„Wir werden bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen“
Pablo Quintana, Executive Director Strategy & Sustainability bei ITP Aero, spricht über die Wachstumspläne des spanischen Triebwerksherstellers und die Bemühungen um eine grünere Luftfahrt.
Pablo Quintana ist seit 2023 Executive Director Strategy & Sustainability beim spanischen Triebwerkshersteller ITP Aero. Im Interview spricht der Wirtschaftsingenieur über die Unternehmensstrategie nach dem Ausstieg von Rolls-Royce, das Konzept eines Wingman-Triebwerks und Technologien für nachhaltiges Fliegen.
Herr Quintana, Sie sind seit fast 25 Jahren bei ITP Aero. Wie hat sich das Unternehmen in dieser Zeit entwickelt?Ich begann bei ITP Aero als Ingenieur und habe im Laufe der Jahre verschiedene Positionen innerhalb des Unternehmens übernommen. Ursprünglich wurde ITP Aero in Spanien gegründet, um das Triebwerk des Eurofighters, das EJ200, zu unterstützen. Von diesem Ausgangspunkt aus haben wir uns erheblich weiterentwickelt. Heute sind wir in sechs Ländern tätig, mit 14 Standorten und über 5.500 Mitarbeitern. Wir haben unser Portfolio vom EJ200 ausgehend sowohl auf zivile als auch auf militärische Programme ausgeweitet. Im militärischen Bereich begannen wir mit dem EJ200, gefolgt vom TP400-D6, und jetzt tragen wir zur Triebwerkssäule des FCAS [Future Combat Air System; d. Red.] bei. Im zivilen Bereich pflegen wir enge Beziehungen zu Rolls-Royce und sind der größte Partner in allen Trent-Programmen. Zudem arbeiten wir mit Pratt & Whitney im Rahmen des GTF-Programms zusammen sowie mit Pratt & Whitney Canada und Honeywell an Programmen für die Geschäftsfliegerei. Unsere Zusammenarbeit mit GE konzentriert sich derzeit auf industrielle Gasturbinen, und wir arbeiten daran, diese zu erweitern.
Im vergangenen Jahr haben wir einen neuen strategischen Plan ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, unser Portfolio an Programmen und Kunden zu diversifizieren. Derzeit liegt unser Hauptaugenmerk auf Design und Fertigung, aber unsere Präsenz im Aftermarket- und MRO-Bereich (Maintenance, Repair, and Overhaul) ist begrenzt, hauptsächlich auf Militärplattformen. Mit unserem Fachwissen über Triebwerke und Technologie, kombiniert mit unseren Fertigungskapazitäten, glauben wir, dass wir erheblich in Bereichen wie der Komponentenreparatur für die zivile Luftfahrt, der Überwachung der Triebwerksgesundheit und dem Flotten-Support während des gesamten Lebenszyklus der Antriebe beitragen können.
Ist es schwierig, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, um das Wachstum des Unternehmens zu unterstützen?Expansion erfordert in der Tat Investitionen in zusätzliche Kapazitäten, und ein Teil davon besteht darin, neue Mitarbeiter einzustellen. In Spanien ist unser Wertversprechen attraktiv, und wir können sowohl junge Ingenieure als auch erfahrene Fachkräfte gewinnen. Allerdings sehen wir die bevorstehenden Herausforderungen, insbesondere in anderen Ländern, in denen wir tätig sind, wie zum Beispiel im Vereinigten Königreich, wo der Arbeitsmarkt wettbewerbsintensiver ist. Nichtsdestotrotz erreichen wir bisher unsere Einstellungsziele.
Wir bewältigen den Hochlauf und erfüllen unsere Lieferverpflichtungen, aber nicht ohne Anstrengung. Wir haben Störungen in der Lieferkette erlebt, die es schwieriger machen, unsere Verpflichtungen zu erfüllen. Dazu gehören Arbeitskräftemangel in einigen Regionen, Kapazitätsengpässe und geopolitische Herausforderungen, die sich auf die Lieferkette auswirken. Es ist ein Umfeld, das ständige Aufmerksamkeit und Anstrengung erfordert.
Wie verteilt sich der Umsatz von ITP Aero zwischen zivilen und militärischen Triebwerken?Etwa 70 Prozent unserer Umsätze stammen aus dem zivilen Sektor, während die restlichen 30 Prozent aus Verteidigungs- und MRO-Geschäften kommen.
Es ist eine Kombination aus der Erneuerung und Wartung bestehender Verteidigungsplattformen und der Entwicklung neuer Projekte, wie dem FCAS und dem Wingman-Triebwerk. Während der Verteidigungssektor wächst, expandiert auch die zivile Luftfahrt aufgrund des Produktionsanstiegs.
Sie haben das Wingman-Antriebssystem erwähnt, das ITP und Rolls-Royce Deutschland auf der ILA Berlin vorgestellt haben. Können Sie das näher erläutern?Wir befinden uns in einer frühen Entwicklungsphase eines Triebwerks für eine Wingman-Remote-Carrier-Plattform. Unsere langjährige Partnerschaft mit Rolls-Royce Deutschland war dabei entscheidend. Wir haben in vielen Projekten zusammengearbeitet und kennen gegenseitig unsere Fähigkeiten und Technologien. Derzeit definieren wir noch die Anforderungen und Merkmale des Triebwerks.
Nachhaltigkeit im Hinblick auf unsere Produkte bedeutet, effizientere Triebwerke zu liefern als die derzeit im Einsatz befindlichen. Wir investieren in Technologien der nächsten Generation für Gasturbinen, wie den UltraFan, bei dem wir Technologiepartner von Rolls-Royce sind und zur Entwicklung der Niederdruckturbine und der schnelllaufenden Mitteldruckturbine beitragen. Darüber hinaus konzentrieren wir uns auf nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) und untersuchen, wie er in Triebwerken genutzt werden kann, ohne die Leistung zu beeinträchtigen. Wir erforschen auch elektrische und Wasserstoffantriebstechnologien. Darüber hinaus setzen wir uns mit den Umweltauswirkungen unserer eigenen Betriebe auseinander. In Spanien und Mexiko untersuchen wir beispielsweise, wie wir grüne Elektrizität, insbesondere Solarenergie, nutzen können, um unsere Betriebe zu dekarbonisieren.
Wo sehen Sie das Unternehmen im Jahr 2050, und wie stellen Sie sich die Entwicklung des Luftfahrtsektors bis dahin vor?Ich glaube, dass wir bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen werden. Die Flugzeuge und Triebwerke der Zukunft werden sich deutlich von denen heute unterscheiden, da sie die technologische Entwicklung widerspiegeln, die erforderlich ist, um die Luftfahrt zu dekarbonisieren. ITP Aero wird Teil dieser Lösung sein, und ich erwarte, dass das Unternehmen bis dahin deutlich größer sein wird. Die Luftfahrt wird weiterhin den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen – sei es durch das Zusammenbringen von Menschen oder die Durchführung von Geschäften –, jedoch auf eine nachhaltigere Weise.
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