Kampfhubschrauber sind heute integraler Bestandteil von Heereseinsätzen. Europäische, amerikanische, russische und jetzt auch chinesische und indische Muster stehen zur Auswahl.
Schmaler Rumpf, die Sitze der Besatzung hintereinander gestaffelt, eine bewegliche Waffe unter dem Bug und kleine Hilfsflügel für Raketen und Lenkwaffen – als das Bell Model 209 im September 1965 zum Erstflug startete, wurde eine neue Art von Kampfhubschraubern geboren, die von der US Army für den Einsatz in Vietnam dringend benötigt wurde. 1967 begannen die Lieferungen der AH-1G Cobra, und auch über 50 Jahre später hat der US-Hubschrauberhersteller eine Weiterentwicklung dieses legendären Musters im Programm.
Die AH-1Z Viper wiegt aber nicht mehr 4300, sondern 8390 Kilogramm, hat eine von 820 auf 2680 Kilowatt gesteigerte Triebwerksleistung und statt des typischen Zweiblattrotors einen lagerlosen Vierblattrotor mit Blättern aus Verbundwerkstoffen. Entwickelt wurde die AH-1Z in den 1990er Jahren für den treuen Cobra-Kunden US Marine Corps. Er erhielt 2007 die ersten Maschinen aus der Serie und plant die Beschaffung von 189 Viper. Bisher einziger Exportkunde ist Pakistan, das seine erste AH-1Z im August erhalten hat.
Im Anschluss an die vermeintliche Zwischenlösung AH-1 Cobra ließ die US Army mit der im September 1967 geflogenen Lockheed AH-56 Cheyenne ein sehr komplexes Waffensystem entwickeln, das sich aber als nicht praktikabel herausstellte. So kam nach einem Vergleichsfliegen mit der Bell YAH-63 die YAH-64 von Hughes Helicopters (heute Boeing) zum Zug. Die Lieferungen begannen 1981 mit drei Vorserienmodellen der AH-64A Apache, und seither hat das Muster mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen. Aktuell wird in Mesa, Arizona, die AH-64E gefertigt, die eine durchgehend modernisierte Avionik erhalten hat. Mit stärkeren Triebwerken und neuen Rotorblättern wurde trotz der Gewichtszunahme auch wieder Leistung gewonnen. Der Apache ging im Laufe der Jahre an elf Länder, von Großbritannien über Japan bis nach Ägypten und Saudi-Arabien. Jüngster Kunde ist Indien, das 22 Hubschrauber beschaffen will. Derweil folgt Großbritannien dem Trend der US Army und steigt auf die neueste Generation um.
Aufgrund der amerikanischen Erfahrungen im Vietnamkrieg wurden auch andere Länder auf die Einsatzmöglichkeiten von Kampfhubschraubern aufmerksam. Die russischen Streitkräfte verfolgten mit der Mil Mi-24 (Erstflug: September 1969) allerdings zunächst ein anderes Konzept. Hinter der in typischer Tandemanordnung untergebrachten Zweimanncrew gab es eine Kabine für den Transport von bis zu acht Soldaten. Diese Lösung ist offenbar auch noch heute attraktiv, denn die modernisierte Mi-35M-Variante für den Export befindet sich bei Rostvertol nach wie vor in der Fertigung. Zu den jüngsten Kunden gehören Länder wie Irak, Nigeria, Kasachstan, Pakistan oder Mali.
Mi-28 und Ka-52 im Bau
Über ein Jahrzehnt nach der Mi-24 konstruierte Mil dann auch einen „richtigen“ Kampfhubschrauber. Die schwer gepanzerte Mi-28 hob im November 1982 erstmals ab, doch die Wirren nach dem Zerfall der Sowjetunion verzögerten eine Serienfertigung erheblich. Erst im Januar 2008 wurden die ersten beiden Mi-28N (N für Night Hunter) an das Testzentrum der russischen Luftstreitkräfte in Torschok geliefert. Inzwischen sind an die 200 Exemplare bestellt, darunter auch die Mi-28UB mit Doppelsteuer. Rostvertol hat rund 100 Helikopter geliefert. Exportkunden sind bisher der Irak und Algerien.
Die zögerliche Produktionsentscheidung für die Mi-28 hängt auch damit zusammen, dass es mit der Kamow Ka-50 beziehungsweise der daraus entwickelten Ka-52 einen starken einheimischen Konkurrenten gibt, der von den staatlichen Stellen wohl lange als das zukunftsträchtigere Muster angesehen wurde. Auch das Ka-50-/Ka-52-Programm lag aber lange im Dornröschenschlaf, bis ab 2006 wieder die notwendigen Gelder flossen. Ab 2009 begann das Werk in Arsenjew mit den Lieferungen des Kampfhubschraubers, der sich durch seine nebeneinanderliegenden Sitze für die Crew auszeichnet. Als Exportkunde konnte Ägypten gewonnen werden; es erhält 46 Ka-52.
Mangusta und Tiger
Nach den Supermächten stieg gegen Ende der 1970er Jahre auch Europa ins Kampfhubschraubergeschäft ein. Vorreiter war Agusta (heute Leonardo Helicopters) in Italien mit der A129 Mangusta. Sie ist zwar deutlich leichter als ein Apache, bringt aber von der Ausstattung her alle Systeme mit. Die Stückzahl für das italienische Heer blieb bescheiden, und auch im Export gelang lange kein Erfolg. Erst eine Vereinbarung mit der Türkei führte zu Entwicklung und Bau der verbesserten Version T129 (Erstflug: September 2009); sie wird bei TAI gebaut.
Frankreich und Deutschland folgten dann in den späten 1980er Jahren mit der gemeinsamen Entwicklung des Tiger/Tigre, der am 27. April 1991 zum Erstflug startete. Die Entwicklung erwies sich als äußerst zäh, und erst im April 2005 erhielten die Heeresflieger ihr erstes Exemplar. Die Stückzahl wurde mehrfach zurückgeschraubt, sodass das einzige verbliebene Kampfhubschrauberregiment mit 40 Maschinen auskommen muss. Während Deutschland eine UHT-Variante (Unterstützungshubschrauber) des Tigers wählte, erhielten Frankreich, Australien und Spanien ein Modell mit Kanone im Bug.
1984 nahm das von Waffenembargos betroffene Südafrika die Entwicklung eines Kampfhubschraubers in Angriff. Der Rooivalk flog im Februar 1990 zum ersten Mal, doch mehr als ein Dutzend Maschinen sind letztlich nicht gebaut worden. Auch Exportbemühungen verliefen erfolglos. An Exporte denkt Kawasaki mit seiner OH-1 nicht. Diese hat zwar den typischen Kampfhubschrauber-Look, wird aber eher als Beobachtungshubschrauber klassifiziert. Seit dem Erstflug im August 1996 wurden in typischer japanischer Kleinserienfertigung etwa 50 Maschinen gebaut.
Größere Pläne hat da schon Indien, das 179 Light Combat Helicopter (LCH) beschaffen will. Der LCH wurde auf Basis des Transporthubschraubers Dhruv entwickelt und hob im März 2010 zum ersten Mal ab. Die Fertigung der ersten 15 Maschinen in Bengaluru ist im August 2017 angelaufen.
Chinesisches Doppel
Grafik: FR
Bliebe noch China, das im Rahmen der umfassenden Modernisierung seiner Streitkräfte auch zwei Kampfhubschrauber entwickelt hat. Mehrfache Versuche, Muster wie die Mi-28 oder Ka-52 aus Russland zu importieren, waren gescheitert, doch es wird angenommen, dass bei der Z-10 (teils auch als WZ-10 bekannt) insbesondere Kamow wichtige Unterstützung geleistet hat. Ein Prototyp der Z-10 soll erstmals Ende 2003 geflogen sein. Der reguläre Truppendienst soll 2012 begonnen haben. Inzwischen sind wohl um die 100 Z-10 gebaut worden.
Ergänzt wird die Z-10 durch die Z-19, ein leichteres Muster, bei dem man wohl auf zahlreiche Komponenten der Z-9 zurückgreift – die wiederum eine Kopie der AS365 Dauphin ist. Entsprechend wurde das Programm auch wesentlich schneller umgesetzt. Nach dem Erstflug 2010 sind inzwischen über 80 Maschinen gebaut worden. Auch eine Exportvariante, die Z-19E, gibt es bereits.
FLUG REVUE Ausgabe 11/2017
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