Russlands Weg zum Überschall-Airliner führt über die MiG-29

Kampfjet steht Pate
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Russlands Weg zum Überschall-Airliner führt über die MiG-29

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Ungeachtet aktueller Sorgen hält Russland an seinem Vorhaben fest, ein eigenes neues Überschall-Verkehrsflugzeug zu entwickeln. In Schukowski laufen die Forschungsarbeiten, in Sibirien soll ab 2023 ein erster Demonstrator entstehen – auf MiG-29-Basis.

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Russlands Regierung möchte ein neues ziviles Überschallflugzeug haben. Diesen Plan gibt es seit Jahren, Anfang 2022 bekräftigte Regierungschef Michail Mischustin abermals, dass die Pläne nach wie vor Bestand haben. Geforscht wird ebenfalls seit geraumer Zeit – nur wirklich substanzielles ist bislang noch nicht herausgekommen. Zumindest nichts, was über Windkanaltests und Designvorschläge hinausgeht. Geht es nach Wladimir Barsuk, dem Direktor des Sibirischen Forschungsinstituts für Luftfahrt (SibNIA), kommt im nächsten Jahr allerdings Bewegung in die Sache. Denn nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass plant das SibNIA, 2023 die Entwicklung eines fliegenden Demonstrators für ein künftiges Überschall-Verkehrsflugzeug voranzutreiben.

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Verwegener Plan: Das SiBNIA will als Basis für einen zivilen Überschall-Demonstrator auf eine MiG-29 zurückgreifen.

Sowjet-Fighter als Wegbereiter?

Grundlage dieses Demonstrators soll jedoch kein Entwurf vom Reißbrett sein – sondern ein Kampfjet aus Sowjetzeiten: Wie Barsuk laut Tass gegenüber Reportern erläuterte, ist die Mikojan-Gurewitsch MiG-29 für die Forschungsarbeiten als Basis vorgesehen. Das Flugzeug werde vom SibNIA "einen modifizierten Rumpf und neue Tragflächen" erhalten. Auf der Grundlage gesammelter Forschungsergebnisse soll damit der Überschallknall beim Durchbrechen der Schallmauer deutlich leiser ausfallen als bei bisherigen Mustern. Ein ähnliches Vorhaben verfolgen in den USA Lockheed Martin und die NASA mit ihrem Testflugzeug X-59, das 2023 zum Jungfernflug starten soll. In Russland beschäftigt sich das Zentrale Aerohydrodynamische Institut (ZAGI) in Schukowsi bei Moskau seit geraumer Zeit mit derlei Fragestellungen. SibNIA-Direktor Barsuk unterstrich, die moderne Forschung habe es ermöglicht, "das Flugzeug so zu konstruieren, dass der Überschallknall deutlich reduziert wird." Sein Institut soll das unter Beweis stellen: "SibNIA wird die Flugtests durchführen", so Barsuk weiter. Die Arbeit des Instituts an diesem Projekt werde zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.

© ZAGI

Wie könnte ein "leiser" Überschalljet der Zukunft aussehen? Das ZAGI präsentierte 2019 diese Studie.

Partnerschaft mit China

Für das Riesenreich Russland, das sich von Osteuropa bis zum Pazifik über elf Zeitzonen erstreckt und rund ein Neuntel der gesamten Landmasse der Erde umfasst, wäre ein "leiser" Überschalljet mit Langstrecken-Reichweite ein durchaus vielversprechendes Projekt. Fraglich bleibt, wie sich ein solches Unterfangen finanzieren ließe. Das SibNIA kann zwar sicher einen Testträger bauen und abheben lassen – das Institut ist bekannt für ausgefallene Forschungsarbeiten. Für den weiteren Weg zu einem veritablen Passagierjet aber ist Russland wohl definitiv auf zahlungskräftige Partner angewiesen. Ob eine vor diesem Hintergrund geschlossene Kooperation mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Anfang 2021 bekannt gegeben wurde, noch Bestand hat, ist unklar. Jüngste Verlautbarungen von russischer Seite deuten eher darauf hin, dass man den Fokus Richtung China setzt. So teilte das ZAGI erst vor wenigen Wochen mit, man arbeite künftig mit dem Chinese Aerodynamic Research Center (CARDC) zusammen, um gemeinsam einen neuen Flügel für den Überschalljet zu entwickeln.

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