Die EU hat wegen des Ukraine-Kriegs den Luftraum für Flugzeuge aus Russland gesperrt. Ganz verschwunden sind die Maschinen russischer Airlines deshalb nicht – denn manchmal werden sie einfach gebraucht. So wie am 1. März in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.
Bis vor einer Woche war die russische Fracht-Airline Volga-Dnepr an den Flughäfen der Europäischen Union ein gern gesehener Gast. Mit der Verbannung russischer Fluggesellschaften aus dem EU-Luftraum am vergangenen Wochenende hat sich das grundlegend gewandelt. Auch die Iljuschin Il-76 und Antonow An-124 von Volga-Dnepr Airlines müssen seither draußen bleiben – wenngleich die Russen an ihrer europäischen Basis Leipzig nach wie vor mehrere An-124 geparkt haben. Umso aufmerksamer verfolgten viele Beobachter am frühen Dienstagmorgen die Flugroute einer Volga-Dnepr-Iljuschin, die sich vom Moskauer Flughafen Domodedowo in Richtung Westen aufmachte. Die Maschine mit dem Kennzeichen RA-76952 flog zunächst über Weißrussland, drehte dann kurz nach Passieren der polnischen Grenze nach Süden ab und landete zweieinhalb Stunden nach dem Start in Bratislava, der Hauptstadt der Slowakei – und damit in der EU.
Die Il-76 von Volga-Dnepr brachte wichtigen Kernbrennstoff aus Russland in die Slowakei.
Kernbrennstoff für die Slowakei
Allerdings gab es für diesen Flug einen triftigen Grund, wie die slowakische Regierung im Nachgang erklärte. Denn an Bord der Il-76 befand sich laut offiziellen Angaben Nuklearbrennstoff aus Russland für slowakische Kernkraftwerke. Die Slowaken betreiben in ihrem Land zwei Atommeiler, deren Bauart sowjetischen Ursprungs ist. "Das Wirtschaftsministerium hat dazu beigetragen, die Versorgung mit Kernbrennstoff zu sichern, der vom slowakischen Elektrizitätsunternehmen Slovenské Elektrárne verwendet wird", so die offizielle Mitteilung. Volga-Dnepr Airlines habe den Brennstoff aus der Russischen Föderation in die Slowakei transportiert.
Für den Flug habe man "gemäß geltender Vorschriften eine Ausnahme" vom Einflugverbot erlassen. "Diese Ausnahmen können im Fall von humanitärer Hilfe und Kernbrennstoff angewandt werden", so das Wirtschaftsministerium weiter. Der slowakische Wirtschaftsminister Rcihard Sulík ergänzte, die Koordination mit den Kollegen im Außen- und Verkehrsministerium sei reibungslos abgelaufen. Er sei "froh, dass uns das logistisch gelungen ist". Die Slowakei bezieht nach Angaben einheimischer Medien ihren Kernbrennstoff bislang ausschließlich aus Russland.
Bislang waren die Frachter von Volga-Dnepr Airlines international sehr gefragt - und auch in der EU gern gesehene Gäste.
Moderne Version der Il-76
Die RA-76952 verließ Brartislava am Tag nach ihrer Ankunft spätabends wieder Richtung Domodedowo. Bei dem Flugzeug handelt es sich um eine modernisierte Variante der Il-76 mit der Bezeichnung Il-76TD-90VD. Statt der alten, lauten und durstigen D-30KR-Turbofans von Solowjow wird diese Version von PS-90A-Triebwerken des Herstellers Awiadwigatel angetrieben und besitzt modernere Avioniksysteme. Im Gegensatz zur originalen Il-76 erfüllen die Flugzeuge der Volga-Dnepr Airlines die aktuell gültigen Lärmvorschriften nach ICAO Chapter IV, wodurch sie weltweit ohne Beschränkung operieren können – sofern nicht politische Gründe dem entgegenstehen. Die Nutzlast der Il-76TD-90VD liegt, wie bei der alten Version, bei 50 Tonnen. Volga-Dnepr besitzt fünf Il-76TD-90VD.
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.