Flugbranche appelliert an neue Bundesregierung
Am Dienstag wurde die Reisemesse ITB in Berlin eröffnet. Auf dem nur für Fachbesucher zugänglichen Tourismus-Marktplatz mahnten Vertreter der Luftfahrtbranche die neue Bundesregierung, die Luftverkehrssteuer wieder abzuschaffen und die von der EU geplanten Airline-Strafgebühren für das Nichtbenutzen von SAF-Treibstoff nicht einzuführen, denn dieser Treibstoff sei am Markt gar nicht verfügbar.
Jens Bischof, Präsident des Branchenverbandes BDL und Vorstandschef der Eurowings Aviation GmbH, sagte bei einem ITB-Podiumsgespräch am Dienstag auf der Messe, die Flugnachfrage in Deutschland sei da, aber der Markt erhole sich spürbar langsamer, als andere Staaten in Europa. Grund seien einseitig hohe Kosten in Deutschland, die politisch verordnet worden seien, darunter die Luftverkehrssteuer und deutliche Gebührensteigerungen für Flugsicherung und polizeiliche Fluggast-Sicherheitskontrollen. Diese Kosten hätten sich seit 2019 in Deutschland verdoppelt und stiegen laut Planung immer weiter. Alleine im Jahr 2024 kämen 1,3 Mrd. Euro für die Airlines in Deutschland hinzu.
Mittlerweile habe der deutsche Flugmarkt einen "Kipp-Punkt" erreicht und hinke der sonstigen Erholung der Flugbranche, auch der in anderen EU-Staaten hinterher. Ein Abflug aus Deutschland werde mit 32 Euro pro Fluggast gebührenbelastet, einer aus Spanien nur mit 4,50 Euro. Deswegen stationierten die Airlines ihre Flugzeuge lieber in anderen EU-Staaten und nicht mehr in Deutschland.
Die EU plane ab 2026 eine Strafsteuer für die Nichtbenutzung von synthetischem SAF-Treibstoff. Dieser sei aber am Markt gar nicht verfügbar. Dann werde die deutsche Airline-Branche künftig mit 150 Mio. Euro Strafe belastet, obwohl sie den Treibstoff nicht kaufen könne. Die geplanten Strafen versickerten anschließend im allgemeinen Steueretat und auch sie würden die Verfügbarkeit von SAF nicht verbessern. Langstreckenflüge aus der EU müssten zudem für die gesamte Route SAF tanken, während Wettbewerber mit Drehkreuzen außerhalb der EU, etwa im Nahen Osten, nur für den Zubringer aus der EU teures SAF tanken müssten. Die anschließende Langstrecke könnten diese dagegen mit billigerem Kerosin bestreiten.
Deutschland nicht wettbewerbsfähig?
Fraport-Infrastrukturchef Pierre Dominique Prümm sagte auf der gleichen Veranstaltung, der Standort Deutschland sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Er habe 25 Prozent seiner Flugverbindungen verloren. Dies sei ein Alarmsignal für die Wirtschaft der Exportnation Deutschland. Nötig sei eine Rückkehr zu wachstumsorientierten Luftfahrtkonzepten. Man müsse die Kosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Die Flughäfen hätten in ihre Infrastruktur investiert und stünden bereit. Alleine Frankfurt könne dank des neuen Terminals 3 künftig rechnerisch auf insgesamt 88 Mio. Passagiere im Jahr und 126 Flugbewegungen pro Stunde wachsen.
BER-Chefin Aletta von Massenbach, sie leitet auch den Branchenverband ADV, mahnte, Deutschland müsse mindestens so gut sein, wie die Konkurrenten, im Idealfall noch besser. Dies werde beim Standortwettbewerb manchmal vergessen. Ryanair-Marketingvorstand Dara Brady berichtete, Schweden schaffe seine Luftverkehrssteuer 2025 wieder ab, um den Tourismus anzukurbeln. Wegen hoher Kosten habe Ryanair Flugzeuge zeitweise aus Nordschweden abgezogen, was dort die Besucherzahlen um zwei Millionen habe zurückgehen lassen. Nun kehre man wieder zurück.
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