Rolls-Royce bereitet sich auf die nächste Generation von Triebwerken für Geschäftsreiseflugzeuge vor. Sie weisen besondere Anforderungen auf.
Selten gab es in der Luftfahrt eine Periode, in der so viele neue zivile Strahltriebwerke entwickelt werden wie heute. Auch bei den Antrieben für Geschäftsreiseflugzeuge bereiten sich die Hersteller auf die nächste Generation vor, die eine hohe Leistung bei einem geringen Gewicht sowie maximale Treibstoffeffizienz, Zuverlässigkeit und Umweltverträglichkeit aufweisen muss, wie Dr. Karsten Mühlenfeld, Geschäftsführer Engineering und Operations, Rolls-Royce Deutschland und EVP Engineering and Technology, Civil Small and Medium Engines, Rolls-Royce, der FLUG REVUE sagte. Um dies zu erreichen, wollen die Ingenieure das Gesamtdruckverhältnis deutlich steigern: „Wir entwickeln derzeit ein Kerntriebwerk mit einem Druckverhältnis von über 22:1. Dies ist eine enorme Steigerung gegenüber den heutigen Kerntriebwerken, die mit zehn Stufen ein Druckverhältnis von 16:1 erreichen. Da die Businessjets mit unseren Triebwerken auch in Höhen von über 50.000 Fuß operieren, können wir das Nebenstromverhältnis nicht beliebig hochsetzen. Dennoch wird das Kerntriebwerk künftiger Businessjet-Antriebe wegen der moderaten Erhöhung des Nebenstromverhältnisses bedeutend kleiner sein als das heutiger Triebwerke.“ Ein weiterer Unterschied zu Airliner-Antrieben ist die Forderung nach noch vibrationsärmeren Aggregaten. „Der Hochdruck-Rotor in Triebwerken der nächsten Generation wird sich mit über 26.000 Umdrehungen pro Minute drehen. Um Vibrationen einzudämmen, gibt es verschiedenste Ansätze: So können Unwuchten beispielsweise durch den verstärkten Einsatz von Blisks und noch ausgefeiltere Auswuchtverfahren reduziert werden. Wir optimieren aber auch die Lagerstrukturen weiter, setzen dort modernste Quetschöldämpfer ein. Und natürlich arbeiten wir auch eng mit den Flugzeugzellenherstellern zusammen, um die Triebwerksaufhängung zu optimieren, damit sie als Schwingungsisolator wirkt.“
Blisk-Bläser verringert Vibrationen
Effiziente Triebwerksschaufeln spielen eine große Rolle. Foto und Copyright: Rolls-Royce
Bei den Technologien können die Konstrukteure innerhalb des Rolls-Royce-Konzerns aus dem Vollen schöpfen. „Besonders vielversprechende Technologien für Corporate-Jet-Triebwerke sind der Bliskfan, aber auch Hochtemperaturmaterialien in Einkristallstruktur und mit keramischen Beschichtungen. Auch die Entwicklungen auf dem Gebiet der Verbundwerkstoffe kommen gut voran. Diese werden in künftigen Triebwerken sicher noch breiter zum Einsatz kommen, eventuell auch schon im Hochtemperaturbereich in Form von keramischen Faserverbundwerkstoffen oder CMC (Ceramic Matrix Composites).“ Ein reiner Blisk-Bläser eignet sich besonders für den Einsatz bei Business Jets. „Ein Fan in Blisk-Bauweise hat ein geringeres Nabenverhältnis als ein beschaufelter Fan und ermöglicht bei gleichem Außendurchmesser einen noch höheren Luftdurchsatz. Dadurch dass Schaufeln und Fandisk aus einem Stück sind, kann jede Menge Gewicht eingespart werden. Außerdem erreichen wir durch die große Flexibilität in der aerodynamischen Auslegung eine höhere Effizienz. Um die mit der Blisk-Technologie einhergehenden Herausforderungen zu meistern, haben wir unsere Auslegungsmethodiken entsprechend verfeinert.“ Zum Ende dieses Jahrzehnts könnte bei Bedarf ein entsprechendes Triebwerk fertig sein. Den Schubbereich beziffert Dr. Mühlenfeld im High-End-Bereich auf 62 bis 80 Kilonewton.
FLUG REVUE Ausgabe 10/2014
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