Kurz nach dem zweiten Absturz einer Boeing 737 MAX in Äthiopien hat Boeing angekündigt, die Software der Boeing 737 MAX zu verbessern. Unterdessen setzen weltweit Airlines den Betrieb mit der MAX vorläufig aus.
Boeing teilte am Montag mit, die Software der Boeing 737 MAX werde überarbeitet. Dies sei eine Reaktion auf den Absturz von Lion Air Flug 610 im Oktober 2018. Man wolle damit ein bereits sicheres Flugzeug noch sicherer machen.
In mehrmonatiger Entwicklungsarbeit habe Boeing Updates für die Steuerungslogik des automatisches Trimmsystem MCAS konzipiert, verbesserte Cockpitanzeigen, Bedienungsvorschriften und Ausbildungsinhalte. Die neue Kontroll-Logik berücksichtige nun Anstellwinkelmessungen und begrenze die automatischen Höhenleitwerks-Trimmausschläge nach einem gestörten Anstellwinkelsignal. Damit blieben die manuellen Höhenruder wirksam. Boeing arbeite eng mit der Luftfahrtbehörde FAA zusammen, welche die neue Softwareversion wahrscheinlich ab April als Update (AD) vorschreiben werde. Boeing betonte, die FAA schreibe derzeit keine weiteren Änderungen vor.
Das Trimmsystem MCAS war bei der Boeing 737 MAX eingeführt worden, um das Flugverhalten der neuen, schwereren Flugzeuggeneration aus Sicht der Piloten möglichst ähnlich zu dem der Vorgängergeneration 737 NG zu halten. Die neue MAX hat größere, stärkere und schwerere Triebwerke als die NG, die weiter vorne und höher montiert sind. Beim Vollgasgeben nach einem Langsamflug ohne Klappen neigt die MAX zum starken Aufbäumen, gegen das die neue MCAS-Automatik starke Abwärts-Steuerkommandos über die Trimmung gibt, um einen dann drohenden Strömungsabriß zu vermeiden.
In Indonesien hatten die Piloten gegen diese immer stärker werdenden, automatischen Trimmkommandos angekämpft, die durch einen fehlerhafte Messsonde ausgelöst worden waren. Nach dem jüngsten MAX-Absturz in Äthiopien war der Verdacht aufgekommen, dass auch hier ein automatischer Trimmeingriff gegen den Willen der Piloten erfolgt sein könnte. Der Stimmenrekorder und der Datenschreiber konnten geborgen werden. Nähere Auswertungsergebnisse waren am Dienstagvormittag noch nicht bekannt. Augenzeugen in Äthiopien wollen vor dem jüngsten Absturz ungewöhliche Geräusche des Flugzeugs gehört und den Austritt von Rauch am Heck beobachtet haben. Wie zuverlässig diese Beobachtungen einzuschätzen sind, ist aber fraglich.
Derzeit fliegen, laut FAA, weltweit 387 Flugzeuge der Generation Boeing 737 MAX in den Versionen Boeing 737-8 und 737-9. Davon sind 74 Flugzeuge in den USA im Einsatz. Die FAA erklärte am Montag, sie untersuche die Flugsicherheit der Boeing 737 MAX in einem laufenden Prozess und habe Personal zur Untersuchung des Äthiopien-Absturzes abgeordnet. Die bisherigen Wartungsvorschriften und Funktionstestverfahren für die Anstellwinkelmesser der 737 MAX seien erneut geprüft worden und reichten aus. Im November durch die FAA zusätzlich erlassene Bedienvorschriften seien im Simulator praktisch getestet worden.
Damit bescheinigt die FAA der 737 MAX weiterhin die uneingeschränkte Lufttüchtigkeit. Mehrere andere Staaten, darunter Australien und China, haben den Flugbetrieb mit der Boeing 737 MAX bis zur weiteren Klärung ausgesetzt.
UPDATE:
Am Dienstagnachmittag hat auch die britische Luftfahrtbehörde CAA ein Verbot sämtlicher Passagierflüge im britische Luftraum für die Boeing 737 MAX erlassen. Starts, Landungen und Überflüge sind damit bis aus Weiteres verboten. Bisher habe man noch keine ausreichenden Informationen der Datenschreiber, deswegen ergehe die Flugsperre als Vorsichtsmaßnahme.
Aktuell befinden sich fünf Boeing 737 MAX im britischen Luftfahrtregister. Ein sechstes Flugzeug soll im Lauf dieser Woche hinzukommen. Für die eigentliche Zulassung der 737 MAX seien die amerikanische FAA und die europäische EASA zuständig, erklärte die britische Luftfahrtbehörde.
UPDATE 2:
Am Dienstagnachmittag erklärte auch die TUI Group, sämtliche Flüge aller Boeing 737 MAX 8 in der TUI Group auszusetzen. Damit wolle man Zeit gewinnen, um die Lage mit Hersteller und Behörden näher zu erörtern. TUI werde die Kunden ab Mittwoch über geplante Umbuchungen informieren.
Der Fernsehsender ntv meldete am Dienstagnachmittag, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer habe ein vorläufiges Flugverbot für alle Boeing 737 MAX in Deutschland angekündigt.
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