Boeing hat am Mittwoch die erste 787 seit mehr als einem Jahr an eine Airline übergeben. Zuvor hatte die FAA grünes Licht für die Wiederaufnahme der Auslieferungen gegeben. Die US-Luftfahrtbehörde wird Boeing in nächster Zeit aber noch genau auf die Finger schauen.
American Airlines bricht den Bann der 787: Boeing hat am Mittwoch eine 787 an den US-Großabnehmer ausgeliefert, der bis Jahresende noch acht weitere Dreamliner erwartet. Damit endet eine mehr als einjährige Lieferunterbrechnung im wichtigsten Boeing-Langstreckenprogramm.
Die Misere nahm allerdings weit vorher ihren Lauf. Boeing hatte im August 2020 acht Dreamliner zurückgerufen – CFK-Hecksektion und CFK-Druckschott waren unsauber verbunden, Materialoberflächen außerhalb aus der Toleranz. Ein Zusammenspiel, das auf Dauer die Strukturfestigkeit der Flugzeuge gefährdet hätte.
Der Konzern setzte die Auslieferung zwischen September 2020 und März 2021 komplett aus. Nach einer kurzen Atempause folgte schon im Mai der nächste Lieferstopp.
Schon 2019 hatten interne Kundenbeschwerden – unter anderem von KLM – die Runde gemacht und am Boeing-Qualitätsversprechen gekratzt: 787 der Endmontage Charleston waren bei der Prüfung vor Ort durchs Raster gefallen – lockere Sitzreihen, eine zurückgelassene Montageleiter und scharfkantige Metallteilchen an Kabelsträngen fielen erst verdutzten Airlinetechnikern auf.
Lange Fehlerliste
Die FAA wurde hellhöring – und unterzog das Programm strengen Audits. 2021 stellte Boeing Montagefehler an Dekompressionspaneelen und im Bereich der Cockpitfenster fest.
Eine Untersuchung deckte zudem Schlampereien bei zentralen Lieferanten auf. Ende 2021 fiel der "Seattle Times" ein brisantes FAA-Memo in die Hände, das auf Kontaminationen an Faserverbund-Komponenten von Mitsubishi Heavy Industries hinwies. An verklebten CFK-Teilen soll die Verbindungsfestigkeit dadurch nicht uneingeschränkt gewährleistet gewesen sein.
Ein Zulieferer des italienischen Programmpartners Leonardo hatte zeitweise Titanteile gefertigt, die nicht den Spezifikationen der Konstrukteure entsprachen. Allein dieses Problem soll Boeing bei der 787 laut Luftfahrtkreisen um Monate zurückgeworfen haben.
Als Ursprung der 787-Probleme gilt ein rasanter Produktionshochlauf unter dem früheren Vorstandschef Dennis Muilenburg. Zeitweise liefen bei Boeing 14 Dreamliner pro Monat vom Band. Jetzt muss Boeing zunächst 120 787 loswerden, die sich in der Zeit des Lieferstopps an den Werken aufgestaut haben.
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