Türkischer Stealth-Kampfjet Kaan auf der Überholspur
Die Flugtests mit dem ersten Kampfjet der Türkei sollen bald voll Fahrt aufnehmen: "So oft, so lang und so hoch wie möglich", heißt ab 2026 die Devise für Kaan. Dann planen die Türken mit zwei brandneuen Testflugzeugen – und haben ihr Lieferziel weiter fest im Blick.
Mehmet Demiroğlu, Chef von Turkish Aerospace Industries (TAI), sieht das Aushängeschild des türkischen Flugzeugbaus, das er mit seiner Firma verantwortet, im Gespräch mit türkischen Medien weiter auf Kurs. Zwar war das erste Exemplar des neuen Stealth-Kampfjets Kaan seit seinem ersten Flug vor über einem Jahr nur sporadisch in der Luft. Dennoch sollen die mit dem "Prototyp 0" gesammelten Erkenntnisse vollumfänglich in den Bau der nächsten Testflugzeuge fließen, die bei TAI vor den Toren von Ankara derzeit entstehen. Noch in diesem Jahr soll mit "Prototyp 1" der erste neue Kaan abheben, Anfang 2026 ein zweiter. Eine statische Bruchzelle (Prototyp 3) ist ebenfalls im Bau. "Wir haben uns verpflichtet, Kaan bis Ende 2028 an die türkische Luftwaffe auszuliefern – und wir setzen alles daran, diesen Zeitplan einzuhalten", kommentierte Demiroğlu Anfang Mai während der Veranstaltung "Teknofest" in Nordzypern.
Bessere Tarnkappe
Der Prototyp 0, dessen primäre Aufgabe die kritische Entwurfsprüfung ist, ist derweil noch kein Fall für die Ersatzbank: Voraussichtlich vor Oktober werde der bislang einzige Kaan-Kampfjet wieder abheben, so Demiroğlu weiter. Dabei will TAI offenbar einige Designänderungen erproben, wie etwa modifizierte Lufteinläufe für bessere Tarnkappeneigenschaften. Zudem habe man "die interne Konfiguration und die Gewichtsverteilung" des Kampfjets aktualisiert, erklärte der Firmenchef. Die Abmessungen – 20,3 Meter Länge, 13,4 Meter Spannweite, 71,6 Quadratmeter Flügelfläche und fünf Meter Höhe – sollen laut Demiroğlu jedoch gleich bleiben: "Es ist immer noch Kaan!"
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Avionik-Tests mit Businessjet
Sind die beiden neuen Jets P1 und P2 erst einmal flügge, will TAI im kommenden Jahr in eine "Hochtempo-Flugerprobungskampagne" einsteigen. Dann werde man die verfügbaren Testmaschinen "so oft, so lang und so hoch wie möglich" fliegen lassen, unterstrich Demiroğlu auf dem Teknofest. Vom Serienstandard, der spätestens 2028 an die türkische Luftwaffe gehen soll, sind jedoch auch die zusätzlichen Kaan-Prototypen noch ein gutes Stück entfernt – fehlt ihnen doch die vollständige Avionik-Suite, wie das von Aselsan entwickelte AESA-Radar MURAD 600-A. Die entscheidenden Systeme sollen nach aktuellem Stand erst in den Prototypen vier, fünf und sechs mitfliegen, die dem Kaan-Entwurf technisch wie aerodynamisch zum "letzten Schliff" verhelfen sollen.
Parallel dazu wird TAI nach Auskunft von Geschäftsführer Demiroğlu das Kaan-Radar und weitere Avionik-Komponenten sowie Systeme zur elektronischen Kriegsführung in einem Global 6000-Businessjet testen, der den am Projekt beteiligten Ingenieuren als fliegendes Labor dienen soll. An einem einheimischen Triebwerk für spätere Kaan-Versionen arbeite man ebenfalls, so der TAI-Chef. Hierfür seien jedoch die Kollegen der Unternehmen TR Motor und TEI zuständig. "So Gott will, werden wir diesen Antrieb Anfang der 2030er Jahre in Kaan installiert haben." Bis dahin sehe er keine Versorgungsprobleme mit dem aus den USA stammenden Triebwerk F110-GE-129-Triebwerken von GE Aerospace, betonte Demiroğlu.
Im Verbund mit Angriffsdrohnen
Über die zugedachte Rolle des türkischen Stealth-Kampfjets auf dem Schlachtfeld der Zukunft sagte der studierte Ingenieur, der seit Juni 2024 die Geschicke von TAI leitet, Kaan werde – trotz Tarnkappe – im Einsatz "nicht oft an vorderster Front" zu sehen sein, sondern vor allem aus der Distanz agieren. So solle der neue Fighter im engen Verbund mit Kampfdrohnen wie der ebenfalls von TAI gebauten Anka III vorgehen. Diese unbemannten Fluggeräte sollen nach Demiroğlus Vorstellung primär "die riskanten Aufgaben" übernehmen. Entsprechende Systeme und Schnittstellen kommen vom Tech-Konzern Aselsan, der seinen Sitz – genau wie TAI – in der Nähe von Ankara hat.
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