Exakt zwei Jahre ist es her, dass im russischen Woronesch der neue Militärtransporter Il-112W zum Jungfernflug startete. Seitdem war der Prototyp kein zweites Mal in der Luft gewesen. Bis gestern: da hob die Il-112W wieder ab. Was hat sich in der Zwischenzeit getan?
Der 30. März 2019 war im Südwesten Russlands ein trübgrauer Spätwintertag. Auf dem Gelände des Flugzeugwerks WASO in Woronesch war die Laune an diesem Tag dennoch bestens: Denn der 30. März 2019 markierte den ersten Flug der Iljuschin Il-112W – jenes neu entwickelten Transporters, der in Russlands Armee die altgedienten Antonow An-26 bei taktischen Transportaufgaben beerben soll. Schon 2023 rechnen die Luftstreitkräfte mit den ersten Serienflugzeugen, der Beginn der Truppenerprobung der Il-112W soll im Laufe dieses Jahres starten.
30 Minuten in der Luft
Soweit, so gut – allerdings markierte der Erstflug der Il-112W im März 2019 mitnichten den Auftakt für eine umfangreiche Flugerprobung. Stattdessen verschwand der noch unlackierte Prototyp nach seiner Landung wieder im WASO-Hangar. Erst auf den Tag genau zwei Jahre später, am 30. März 2021, hob der Schulterdecker in Woronesch zu seinem zweiten Flug ab. Dieses Mal immerhin schon fertig lackiert und bei besserem Wetter, gesteuert von den Testpiloten Nikolai Kuimow und Dmitri Komarow, an Bord überwacht von Flugingenieur Nikolai Chludejew. Man habe "die Betriebsarten der Triebwerke, die Stabilität und Steuerbarkeit des Flugzeugs sowie den Betrieb seiner Hauptsysteme überprüft", teilte das Flugzeugbau-Konsortium UAC, zu dem Iljuschin gehört, im Nachgang des 30-minütigen Fluges mit.
Die Il-112W beim Start zum zweiten Flug am 30. März 2021 in Woronesch - dieses Mal bei Sonne.
Abgespeckt und optimiert
Warum aber vergingen zwischen dem ersten und dem zweiten Flug geschlagene zwei Jahre? Auch dafür liefert die staatliche Holding, Tochter des Rostec-Konzerns, eine Erklärung: Demnach unterzog Iljuschin die Il-112W nach ihrem Jungfernflug einer umfangreichen Optimierung. Man war mit dem Design offenbar nicht ganz zufrieden. Alle Flugzeugsysteme seien "verfeinert" worden, auch die Aerodynamik der Il-112W nahm man sich im WASO-Werk noch einmal zur Brust. Außerdem setzten die Programmbeteiligten den Transporter auf Diät: Für die Vorbereitung auf die Truppentests habe man das Gewicht der Il-112W reduziert, heißt es aus Russland. Wie genau das erfolgte, teilt UAC nicht mit.
Der Prototyp der Il-112W wurde zwischen seinem ersten und dem zweiten Flug umfangreich überarbeitet.
Serienbau soll bald starten
Auf jeden Fall soll dem zweiten Flug nun keine weitere zweijährige Pause folgen. Stattdessen wolle man die Il-112W tatsächlich zeitnah "in die Phase der Vorversuche" überführen, die Iljuschin zusammen mit den russischen Luftstreitkräften vornehmen wird. Gleichzeitig bereitet man sich bei WASO in Woronesch auf den Serienbau der Il-112W vor. Bis zu zwölf Flugzeuge pro Jahr sollen dort demnächst aus der Halle rollen. Zunächst geht es dabei ausschließlich um die Bedarfsdeckung für das russische Militär, das die neuen Maschinen sehnsüchtig erwartet. Mittelfristig plant Iljuschin jedoch auch eine zivile (Fracht-)version der Il-112W. Eine Variante für den Passagiertransport, wie sie sich etwa Juri Lapin wünscht, der Chef der Regionalfluglinie IrAero, ist derzeit nicht Gegenstand der Planungen.
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