Italiens Kunstflugstaffel "Frecce Tricolori" ist bekannt für ihre grandiose Show. Die endete in Pantelleria nun beinahe im Desaster, weil mehrere "Frecce"-Jets sich in der Luft berührten – bei einem Manöver, das an die Flugschau-Katastrophe von Ramstein 1988 erinnert.
Die "Cardioide" (Herzkurve) zählt zu den großen Highlights der an Höhepunkten ohnehin schon reichen Darbietung, die die "Frecce Tricolori" mit ihren zehn Aermacchi MB-339 bei ihren zahlreichen Auftritten in ganz Europa in den Himmel zaubern. Die Zehnerformation setzt dabei geschlossen in Richtung des Publikums zum Looping an, teilt sich am oberen Scheitelpunkt in eine Vierer- und eine Fünferformation, die seitlich nach links und rechts abdrehen, während die zehnte Maschine des Solopiloten ihre Flugbahn vorerst beibehält. Die beiden Teilformationen formen ein mit weißem Rauch gezeichnetes Herz und kreuzen schließlich am unteren Ende ihrer Flugbahn entlang der Pistenachse – der Solist folgt vorerst weiter seiner Flugbahn, dreht dann aber ab und verschwindet fürs Erste aus dem Blickfeld.
Bis zum 28. August 1988 vollendete der Solopilot bei dem Manöver seinen Looping, um das von den Staffelkameraden gemalte Herz in Richtung des Publikums wie ein Pfeil zu durchstoßen. Bei der Flugschau in Ramstein am besagten Tag vor 37 Jahren ging das fatal schief: Der Solist erreichte den Durchstoßpunkt zu tief und etwa vier Sekunden zu früh – und stieß mit Flugzeugen der beiden sich kreuzenden Teilformationen zusammen. Die Solomaschine stürzte kurz darauf unkontrolliert mitten in die Zuschauermenge. 70 Menschen starben, mehr als 1.000 wurden zum Teil schwer verletzt. Die "Frecce Tricolori" selbst hatten unter ihren Piloten drei Todesopfer zu beklagen. Durchstoßen wird die "Cardioide" heute deshalb nicht mehr.
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Kollision in Pantelleria
Dennoch kam es bei dem entschärften Herzmanöver nun am 6. Mai auf der italienischen Insel Pantelleria beinahe wieder zu einer Katastrophe. Nach dem Split der Zehnerformation kollidierten drei MB-339 der (aus Zuschauersicht) nach rechts in Rückenlage abdrehenden Viererformation miteinander. Dabei handelte es sich gemäß bislang verfügbaren Informationen um die Maschinen 6, 8 und 9. Alle in den Zwischenfall verwickelten Jets konnten im Anschluss kontrolliert notlanden – wobei die MB-339 mit der Nummer 8 am Heck bei ihrer Landung von der Bahn abkam und rechts eine Böschung hinabglitt. Fotos auf X zeigen das Flugzeug mit stark beschädigter Frontpartie, Bilder der beiden anderen involvierten "Frecce"-Maschinen zeigen Kollisionsschäden am Seitenleitwerk. Einer der Piloten soll mit Verdacht auf Beinbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden sein. Verletzte am Boden wurden nicht gemeldet.
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Ursache unklar
Die italienische Luftwaffe veröffentlichte später eine Stellungnahme und schrieb von einer "anormalen Trennung der Formation während des Cardioide-Manövers". Die Piloten hätten nach der Berührung in der Luft professionell und unter "Beherrschung der Verfahren" sofort ihre Teilformation aufgelöst und zur Landung angesetzt. "Bei der Landung auf Pantelleria kam ein Flugzeug aufgrund eines technischen Problems mit der Steuerbarkeit des Bugrads (...) von der Landebahn ab. Der Pilot blieb unverletzt." Die an dem Vorfall nicht direkt beteiligten Flugzeuge seien zum Militärflughafen von Trapani an der Westküste Siziliens zurückgekehrt.
Zur Ursache der Kollision, ob Pilotenfehler oder technischer Defekt, gibt es bis dato keine offiziellen Angaben. Spekuliert wurde in italienischen Medien über einen Vogelschlag, was aber aus den im Internet kursierenden Aufnahmen nicht hervorgeht. Vogelschlag war mutmaßlich im September 2023 die Ursache für den bislang letzten Unfall der "Frecce Tricolori", als in Caselle Torinese eine der zehn MB-339 kurz nach dem Start abstürzte. Der Pilot konnte sich damals mit dem Schleudersitz retten – sein führerloses Flugzeug traf jedoch das zufällig vorbeifahrende Auto einer Familie, ein darin sitzendes fünfjähriges Mädchen starb.
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