Präsidentenjets: "Fliegender Kreml" gegen "Air Force One"

Präsidentenjets im Vergleich
:
„Fliegender Kreml“ gegen „Air Force One“

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US-Präsident Biden und sein russischer Amtskollege Putin trafen sich zu Gesprächen in Genf. Natürlich reiste jeder mit seinem eigenen Flugzeug an. Doch welcher Jet macht mehr her? Bidens "Air Force One" oder Putins "fliegender Kreml" mit Fitnessraum an Bord?

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Wenn Staatschefs auf Reisen gehen, setzt sich neben den Protagonisten meist ein gigantischer Tross an Mensch und Material in Bewegung. Zumindest dann, wenn die Staatschefs aus den USA oder aus Russland kommen. Die beiden Großmächte lassen sich in solchen Fällen nicht lumpen und setzen auf die altbewährte Devise "Klotzen statt Kleckern". Man zeigt, was man hat – vom mitreisenden Personalstab über den präsidialen Auto-Fuhrpark bis hin zum Regierungsjet. Und der muss natürlich möglichst groß sein. Groß und mächtig.

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Zum Gipfeltreffen mit Joe Biden in Genf ließ Russlands Präsident Putin drei Il-96-300PU anreisen. In der dritten saß er selbst.

Wer hat den Größten?

In dieser Hinsicht ist Wladimir Putin klar im Nachteil, denn der Kreml-Chef zieht mit seiner Iljuschin Il-96-300PU deutlich den Kürzeren. Zwar ist der Großraumjet mit 55,3 Metern Länge, vier Triebwerken, 57,6 Metern Spannweite und 250 Tonnen Startmasse das Imposanteste, was Russlands Flugzeugbau derzeit für den Passagiertransport zu bieten hat. Doch gegen Bidens Boeing VC-25A, ein Derivat der 747-200, sind diese Dimensionen nur ein feuchter Abklatsch. Der im Volksmund als "Air Force One" bekannte Jumbo Jet ist 70,6 Meter lang, besitzt eine Spannweite von 59,6 Metern und ist beim Abheben fast 380 Tonnen schwer. Dazu kann sich der US-Präsident samt Entourage auf zwei Decks austoben, während Putin in der Il-96 nur das Hauptdeck zur Verfügung steht.

Vier gegen zwei

Ein kleiner Ausgleich für diese Scharte ist die schiere Zahl der Il-96-300, die Russlands Staatsspitze zur Verfügung stehen. Während Joe Biden nämlich nur auf eine von zwei VC-25A zurückgreifen kann, nennt die russische Regierungsflotte, eine Spezialabbteilung der Airline Rossiya, gleich zehn Il-96 in VIP-Ausführung ihr Eigen – wenngleich nur vier den erweiterten Präsidentenstandard Il-96-300PU ("Punkt Uprawlenija", russisch für "Kommandoposten") besitzen. Eine weitere Il-96-300, die für die Regierungsflotte bestimmt ist, hob im April 2021 zum Jungfernflug ab. Sie wird vermutlich ein älteres Schwesterflugzeug ersetzen.

Apropos Alter: Zumindest mittelfristig fliegt Russlands Staatschef in deutlich jüngeren Flugzeugen als sein Pendant jenseits des Großen Teichs: Die VIP-Iljuschins, zu Hause auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo, haben im Schnitt erst 13 Jahre hinter sich. Bidens VC-25A stehen dagegen schon seit 1990 im Dienst. Voraussichtlich 2025 werden sie von zwei VC-25B abgelöst – aufgerüstete 747-8I, die ursprünglich ausgerechnet für die russische Pleite-Airline Transaero gebaut wurden.

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Das kann der "fliegende Kreml"

Der Volksmund nennt die Iljuschin Il-96-300PU den "fliegenden Kreml". Und das ist nicht übertrieben. Von außen erkennbar an den zahlreichen Zusatz-Antennen auf der Rumpfoberseite, sind Russlands Präsidentenjets vollgepackt mit moderner Kommunikationstechnik – Kommandoposten eben.

Zu den Eigenheiten der Il-96-300PU gehört ferner eine spezielle Rettungsrutsche am Bug. Auch Störsender sollen im Repertoire des VIP-Jets inbegriffen sein. Außerdem besitzt der Großraumjet ein Raketenabwehrsystem. Eine Rettungskapsel soll den wichtigsten Mann an Bord im Krisenfall vor dem Schlimmsten bewahren. Solange dieser Krisenfall nicht eintritt, sitzt Präsident Putin unterwegs an seinem Hochglanz-Massivholz-Schreibtisch, trifft sich im Konferenzraum mit Regierungsmitgliedern, stählt sich im eigens für ihn eingerichteten Fitnessraum, nimmt anschließend eine Dusche und stärkt sich im Esszimmer mit einer Mahlzeit. Eine opulente Bar, ein Erste-Hilfe-Raum und ein separates Schlafgemach mit Doppelbett zählen ebenfalls zum Interieur, das insgesamt zwar vornehm und luxuriös, aber nicht übetrieben dekadent daherkommt. Wie auf Twitter-Bildern und in Youtube-Videos ersichtlich, dominieren cremefarbenes Leder, Holzdekor und dezente Goldverzierungen.

© White House

Zur Ausstattung der Boeing VC-25A gehört auch ein großer Konferenztisch, hier mit dem ehemaligen Präsidenten Obama.

Weißes Haus für unterwegs

Ähnlich, wenn auch einrichtungstechnisch etwas dunkler und schlichter, sieht es in den VC-25A der Amerikaner aus, die auf der nahe Washington D.C. gelegenen Andrews Air Force Base stationiert sind. Die Jumbo Jets besitzen vielfältige Kommunikationssysteme, eine eigenständige Gepäckladevorrichtung, ausfahrbare Treppen vorn und hinten und können – im Unterschied zu den Iljuschins – in der Luft betankt werden. Der US-Präsident verfügt über eine Executive Suite, die aus einer Kabine mit Umkleideraum, Toilette und Dusche sowie dem Büro besteht. Außerdem gibt es ein Konferenz- und Esszimmer. Weitere separate Bereiche sind für Gäste, Mitarbeiter, Sicherheitspersonal sowie Medienvertreter vorgesehen. Dazu kommen zwei Bordküchen und ein Abteil mit medizinischer Ausrüstung – darunter auch Blutkonserven für den Präsidenten. Auch die VC-25A verfügen des Weiteren über Raketenabwehrsysteme und eine präsidiale Rettungskapsel. Darüber hinaus sollen die Flugzeuge bei Atomexplosionen Schutz vor radioaktiver Strahlung bieten.

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