Endlich BERöffnet: 7 Fakten zu Berlins neuem Flughafen

Endlich BERöffnet!
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7 Fakten zu Berlins neuem Flughafen

© Flughafen Berlin-Brandenburg (Wicker) 14 Bilder

Gut Ding will Weile haben, sagt man. Wenn das stimmt, muss der BER sensationell sein. Aber wie lange dauerte der Bau des neuen Airports eigentlich? Was hat er gekostet? Und was hat es mit der "Kotzkurve" auf sich? Sieben Fakten zu Deutschlands berüchtigstem Bauprojekt.

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Mancher hatte unterwegs schon den Glauben verloren, anderen diente der BER, Berlins neuer Großflughafen, nur noch als Zielscheibe für Spott und Häme. Ausgerechnet im Corona-Jahr 2020, in dem ein Virus die Luftfahrt in die größte Krise aller Zeiten stürzte, öffnet der BER nun aber doch seine Pforten – acht Jahre nach der spektakulär gescheiterten Eröffnung im Juni 2012.

1. Die unendliche Geschichte: So lange baute Berlin am BER

Erste Planungen für den neuen Airport starteten schon Anfang der 90er, doch es dauerte bis zum 5. September 2006, bis Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit mit seinem Brandenburger Amtskollegen Platzeck symbolisch den ersten Spaten in den Boden rammen durfte. Damit war der Bau des Flughafens offiziell gestartet. Eröffnet werden sollte er fünf Jahre später, am 30. Oktober 2011. Es dauerte bekanntlich sehr viel länger – neun Jahre länger um genau zu sein. Verstecken braucht sich der BER damit eigentlich nicht: Von der Grundsteinlegung des Kölner Doms bis zu seiner Fertigstellung 1880 vergingen sogar schlappe 632 Jahre. Allerdings machte man in Köln zwischendurch auch 300 Jahre Pause. Und eröffnet wurde der Dom schon 1322.

Spatenstich für den BER am 5. September 2006. Damals ging man offiziell von rund 2 Milliarden Euro Naukosten aus. Nun sind es über sieben Milliarden geworden.

2. Das kostete der BER bisher – und so viel wird er künftig noch kosten

Ohne zu viel zu verraten: Berlins neuer Airport ist kostentechnisch ein Fass ohne Boden. Ging man 2004 noch von Gesamtkosten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro aus, prognostizierte man 2009 bereits 2,5 Milliarden Euro. Stand heute hat der BER nach Recherchen des Tagesspiegel 7,1 Milliarden Euro gekostet – allerdings inklusive Terminal 2, das erst vo drei jahren geplant wurde. Ein avisierter Ausbau bis 2030 schlägt nochmal mit mindestens 2,3 Milliarden Euro zu Buche. Zugleich ist die finanzielle Lage, nicht erst durch Corona, desolat: Bereits im April erklärten Experten den BER zum "akuten Sanierungsfall". Bis 2023 hätte der Airport demnach schon ohne die Krise mindestens 1,5 Milliarden an Zuschüssen gebraucht. Wie viel durch die Corona-Pandemie noch oben drauf kommt, bleibt abzuwarten.

3. Tschüss TXL – Hallo BER: Die ersten und die letzten Flüge

Die Eröffnung des BER erfolgt genaugenommen nicht auf einen Schlag, sondern in mehreren Etappen. Offizieller Startschuss war die Landung zweier Flugzeuge von Lufthansa und Easyjet am 31. Oktober um 14 Uhr. Die Lufthansa-Maschine kam als LH2020 aus München. Bei dem verwendeten Flugzeug handelte es sich um die brandneue A320neo "Neubrandenburg" mit dem Kennzeichen D-AINZ, zur Feier des Tages erhielt der Jet eine "Hauptstadtflieger"-Sonderfolierung. Die angedachte Parallel-Landung der beiden Jets auf Nord- und Südbahn fiel jedoch dem schlechten Wetter zum Opfer. Angesichts der von Pannen geprägten BER-Geschichte ist dieser Umstand erstens wenig überraschend, zweitens aber zu verschmerzen.

Damit brauchte auch keine der beiden Maschinen eine Sondergenehmigung, um auf der neu gebaute Südbahn zu landen. Für den Regelbetrieb wird die vier Kilometer lange Runway (07R/25L) nämlich erst am 4. November freigegeben. Solange nutzt an- und abfliegender Verkehr am BER ausschließlich die Nordbahn.

Endgültig abgeschlossen ist die Eröffnung dann am 8. November, wenn die letzten Airlines von Tegel an den BER ziehen und TXL zumacht. Den Schlusspunkt dort wird Air France setzen – dieselbe Airline, die Tegel vor 60 Jahren eröffnete.

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4. Diese Airlines werden am BER die Platzhirsche sein

Lufthansa Group-Chef Carsten Spohr sieht den BER als das Revier seiner Airlinegruppe. Sowohl die Lufthansa selbst als auch Eurowings, Swiss, Austrian und Brussels sollen den neuen Flughafen ansteuern, ab Frühjahr 2021 auch Air Dolomiti. Die Gruppe sei damit "Marktführer" sowie "Home Carrier des neuen Flughafens Willy Brandt", so Spohr gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Gleichwohl stationiert Lufthansa am BER vorerst keine Flugzeuge und bietet auch keine Langstreckenverbindungen an. Die soll es lediglich durch den Anschluss an die bekannten Drehkreuze geben.

Allerdings bietet die Lufthansa-Gruppe zum BER-Start tatsächlich etwa doppelt so viele Flüge an wie die Nummer zwei, der Low Cost Carrier Easyjet. Die Briten hatten vor der Krise 32 Flugzeuge in Berlin stationiert, verteilt auf Schönefeld und Tegel. Künftig werden es nur noch 18 sein, die zu Beginn 23 internationale Strecken bedienen. Im kommenden Jahr möchte Easyjet dann auf 70 Ziele aufstocken. "Sollte die Nachfrage steigen, werden wir unser Flugangebot entsprechend ausweiten", so die Airline weiter.

5. Was hat es mit der "Kotzkurve" auf sich?

Offiziell heißt sie "Hoffmankurve" – nach ihrem Erfinder, dem Brandenburger Privatpiloten Marcel Hoffmann. Im Volksmund nennt man sie längst "Kotzkurve". Beide Namen beziehen sich auf ein spezielles Abflugmanöver, das Piloten bei Ostwind-Starts von der BER-Südbahn vollführen sollen: In 180 Metern Höhe geht es direkt und mit Triebwerken in Startleistung in eine 145-Grad-Rechtskurve, um Bewohner umliegender Dörfer vor Fluglärm zu schützen. Das sieht nicht nur aus dem rechten Seitenfenster ziemlich spektakulär aus, es dürfte manchem Fluggast, der das Fliegen eher als notwendiges Übel ansieht, tatsächlich ein flaues Gefühl im Magen bescheren.

Bauchschmerzen bereitet das Manöver aber auch der Pilotenvereinigung Cockpit. Die sieht laut Tagesspiegel in der Abflugroute, die manuell geflogen wird und offiziell das klangvolle Kürzel LULUL 1B trägt, ein unnötig erhöhtes Sicherheitsrisiko, "weil sich Piloten in der kritischen Startphase lieber allein auf einen Geradeaus-Steigflug konzentrierten". Bei einem Notfall, etwa ausgelöst durch Vogelschlag oder Triebwerksprobleme, könne das zum Problem werden. Das sehen nicht alle Piloten so eng, wie im unten verlinkten Video ersichtlich. Deshalb wird die Hoffmannkurve trotzdem geflogen, mit dem Segen des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF).

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6. Warum nicht alle, die nach Süden fliegen, von der Südbahn starten

Mit der von Schönefeld übernommenen Nordbahn und der neu gebauten Südbahn besitzt BER, ähnlich wie der Flughafen München, zwei weit voneinander entfernt liegende, parallel verlaufende Runways. Die Distanz zwischen der Piste 07L/25R im Norden und der 07R/25L im Süden beträgt 1,9 Kilometer, dazwischen liegen die Terminals 1 und 2. Geplant war ursprünglich, dass sämtliche Flüge, die ein Ziel nördlich von Berlin ansteuern, auf der Nordbahn starten, während alle Maschinen mit Südkurs von der Südbahn abheben.

Da aber das nördlich der Nordbahn gelegene Schönefelder Abfertigungsgebäude als Terminal 5 vorerst weitergenutzt werden soll, hat dieser Plan nun ein Loch: Am T5 werden künftig ausschließlich Billigflieger abgefertigt – es liegt allerdings von der Südbahn dermaßen weit entfernt, dass die Rollwege bis dorthin für die geringen Bodenzeiten der Low Cost Carrier schlicht zu weit sind. Deshalb fliegen künftig auch Jets von der Nordbahn ab, die eigentlich in den Süden wollen. Das bedeutet, das sich sich an- und abfliegender Verkehr entgegen der ursprünglichen Pläne nun doch kreuzt – und deshalb und An- und Abflugverfahren mit entsprechender Höhenstaffelung bedingt.

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7. Warum die Corona-Krise dem BER auch nutzen kann

Im vergangenen Jahr verzeichneten die beiden Berliner Airports 35,65 Millionen Passagiere. Mit den Terminals T1, T2 und T5 liegt die rechnerische Kapazität des BER bei derzeit etwas mehr als 40 Millionen Passagieren. Da vor Hereinbrechen der Krise für 2020 ein weiteres Fluggastwachstum prognostiziert war, hätte der neue Berliner Flughafen schon kurze Zeit nach Eröffnung seine Kapazitätsgrenze erreicht.

Durch Corona sind auch in Berlin die Passagierzahlen stark eingebrochen. Die Berliner Flughäfen rechnen für 2020 mit einer Gesamtzahl von etwa zehn Millionen Fluggästen. Die Zahlen aus dem Vorjahr, so vermutet Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, werden frühestens in drei bis vier Jahren erreicht.

Was wirtschaftlich eine schwere Last darstellt, erweist sich auf anderem Gebiet als gar nicht so schlecht. So kann der BER die ersten Betriebsjahre weit unterhalb seiner Kapazitätsgrenze operieren, Kinderkrankheiten ausmerzen und weitere Ausbaustufen in aller Ruhe planen. Denn weitere Negativschlagzeilen, so viel steht fest, sollte sich der BER in Zukunft nicht mehr leisten. Ansonsten wird er seinen Ruf als Gespött der Nation trotz Eröffnung ganz schnell zurückerhalten.

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