Der 400. Eurofighter ging im Dezember 2014 an die Luftwaffe. Derweil hob die erste Maschine der Tranche 3 in Warton zum Erstflug ab. Ein wichtiger Testflug mit der Abstandswaffe Storm Shadow wurde in Italien durchgeführt.
Wenn es bei der neuen Kampfflugzeug-Generation um die Lieferzahlen geht, hat der Eurofighter die Nase klar vorn: Am 4. Dezember 2014 wurde bei Cassidian in Manching das 400. Flugzeug an einen Kunden übergeben In diesem Fall ging die Maschine mit der Kennung 31+06 an die Luftwaffe, die damit 112 Eurofighter im Bestand hat. Ihren 100. Eurofighter hatte sie am 28. Februar 2013 in Empfang genommen. Weitere 31 Eurofighter der Tranche 3A stehen somit bis 2018 noch aus.
Die Produktion des „gegenwärtig modernsten Kampfflugzeugs der Welt“ wird somit laut Bernhard Gerwert, dem Chef der neuen Division „Airbus Defence and Space“ auf absehbare Zeit „eine tragende Säule des Geschäftsportfolios sein“. Dies allerdings nur, wenn es gelingt, die Einsatzmöglichkeiten des Musters in der Luft-Boden-Rolle deutlich zu erweitern.
Ein wichtiger Schritt dahin ist die Integration von Abstandswaffen wie Storm Shadow und Taurus. Alenia Aermacchi hat in Decimomannu, Italien, mit der Flugerprobung des Storm Shadow begonnen. Erste Testpunkte waren die Flattereigenschaften mit den gut 1300 Kilogramm schweren und fünf Meter langen Flugkörpern unter den Tragflächen sowie eine Neukalibrierung der Flugdatensensoren mit der großen Außenlast. Die Versuche werden mit dem IPA2 (Instrumented Production Aircraft) durchgeführt, das bereits die Phase 1 Enhancements erhalten hat.
Laut Eurofighter wird die Integration des Storm Shadow in den Eurofighter bis 2015 abgeschlossen sein. Die Abstandswaffe kann dann von Flugzeugen getragen werden, die dem P2E-Standard (unter anderem diverse Verbesserungen der Software) entsprechen.
Der von MBDA gebaute Storm Shadow ist bereits bei den Eurofighter-Nutzern Großbritannien, Italien und Saudi-Arabien am Tornado im Dienst. Er bietet eine Reichweite von „über 250 Kilometern“ und kann damit wichtige Ziele wie Häfen, Bunker, Flugplätze, Kontrollzentren und Brücken präzise angreifen, ohne dass das Trägerflugzeug von einer starken lokalen Luftabwehr bedroht wird.
Unterdessen hat Cassidian die Flugerprobung der sogenannten „Phase 1 Enhancements“ (P1E) zur Fähigkeitserweiterung des Eurofighters abgeschlossen. Der neue Standard bietet laut Hersteller „eine robuste gleichzeitige Multi-Role-/Swing-Role-Fähigkeit“.
Neue Systeme "zukunftssicher"
Mit dem ersten großen Weiterentwicklungsprogramm erhält der Eurofighter erweiterte Luft-Boden-Fähigkeiten. Dazu werden der Laser-Zielbeleuchter Litening III voll integriert und die präzisionsgelenkten Bomben Paveway IV und EGBU-16 freigegeben. Weitere Verbesserungen betreffen die sichere Freund-Feind-Erkennung (IFF Mode 5), modernisierte Funkgeräte, eine erweiterte direkte Spracheingabe und ein Helmsichtsystem mit Luft-Boden-Funktionalität.
Auch die Luft-Luft-Fähigkeiten werden ausgebaut, einschließlich der digitalen Integration der Luft-Luft-Kurzstrecken-Lenkflugkörper ASRAAM und IRIS-T. Dazu kommen erweiterte Funktionen des MIDS-Datenlinks (Multifunctional Information Distribution System) für eine verbesserte Interoperabilität mit den Koalitionsstreitkräften.
Die Flugerprobung für das P1E wurde unter anderem mit den instrumentierten Serienflugzeugen IPA 4 und IPA 7 in den militärischen Luftfahrtzentren von Cassidian in Manching und im spanischen Getafe durchgeführt. Der neue Standard kann in Eurofighter der Tranche 2 nachgerüstet werden. Wann dies bei den verschiedenen Luftstreitkräften durchgeführt wird, ist teils unklar.
Neuflugzeuge der Tranche 3A werden bereits bei Lieferung dem P1E-Standard entsprechen. Der erste Eurofighter des neuen bestellten Loses, ein für die Royal Air Force bestimmter Typhoon FGR4, Kennung ZK355 (British Single-Seater 116, Seriennummer 417), hob mit Testpilot Nat Makepeace in Warton zum Jungfernflug ab. Die Partnerländer Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien hatten 2009 weitere 112 Eurofighter bestellt. 31 davon soll die Luftwaffe erhalten, während für die RAF 40, für Italien 21 und für Spanien 20 Exemplare vorgesehen sind.
Die neuen Eurofighter erhalten laut BAE Systems „hunderte von Änderungen und Ergänzungen“, um sie auf neue Systeme vorzubereiten und damit „zukunftssicher“ zu machen. Die Rumpfstruktur wurde zum Beispiel verstärkt, um bei Bedarf (und falls irgendwann bestellt) Zusatztanks seitlich anzubringen. Dies würde die Reichweite erhöhen, ohne – wie bei Tanks unter den Tragflächen - die Möglichkeiten der Waffenbeladung einzuschränken.
Wichtig sind auch Anpassungen bei der Zellenstruktur im Bugbereich, wo vor allem potenzielle Exportkunden unbedingt ein AESA-Radar (Antenne mit elektronischer Strahlschwenkung) sehen wollen. Dies erfordert auch eine geänderte Kühlung der Elektronik.
Für das neue AESA-Radar des Euroradar-Konsortiums (Cassidian, Selex ES und Indra) begann die Phase der Systemintegration. Bei einer Programmprüfung durch die vier Partnerländer am Cassidian-Standort Ulm wurden die Ergebnisse der Tests und der Integration des Captor-E-Antennensubsystems den Vertretern der Eurofighter-Nationen Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien präsentiert.
Die bei den Tests erzielten Resultate entsprechen laut Hersteller „voll und ganz den theoretischen Konstruktionsdaten und der von den vier Ländern vereinbarten Systemspezifikation“. Getestet wurden die AESA-Antenne des Captor-E, der „Repositioner“ (Antenne ist drehbar) sowie die Stromversorgungs- und Steuereinheit der Antenne.
In einem nächsten Schritt wird das Antennensubsystem bei Selex in Edinburgh integriert und mit Empfänger und Prozessor getestet. Ein Captor-E flog bereits einige Tests in einem Eurofighter (IPA5) von BAE Systems, ohne aber wohl bisher aktiv zu senden. Weitere Flugversuche sind für 2015 angesetzt. Eine Bestellung für das System erfolgte noch in 2014.
Absatzmarkt in den Emiraten
Im November 2013 hat die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH von der zuständigen Rüstungsagentur NETMA allerdings einen neuen Entwicklungsauftrag für das sogenannte „Evolution Package 2“ erhalten. Ein Preis wurde nicht genannt. Den Arbeitsumfang des Evolution Package 2 hat Eurofighter vorerst nur grob skizziert. So soll es Modifikationen am vorhandenen Captor-Radar und am DASS (elektronisches Selbstschutzsystem) geben. Dies wird unter anderem den Einsatz der Luft-Luft-Lenkwaffe Meteor ermöglichen. Die MIDS-Funktionalitäten (Datenfunk) werden erweitert. Dazu kommen Verbesserungen beim Flugsteuersystem und Utility Control System.
Laut Eurofighter stehen die Fähigkeiten des Evolution Package 2 bis Ende 2015 zur Verfügung. Das ist auch wichtig, um auf dem Exportmarkt bestehen zu können. Schließlich „müssen wir uns noch stärker auf die vor uns liegenden Exportkampagnen konzentrieren, um neue Aufträge und neue Kunden für dieses herausragende Flugzeug zu gewinnen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten für die Verteidigungsindustrie ist es besonders wichtig, dass wir uns den Herausforderungen stellen und entsprechend handeln. Darum geht es heute“, betonte Alberto Gutierrez, Chief Executive Officer der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH bei der Auslieferung des 400. Eurofighters.
Als Absatzmarkt für den Eurofighter hat der Hersteller vor allem die arabische Halbinsel im Visier. Bei der Dubai Airshow im November flogen deshalb der britische Premierminister David Cameron und sein Verteidigungsminister Philip Hammond ein, um bei den Scheichs für den Typhoon zu werben. Hoffnungen macht man sich auf die Vereinigten Arabischen Emirate als neuen Kunden. Dort war die Dassault Rafale lange der Favorit, doch momentan wurdedie Dringlichkeit einer Kampfflugzeug-Beschaffung wohl deutlich reduziert. Chancen bieten sich wohl auch in Bahrain, in Kuwait und in Katar. Katar hat jedoch enge militärische Kontakte mit Frankreich. Es bleibt also schwierig.
FLUG REVUE Ausgabe 02/2014
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