Lufthansa steht bei Regierungen mit Milliarden in der Kreide. Die Hilfen sind an strenge Auflagen geknüpft – nach LH-Geschmack an zu strenge. Lufthansa bittet die Aktionäre deshalb um das OK für einen Milliardenplan, der dem Kranich mehr Kurskontrolle geben soll.
Margrethe Vestager schaut Lufthansa über die Schulter. Durch eine Zinszahlung und die Kündigung des Zubringervertrags mit Condor handelte sich der Kranich-Konzern im Februar Ärger mit der mächtigen EU-Wettbewerbskommissarin ein. Im Fall Condor pfiff Vestager Lufthansa wegen einer "aggressiven, durch staatliche Beihilfe finanzierten Geschäftsexpansion" zurück. Lufthansa will mit Eurowings Discover am Drehkreuz Frankfurt eigene touristische Langstrecken aufziehen – der Condor-Zubringer läuft den eigenen Interessen zuwider. "Verträge, die Passagierströme von Lufthansa auf andere Airlines verlagern, werden nicht fortgeführt", hatte Lufthansa-Vorstand Michael Niggemann die Kündigung des "Special Prorate Agreement" mit Condor gerade erst verteidigt. Der Wink der EU-Kommission zwingt Lufthansa zur Kurskorrektur – der Vertrag mit Condor wird wohl zähneknirschend verlängert.
Der Staat mischt mit
Glücklich ist man bei Lufthansa über die Parteinahme der EU-Kommission für Condor nicht. Zumal der Konzern bereits den nächsten Griff in die Speichen beim Aufbau von Eurowings Discover fürchtet. "Die EU-Kommission wird Ticketpreise und Veranstalterkonditionen von Eurowings Discover sehr genau im Blick behalten", sagte eine mit der Sache vertraute Person aero.de. "Der Staat ist nun mal Copilot bei Lufthansa – und deswegen gelten jetzt andere Spielregeln." Dem europaweit verzweigten Lufthansa-Konzern liegen Regierungszusagen über 9,0 Milliarden Euro Staatshilfen in verschiedener Form vor – davon rund 6,8 Milliarden aus Deutschland. Bisher hat Lufthansa nach eigenen Angaben 2,8 Milliarden Euro in Anspruch genommen – und eine Milliarde Euro vorzeitig getilgt.
Die Lufthansa möchte möglichst schnell den Staat auf dem Copilotensitz wieder loswerden.
Milliardenmanöver am Kapitalmarkt
Denn inzwischen kommt der Konzern am freien Kapitalmarkt wieder an Geld. Investoren rissen Lufthansa zu Jahresbeginn Anleihen über 1,6 Milliarden Euro förmlich aus den Händen. Lufthansa jongliert mit Milliardenbeträgen, um Staatshilfen – und damit verbundene Auflagen – möglichst schnell abzustreifen. Denn die Kontrolle durch die EU-Kommission ist längst nicht die einzige Sorge der Frankfurter. Eine neue Bundesregierung könnte Lufthansa 2022 in Sachen Klimaschutz stärker in die Pflicht nehmen – und Kurzstreckenflüge einschränken. Ein "Szenario Frankreich" will Lufthansa unbedingt vermeiden, sagte der Insider.
Ablösung der Staatshilfen
Auf der virtuellen Hauptversammlung am 4. Mai stellt der Konzern Weichen für die schrittweise Ablösung der Staatshilfen. Die Aktionäre sollen dem Vorstand bei Kapitalmaßnahmen in den nächsten fünf Jahren weitgehend freie Hand geben. Konkret will sich Lufthansa Kapitalerhöhungen im Nennwert von 5,5 Milliarden Euro vorab und blanko genehmigen lassen – das entspricht fast dem aktuellen Börsenwert. "Dadurch soll das Unternehmen in die Lage versetzt werden, Finanzierungsgelegenheiten flexibel nutzen zu können, um Eigenkapital am Kapitalmarkt zu beschaffen", ist der Tagesordnung zu entnehmen. Die Höhe des sogenannten "Genehmigten Kapitals C" leite sich technisch aus der Höhe der Stillen Einlagen des staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) von insgesamt 5,5 Milliarden Euro ab. Denn jede mögliche Kapitalerhöhung in diesem Rahmen werde "in direktem Zusammenhang mit der Rückführung der Stabilisierungsmaßnahmen" stehen.
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