Russland behält Flugzeuge westlicher Leasingfirmen ein. Unmittelbar vor Fristablauf zur Rückgabe der Maschinen am Montag fliegen die meisten Flugzeuge weiter munter durch Russland. Doch nicht jede Airline spielt das Spiel mit – UTAir will anders handeln.
Der Entzug Hunderter geleaster Flugzeuge soll Russlands Wirtschaft wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine wehtun. Stichtag für die Abwicklung der Leasingverträge ist der 28. März. In der Praxis konnten Leasingfirmen nach russischen Angaben allerdings erst 78 Flugzeuge im Ausland sicherstellen. Stattdessen hat Russland die Flugzeuge ins eigene Register umgemeldet und Airlines die Kooperation mit Geschäftspartern erschwert – geleaste Flugzeuge dürfen nur noch mit Genehmigung der Behörden zurückgegeben werden.
Russlands Flag Carrier Aeroflot nutzt fast 90 Flugzeuge aus dem Portfolio von Leasing-Anbietern. Darunter auch diese Boeing 777-300 mit dem Kennzeichen VP-BGC, die künftig als RA-73139 fliegen soll.
"Größter Flugzeugdiebstahl"
"Ich fürchte, dass wir gerade Zeugen des größten Flugzeugdiebstahls in der Geschichte der zivilen Luftfahrt werden", sagte Wolodymyr Bilotkacha, Professor für Luftverkehrsmanagement am Singapore Institute of Technology, der Nachrichtenagentur "Reuters". Für Leasingfirmen geht es um viel Geld. Nach Daten der Luftfahrtberatung IBA befinden sich aktuell 523 Flugzeuge ausländischer Lessoren in Russland. Allein auf S7 Airlines entfallen 101 Maschinen, gefolgt von Aeroflot mit 89 Jets. Die Analysefirma Ishka schätzt den Gesamtwert der aus dem Ausland nach Russland verleasten Maschinen auf 10,3 Milliarden US-Dollar. Der Russland-Effekt dürfte schon in den Bilanzen für das erste Quartal in Gestalt erster Abschreiber und Rückstellungen sichtbar werden, zumal die Ersatzteilversorgung angesichts von Sanktionen versiegt. Das wird Lücken in der Wartungshistorie der Flugzeuge zur Folge haben – und damit einen drastischen Wertverlust.
UTair ist eine private russische Airline mit Sitz in Chanty-Mansijsk. Größtes Flugzeug in der Flotte ist die Boeing 767-200 (Foto).
"Russische und internationale Rechtslage"
Der Umgang mit Sanktionen auf der einen und Kreml-Doktrin auf der anderen Seite ist auch für russische Airlines heikel. Die private UTair hat Flugzeuge zwar auf Weisung der russischen Regierung vom bermudischen ins russische Register umgemeldet, den Flugbetrieb in der Übertragungsphase aber eingeschränkt. So wollte UTair-Chef Oleg Semenow den Drahtseilakt zwischen "russischen und internationalen Vorschriften" lösen. "Wir lassen in unserem Haus keine Verstöße zu", sagte der Manager am 14. März. Flugzeuge unter EU-Leasingsanktionen will Semenow vorerst nicht mehr einsetzen. "Gemäß unterzeichneten Verträgen und russischer sowie internationaler Rechtslage hat die Airline nach Vorgaben der Eigentümer und Leasingfirmen alle neun Boeing 737NG unter Operating-Lease-Verträgen aus dem Flugbetrieb genommen", teilte die Airline mit.
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