Der Iran hat plötzlich keine Lust mehr auf Su-35S
Es schien eigentlich alles klar: Irgendwann dieses Jahr sollte der Iran die ersten von zunächst 24 Suchoi Su-35S aus Russland erhalten. Doch jetzt scheint das Geschäft überraschend zu platzen. Die Iraner sind mit Russlands Angebot wohl unzufrieden.
Werden russische "Super-Flanker" jemals in den Reihen der iranischen Luftwaffe fliegen? Noch bis vor Kurzem schien solch ein Szenario durchaus vorstellbar. Mehrfach hatten in der Vergangenheit iranische Offizielle die Beschaffung von (vorerst) 24 Suchoi Su-35S angekündigt. US-Regierungsbeamte erklärten im Dezember 2022, das Geschäft stehe ihrer Kenntnis nach kurz vor dem Abschluss, iranische Piloten ließen sich bereits in Russland auf dem Muster ausbilden. Im März meldete die iranische Nachrichtenagentur Irna gar offiziell, der Deal sei "abgeschlossen" – nannte aber keine Details zu Lieferzeiten oder zur Anzahl der georderten Maschinen.
Der Iran hat(te) konkret die 24 Su-35SE im Auge, die von Ägypten bestellt, aber dann wieder storniert wurden. Der Bedarf des Iran an neuen Jets ist aber eigentlich deutlich höher.
Luftwaffe gegen Su-35
Geliefert wurde bis zum heutigen Tag noch immer nichts – und jetzt sieht es plötzlich so aus, als bliebe es auch dabei. Mehrere internationale Medien berichteten Ende der vergangenen Woche, der Iran hätte das Interesse am Kauf der Suchoi-Kampfjets verloren. Der Analyst Babak Taghvaee zitierte auf Twitter den Kommandeur der Luftstreitkräfte, Brigadegeneral Hamid Vahedi, unter Berufung auf Insider: "Der Generalstab der Streitkräfte hat sich vorerst gegen die Beschaffung von Su-35SE-Mehrzweckkampfflugzeugen aus Russland ausgesprochen." Grund sei, dass "die russische Regierung sich weigert, Technologie für eine Ersatzteilfertigung im Iran zu transferieren und das Wissen für die Wartung der Flugzeuge im Inland für die nächsten 30 Jahre bereitzustellen."
Social Media Inhalt
Schlechtes Angebot?
Vahedi zufolge hätte die russische Seite lediglich Interesse, zwei Dutzend Su-35S zu liefern, die ursprünglich für die Luftwaffe Ägyptens vorgesehen waren. Dies allerdings "ohne ordnungsgemäße Wartung, Bewaffnung und Ersatzteilversorgung." Auch Simulatoren für das Pilotentraining im Iran sollen nicht Teil des Angebotes sein. Unter diesen Gesichtspunkten wäre der Mehrwert der Su-35S für den Iran tatsächlich äußerst überschaubar, könnte man mit den Flugzeugen in der Praxis doch kaum etwas anfangen – geschweige denn sie dauerhaft einsatzbereit halten.
Die Su-35S ist das Kronjuwel der "Flanker"-Familie und eine wichtige Stütze der russischen Luftwaffe. Exportiert wurde sie bislang nur nach China.
Unklare Hintergründe
Die russische Regierung äußerte sich bislang nicht zu der Angelegenheit – was wiederum Raum für Spekulationen offenlässt. So mutmaßt etwa das Portal Eurasian Times unter Berufung auf namentlich nicht genannte Analysten, Irans Erzrivale Israel habe eventuell ein Mitspracherecht hinsichtlich einer Su-35-Lieferung an Teheran geltend gemacht – womöglich im Gegenzug dafür, weiter keine Waffen an die mit Russland im Krieg stehende Ukraine zu liefern. Ebenso möglich ist aber auch, dass genau dieser Krieg die Ressourcen der Russen derart strapaziert, dass sie Verpflichtungen, die über die reine Lieferung der – großteils bereits fertigen – Su-35S hinausgehen, derzeit schlicht nicht leisten können (oder wollen).
Irans Verteidigungsminister Mohammad-Reza Gharaei Ashtiani vermied es, sich konkret zum Status des "Super-Flanker"-Deals mit Russland zu äußern. Auf Fragen von Journalisten deutete er lediglich eine mögliche "Änderung der Pläne" an – und betonte, der Iran sei auch imstande, selbst Kampfjets zu bauen: "Irgendwann haben wir einen Kaufvertrag abgeschlossen, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass wir im Land [Kampfflugzeuge] produzieren können."
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.