mit Bedieneinheiten sowie fünf LCD-Bildschirmen. Hier lässt sich trainieren, was unter realistischen Bedingungen zum Glück nicht so einfach möglich ist: Feuer in der Kabine oder im Frachtraum sowie Triebwerks- und Fahrwerksbrände, aber auch Flugzeugkollisionen auf dem Vorfeld. Bis zu sechs verschiedene Brand- und 18 verschiedene Einsatzszenarien sind laut Rudlof möglich. Der Stuttgarter Flughafen ist dabei 1:1 nachgebildet, damit die Feuerwehrleute auch ihre Ortskunde verbessern können. Zudem hilft der Simulator dabei, Wasser zu sparen und den Materialverschleiß an den Fahrzeugen zu verringern.

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An der flughafeneigenen Tupolew Tu-154 werden Bergungseinsätze geübt.

Weiter Echte Übungen

Auch wenn bis zu zwei Drittel der Ausbildung mittlerweile im Simulator stattfinden: Eine echte Übungsfahrt, bei der man ein Gefühl für Geschwindigkeit und Fahrverhalten des Panthers bekommt, lässt sich nicht ersetzen. Deshalb finden auch weiterhin Bergungs- und Löschübungen an echten Flugzeugen oder mobilen Brandsimulationsanlagen statt. Denn im Ernstfall muss es schnell gehen und jeder Handgriff sitzen.

Fahrzeugflotte der Flughafenfeuerwehr Stuttgart

4 x Flughafenlöschfahrzeug Panther 6x6
1 x Rettungstreppenfahrzeug
3 x Wechselladerfahrzeug
2 x Hilfeleistungslöschfahrzeug
1 x Kranwagen
1 x Drehleiter DLA (K) 42
1 x Kleineinsatz-/Parkhauslöschfahrzeug
4 x Kommandowagen
2 x Einsatzleitwagen
1 x Einsatzleitwagen/ Mannschaftstransportbus
2 x Mannschaftstransportwagen
2 x Mehrzweckfahrzeug
2 x Rettungswagen

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