Jahrelang tüftelten Flugzeugbauer aus China und Russland gemeinsam an einem neuen Langstreckenjet als Pendant zu Airbus A350 und Boeing 787. Viel mit Substanz erreichten sie nicht, 2023 stieg Russland aus. Jetzt versucht es China allein – und macht wohl Fortschritte.
Mit der CRAIC CR929 wollten China und Russland der westlichen Konkurrenz auch im Widebody-Sektor etwas entgegensetzen. Außer Ansätzen, ersten Entwürfen, ein paar Modellen, Terminverschiebungen und umso mehr Meinungsverschiedenheiten brachten die mit dem Projekt betrauten Hersteller Comac aus China und UAC aus Russland aber nicht wirklich viel zustande.
Zuletzt legte sich der Schatten des Ukrainekrieges über die CR929 – ein Schatten, der sich für das Joint-Venture letztendlich als Leichentuch erwies. Denn das vom Westen nunmehr völlig sanktionierte Russland war plötzlich das Schmuddelkind – und dessen Vorschlag, noch einmal von vorn anzufangen und bei der CR929 auf westliche Bauteile zu verzichten, kam in China nicht wirklich gut an.
China streicht das "R"
Stattdessen verließ Russland 2023 still und heimlich das gemeinsame Projekt, blieb offiziell aber zumindest als möglicher Zulieferer im Boot. Die Chinesen vermarkten den geplanten Großraum-Zweistrahler nunmehr als Comac C929, das "R" der Russen ist aus dem Namen verschwunden. Die Probleme aber bleiben, denn noch immer existieren von der C929 allenfalls nett anzuschauende Modelle und computergenerierte Bilder. Etwas Handfestes, das zumindest konkrete Assoziationen an ein Flugzeug weckt, hat Comac seither jedenfalls nicht aus dem Hut gezaubert. Die C929 steckt immer noch in der Designfindung. Zumindest ein erster Rumpf soll 2027 fertig sein, verspricht der zuständige Lieferant. Auch andere Arbeiten am ersten C929-Prototyp sind offenbar im Gange – und da die Chinesen erfahrungsgemäß ihre Flugzeuge etwas schneller endmontieren als die Russen, wäre ein Jungfernflug vor 2030 durchaus denkbar.
Die Comac C929 soll laut neuesten Angaben rund 280 Passagiere in drei Klassen befördern und 12.000 Kilometer weit fliegen.
Wie kommt die C929 voran?
Natürlich ist das weit hinter dem ursprünglich von China und Russland für die CR929 avisierten Zeitplan, der einen Erstflug im Jahr 2021 vorgesehen hatte. Angesichts der zurückliegenden Turbulenzen um den neuen Jet, und angesichts der Tatsache, das China bislang noch keinen einzigen Großraum-Airliner gebaut hat, wäre der Zeitraum 2027 bis 2030 trotzdem respektabel.
Immerhin erhält Hersteller Comac jetzt Rückenwind für das Projekt aus Airline-Kreisen. Die staatliche Air China hat auf der Messe Airshow China in Zhuhai, die am 12. November ihre Tore öffnete, eine Kaufabsichtserklärung für eine ungenannte Zahl C929 unterzeichnet. Damit avanciert das Star Alliance-Mitglied zum (voraussichtlich) ersten Abnehmer der designierten A350-Konkurrentin. Über weitere Details zu dem Kontrakt, Kosten und Lieferdatum etwa, haben Comac und Air China jedoch Stillschweigen vereinbart.
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.