Elektrischangetriebene Flugtaxis sind momentan der Hype, aber auch für größere Flugzeuge werden Elektroantriebe untersucht. Die verfügbare Batterietechnologie setzt allerdings auf absehbare Zeit noch enge Grenzen.
„Vom nächsten Jahrzehnt an müssen wir elektrische Antriebe einführen. Das Ziel muss lauten, vollkommen emissionsfrei zu fliegen“, gab der neue Airbus-Chef Guillaume Faury jüngst in einem Interview mit der FAZ ehrgeizige Ziele aus. Dabei muss man laut Faury auch an Wasserstoff, Bio- und synthetische Treibstoffe denken, denn die heutigen Batterien haben gegenüber Kerosin eine um den Faktor 20 geringere spezifische Energie pro Kilogramm Masse – ein Handicap, das auf absehbare Zeit nicht zu überwinden ist.
Das Problem sind die Batterien
United Technologies (UTC) schätzt die Möglichkeiten der Elektrifizierung in der Luftfahrt daher pragmatisch ein: „Rein elektrische Architekturen in der Luftfahrt – solche, in denen sich die gesamte gespeicherte Energie im Flugzeug in Batterien oder Brennstoffzellen befindet – werden auf absehbare Zeit auf kleinere Flugzeuge (1 bis 4 Passagiere) unter einer Reichweite von 200 Kilometern beschränkt bleiben, es sei denn, es gibt einen grundlegenden technologischen Durchbruch bei der Speicherung elektrischer Energie“, heißt es in einem Papier vom März 2019. Immerhin ergebe sich damit die verlockende Möglichkeit von elektrischen Lufttaxis für städtische Luftmobilität.
Der israelische Hersteller Eviation setzt bei seiner neunsitzigen Alice auf vollelektrischen Antrieb. Für größere Flugzeuge reicht die Leistung der Akkus jedoch (noch) nicht aus.
Ist der Hybrid-Antrieb die Zukunft?
Der hybrid-elektrische Antrieb ist laut UTC dagegen „ein interessanteres Angebot für die Geschäfts-, Regional- und große kommerzielle Luftfahrt“. Der attraktivste Ansatz ist dort, wo die typischen Flugprofile eine große Differenz zwischen der kurzfristig hohen Startleistung und einer deutlich niedrigeren Dauerleistung im Reiseflug aufweisen. Dies betrifft zum Beispiel Helikopter, aber auch Regionalverkehrsflugzeuge mit Propellerturbinen.
Die neu ins Leben gerufene Abteilung UTAP (United Technologies Advanced Projects), eine Art internes Startup, soll daher die Kompetenzen des Riesenkonzerns auf dem neuen Technologiefeld nachweisen. Sie greift auf die Fähigkeiten des Triebwerksherstellers Pratt & Whitney Canada und des Systemlieferanten Collins Aerospace zurück, um innerhalb von drei Jahren das „Project 804“ zu realisieren.
Dash 8-100 als Versuchsträger
Dabei geht es darum, bei einer gebrauchten Bombardier Dash 8 Series 100 eines der PW120A-Triebwerke (1490 kW) durch ein hybrid-elektrisches Aggregat zu ersetzen. Dieses besteht hinter dem weiter genutzten Propellergetriebe aus einer etwa halb so starken Wellenturbine und einem Elektromotor, der bei Start und Steigflug die restlichen 50 Prozent an Leistung beisteuert. Der Elektromotor bezieht seine Energie aus Batterien. Da diese nur etwa 25 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs eines Flugs beisteuern, bleiben ihre Größe und Masse noch in einem vertretbaren Rahmen, so UTAP.
Beim Project 804 ergänzen ein Elektromotor und Batterien die Wellenturbinen, die beim Start unterstützt werden und so auf die niedrigere Reiseflugleistung optimiert werden können.
Auch in Europa wird ein Hybrid-Testflugzeug entwickelt
Abstriche sind dennoch unvermeidlich. Die Leermasse steigt, und die Tankkapazität sinkt um 50 Prozent, sodass die Reichweite im Beispielfall von 1800 auf 1100 Kilometer sinkt. „Da 99 Prozent der (Regionalflug-)Strecken kürzer als 925 Kilometer sind und das hybrid-elektrische System eine durchschnittliche Kraftstoffeinsparung von 30 Prozent bietet (...), ist dies ein technisch und wirtschaftlich sinnvoller Kompromiss“, schätzt UTAP. Mit ihren Überlegungen stehen die Ingenieure von United Technologies nicht alleine da, denn abseits der „City-Taxis“ werden sowohl bei Startups wie Zunum als auch bei den etablierten Großkonzernen ähnliche Konzepte verfolgt. In Europa haben zum Beispiel Airbus, Rolls-Royce und Siemens das Projekt E-Fan X initiiert. Ziel ist es, einen Demonstrator mit Hybridantrieb zu bauen. Er basiert auf einem vierstrahligen Avro RJ, bei dem einer der Turbofans durch einen von einem zwei Megawatt starken Elektromotor angetriebenen Fan ersetzt wird. Der Motor bekommt seine Energie durch einen Generator, der wiederum von einer AE2100-Wellenturbine im Rumpf angetrieben wird. Dazu gibt es zwei Megawatt Batteriespeicherkapazität.
Airbus arbeitet mit Rolls-Royce und Siemens an einem Hybrid-Demonstrator auf Basis eines Avro RJ. Das Flugzeug mit dem Namen E-Fan X soll 2021 zum Erstflug starten.
Neue Designs sind gefragt
Bei Airbus laufen aktuell wichtige Arbeiten für das Projekt, allerdings hat sich der für 2020 geplante Erstflug auf 2021 verschoben. Als reiner Testträger für das Hybridsystem ist seine Auslegung für künftige hybrid-elektrische Flugzeugkonstruktionen außerdem nicht repräsentativ. Möchte man das Potenzial des Konzepts voll ausschöpfen, sind neue aerodynamische Designs gefragt – etwa um die Vorteile durch verteilte Antriebe (nicht nur zwei, sondern viele Propeller)teils auch für die Steuerung zu nutzen.
Nicht alle futuristischen Modelle rechnen sich
Ob sich der Aufwand lohnt, statt einer Antriebskomponente (Wellenturbine oder Strahltriebwerk) gleich deren drei (Gasturbine, Generator und Elektromotor) zu haben, ist allerdings fraglich. Studien mit fast 20 alternativen Konzepten im Rahmen des Clean-Sky-2-Programms haben jedenfalls gezeigt, dass es sehr schwierig ist, die Effizienz der seit vielen Jahrzehnten üblichen Verkehrsflugzeuge mit Rumpfröhre, Leitwerk und Triebwerksaufhängung unter den Tragflächen zu toppen. Viele Konfigurationen erwiesen sich bei groben Berechnungen sogar als deutlich schlechter. Wie Michael Iwanitzki vom DLR auf der „E2Flight“-Konferenz im März in Leinfelden-Echterdingen erläuterte, konnte im Bereich Turboprops nach genauerer Analyse nur eine Alternative überzeugen: ein Flugzeug mit normaler Rumpfröhre, verkleinertem V-Leitwerk, einem Hybridantrieb mit zwei Wellenturbinen, zwei großen Propellern an der üblichen Position und vier kleinen Propellern an den Flügel-spitzen zur Steuerungsunterstützung und Randwirbelbeeinflussung. Diese Konfiguration versprach bei praktisch gleichbleibender Abflugmasse Kraftstoffeinsparungen von etwa sieben Prozent.
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