Flugzeugrümpfe künftig aus Thermoplast?

Statt Aluminium
:
Flugzeugrümpfe künftig aus Thermoplast?

© DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Das Material ist leichter und schadenstoleranter als Aluminium – und besser recyclebar als duroplastische carbonfaserverstärkte Kunststoffe. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Premium Aerotec, Airbus und Aernnova haben nun den Prototyp einer Rumpf-Oberschale aus faserverstärktem Thermoplast hergestellt und am Dienstag erfolgreich ausgeliefert.

Kompletten Artikel anzeigen

Aluminium hat sich im Flugzeugbau bewährt, allerdings sind Forscher und Ingenieure auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sich das Gewicht von Flugzeugen verringern lässt. In den vergangenen 20 Jahren hat deshalb duroplastischer kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) immer mehr Einzug in den Flugzeugbau gehalten. Der Airbus A350 ist in dieser Hinsicht der Spitzenreiter, er besteht aus mehr als 50 Prozent CFK. Doch duroplastischer CFK hat wiederum den Nachteil, dass er sich schwer bis gar nicht recyclen lässt.

In den Blick rücken deshalb kohlenstofffaserverstärkte Thermoplaste, auch thermoplastische CFK genannt. Sie behalten in erkaltetem Zustand ihre stabile Form, können aber bei erneuter Hitzezufuhr in einem bestimmten Temperaturbereich umgeformt werden, erklärt das DLR. Dadurch ließen sich Bauteile erheblich besser reparieren und wiederverwerten als bisher.

Im Rahmen des Large Passenger Aircraft Projektes des europäischen Forschungsprogramms Clean Sky 2 haben das DLR, Premium Aerotec, Airbus und Aernnova nun einen acht Meter langen Rumpf-Oberschalen-Prototyp gefertigt, den sogenannten "Multifunctional Fuselage Demonstrator" (MFFD). Es ist das weltweit größte Flugzeugbauteil aus faserverstärkten Thermoplasten und soll dabei helfen, das Material zu untersuchen und die notwendigen Technologien für die Fertigung und Montage zu demonstrieren. Ziel ist es, das Rumpfgewicht um zehn Prozent und die laufenden Kosten von Flugzeugen um 20 Prozent zu senken. Als Basis wird eine Produktionsrate von 60 bis 100 Flugzeugen im Monat zugrunde gelegt – passend zu den Airbus-Plänen für die A320-Familie.

In Stade entsteht eine ganze Rumpftonne

"Auf dem Weg zum klimaverträglichen Fliegen gilt es die Effizienz heutiger Flugzeuge – unter anderem durch Systemleichtbau – bis zur Mitte des Jahrhunderts noch einmal zu verdoppeln", so Dr. Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt. Die nun am DLR in Augsburg gefertigte Rumpfoberschale aus faserverstärkten Thermoplasten sei ein vielversprechender Meilenstein und in ihrer Größe bisher einmalig.

Verwendet wurde für den MFFD der spezielle Kunststoff namens LM_PAEK, der das Bauteil schadenstoleranter machen soll – und etwa eine Tonne leichter als das Pendant aus Aluminium. Gefertigt wurde die Rumpf-Oberschale am DLR in Augsburg, die Konstruktion stammt von Premium Aerotec und den Projektpartnern. Die automatisierte Fertigung und Roboterwerkzeuge seien maßgeblich am DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) in Augsburg entwickelt worden, so das DLR. Drei wesentliche Technologien hätten die Forscher dabei zur Reife gebracht: die laserbasierte in-situ Faserablage, das kontinuierliche Ultraschall-Schweißen und das elektrische Widerstandsschweißen.

Seit Mitte Juni befindet sich die Rumpfhalbschale bei Premium Aerotec in Augsburg, wo die Endbearbeitung sowie der Einbau des Türrahmens stattfanden. Nun wird das Bauteil per Schwertransport nach Stade zum Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) gebracht, wo es bis Jahresende mit der Unterschale aus den Niederlanden (Projekt STUNNING) zur Rumpftonne gefügt wird. Die finale Validierung und Verifikation der Technologien erfolgt abschließend durch Airbus am Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) in Hamburg, so das DLR.

Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.

Meist gelesen 1 „Super-Rafale“ F5 in Le Bourget Dassault zeigt die Rafale der Zukunft - mit Rumpftanks 2 Muss die USAF mehr B-21 Raider kaufen? Der „neue“ B-52-Bomber macht weiter Probleme 3 GBU-57 erreicht Ziele bis in 60 Meter Tiefe Welche Alternativen hat Israel zur US-Monster-Bombe? 4 Ende für F-14-Kampfflugzeug-Legende? Israel nimmt Tomcat-Flotte des Irans ins Visier 5 Operation Rising Lion Warum Irans Luftwaffe keine Chance gegen Israel hat