Die Avic AG600 ist zurück in der Luft: Das größte Amphibium unserer Zeit hat nach Corona-bedingter Unterbrechung die Flugerprobung wieder aufgenommen. Noch in diesem Jahr will Avic mit der AG600 erstmals auf Hoher See landen. Dafür schrubbt das Team nun Überstunden.
Mehr als einen Monat standen in Jingmen alle Räder still: Der Hauptsitz des chinesischen Flugzeugherstellers Avic liegt in der Provinz Hubei – und damit genau in jener Region, in der die weltweite Corona-Pandemie Anfang des Jahres ihren Ausgang nahm. Deshalb musste Avic auch die Arbeiten an seinem Großflugboot AG600 vorübergehend einstellen. Eine Zeitlang war der einzige Prototyp des "Kunlong" genannten Amphibiums in der Werkshalle komplett sich selbst überlassen. Mitte März schickte Avic dann ein Ingenieursteam als Vorhut aufs Firmengelände – mit dem Auftrag, die AG600 für eine baldige Wiederaufnahme der Flugtests in Schuss zu halten.
Erprobung läuft wieder
Diese Flugtests hat das Flugboot inzwischen tatsächlich aufgenommen: Schon seit dem 7. April befindet sich die AG600 nach Angaben chinesischer Medien wieder in der Luft. Erstmals sei das Turboprop-Flugzeug dabei für längere Zeit über seinem späteren Einsatzraum unterwegs gewesen: dem offenen Meer. Dabei habe sich die Flight Crew ausgiebig mit den Gegebenheiten und Einsatzbedingungen im Südchinesischen Meer vertraut gemacht, heißt es aus China. Für das ehrgeizige Programm bedeutet dies einen weiteren Meilenstein: Bislang war die AG600 bei Testflügen vor allem im Landesinneren und über Binnenseen unterwegs gewesen.
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Zeitplan soll eingehalten werden
Starts und Landungen auf dem Meer hat das Großflugboot indes noch nicht hinter sich. Dass sich dies bald ändert, darauf will Avic nun mit verstärkter Vehemenz hinarbeiten. Schließlich gilt es, die durch die Corona-Pause verlorene Zeit bestmöglich wieder aufzuholen. Entsprechende Tests im Südchinesischen Meer sollen deshalb wie geplant noch in diesem Jahr stattfinden. Er sehe "kein Problem", dieses Ziel zu erreichen, sagte Lu Yang, stellvertretender Leiter des AG600-Projekts am Standort Jingmen, gegenüber dem staatlichen Fernsehsender CCTV. Das Flugzeug befinde sich in gutem Zustand. Inzwischen seien alle Projektbeteiligten wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt, das ganze Team schrubbe nun Überstunden. "Wir machen die verlorene Zeit wieder gut", so Yang weiter.
Mit einer Länge von 36,9 Metern und 38,8 Metern Spannweite spielt die AG600 größentechnisch in der Liga von Airbus A320 und Boeing 737.
Im Einsatz ab 2022?
Sollte Yang Recht behalten und das Programm trotz Zwangspause im Zeitplan bleiben, rechnet Avic für 2022 mit den ersten Auslieferungen des Großflugboots an Kunden. Diese sieht man bei Avic sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich: Die Avic AG600 ist für die Waldbrandbekämpfung sowie für Such- und Rettungseinsätze konzipiert und kann in diesen Rollen zwölf Tonnen Löschwasser, bzw. 50 Schiffbrüchige aufnehmen. Außerdem soll die "Kunlong" für die militärische Seeraumüberwachung zum Einsatz kommen. Dank einer Reichweite von 4500 Kilometern könnte sich ihr Aktionsradius beispielsweise über einen Großteil des Südchinesischen Meeres erstrecken.
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