China-Kampfjet schießt Täuschkörper auf West-Aufklärer - schon wieder!

Schon wieder!
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China-Kampfjet beschießt West-Aufklärer mit Flares

© Global News (via Youtube) 12 Bilder

Ein Seefernaufklärer der kanadischen Luftwaffe kam über dem Ostchinesischen Meer mit Abfangjägern aus China ins Gehege. Dabei schossen die Chinesen Täuschkörper auf die Kanadier. Das gab es so schon einmal. Doch dieses Mal war das Fernsehen live dabei.

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Die Empörung steht Major General Iain Huddleston noch ins Gesicht geschrieben, als er – die Kampfjets aus China durchs Fenster in Sichtweite – an Bord der kanadischen Lockheed CP-140 Aurora mit einem mitfliegenden Journalisten des Senders Radio Canada spricht. Der Chef des Einsatzkommandos der kanadischen Luftwaffe hat gerade live erlebt, wie die Chinesen dem Aufklärer aus Kanada einen hitzigen Empfang über dem Ostchinesischen Meer bereitet haben. "Unprofessionell und sehr aggressiv" sei das gewesen, echauffiert sich der altgediente Offizier. So zu fliegen, sei ein absolutes Sicherheitsrisiko. "Anscheinend haben wir in ihren Augen irgendetwas falsch gemacht, aber wir wissen nicht, was." Schließlich befinde man sich "fest im internationalen Luftraum."

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Täuschkörper und toter Winkel

Die Manöver der Chinesen, die Huddleston brandmarkt, sind in Ausschnitten auf Videoaufnahmen festgehalten. Denn an Bord befanden sich neben Journalisten von Radio Canada auch Kollegen des Fernsehsenders Global News. Deren eingefangene Sequenzen zeigen, wie eine chinesische Chengdu J-10 sich auf weniger als fünf Meter an die Tragfläche der CP-140 heranschiebt. Etwas weiter vom Geschehen entfernt sieht man eine Shenyang J-16 fliegen. Eine weitere Szene zeigt die doppelsitzige J-10, wie sie von links kommend den Flugweg der Kanadier kreuzt. In einem dritten Ausschnitt sind außerdem die typischen weißen Rauchspuren von Täuschkörpern auszumachen.

Ein Bericht auf der Webseite des Senders CBC News bestätigt, die J-10 habe sich zeitweise in den toten Winkel der Aurora-Crew manövriert – und ganz in der Nähe der Kanadier mehrere "Leuchtraketen" – also Täuschkörper – abgefeuert. "Wir können problemlos in enger Formation mit anderen Flugzeugen fliegen, aber wenn Flugzeuge aggressiv in unmittelbarer Nähe manövrieren, besteht ein Sicherheitsproblem", unterstrich Major General Huddleston im Gespräch während des Fluges.

© John Davies - CYOW Airport Watch (GFDL 1.2)

Die kanadische Lockheed CP-140 Aurora überwachte Schiffsbewegungen im Ostchinesischen Meer, die das Ölembargo gegen Nordkorea unterlaufen könnten.

Was machten die Kanadier überhaupt dort?

Die Aurora (Kanadas Bezeichnung für die Lockheed P-3 Orion) war nach Angaben des kanadischen Militärs unterwegs auf einer acht Stunden währenden Mission, bei der sie die Einhaltung der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea überwachen und entsprechende Schiffsbewegungen dokumentieren sollte. Unterwegs sei die Turboprop-Viermot mehrfach von chinesischen Kampfjets abgefangen worden – was angesichts der räumlichen Nähe zur chinesischen Grenze nicht verwunderlich sei. Die anderen Begegnungen hätten sich allesamt im Rahmen der geltenden Gepflogenheiten abgespielt.

© China Military Online

Die Chengdu J-10, gebaut als Ein- und Zweisitzer, ist eines von Chinas wichtigsten Kampfjet-Mustern.

Regierung ist empört

Das finale Zusammentreffen aber überlagerte diese Eindrücke – und ist bereits bis in die kanadische Regierung vorgedrungen. So gab Kanadas Verteidigungsminister Bill Blair zu Protokoll, man werde die chinesische Seite mit dem Zwischenfall, den Blair als "gefährlich und rücksichtslos" brandmarkte, konfrontieren. "Solche Verhaltensweisen sind niemals akzeptabel, und wir werden dies gegenüber der Volksrepublik China auf eine angemessene Weise zum Ausdruck bringen", sagte der Minister.

© eng.chinamil.com.cn/Photo by Lu Shiqiang
„Gefährliches Manöver“ Chinesische J-16 schießt Flares auf australische Poseidon

Nicht das erste Mal

Dass die Kanadier mit ihrer Eingebung in Peking Resonanz erfahren, darf bezweifelt werden. Zumindest ist es nicht das erste Mal, dass ein chinesischer Kampfpilot ein westliches Militärflugzeug mit Flares eindeckt. Ähnliches ereignete sich bereits im Frühsommer 2022 über dem Südchinesischen Meer. Damals war eine australische Boeing P-8A Poseidon auf einer Routinemission von einer chinesischen J-16 abgefangen worden. Das im Nachgang geschilderte Szenario klingt beim Vergleich mit dem jetzigen Vorfall fast wie eine Blaupause: Laut australischen Angaben setzte sich der chinesische Fighter direkt an die Seite der Poseidon – und begann plötzlich damit, Täuschkörper abzufeuern. Anschließend beschleunigte er, schnitt die Flugbahn der Australier direkt vor deren Nase und preschte von dannen. Auch damals protestierte die australische Regierung mit einer Note in Peking. Gebracht hat es wenig – und auch im jüngsten Fall konterte Chinas Außenministerium bereits, die Kanadier hätten ihrerseits den chinesischen Luftraum verletzt. "Selbst schuld", sollte das wohl heißen.

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