Die berühmte britische Kunstflugstaffel Red Arrows braucht ein neues Muster als Ersatz für die betagten Hawk-Trainer. Die ins Spiel gebrachte Leonardo M-346 sorgte allerdings bei Politikern und Regenbogenpresse für wütende Proteste – aufgrund ihres vermeintlich russischen Einflusses.
Die nicht gerade für Zurückhaltung bekannte Zeitung The Sun titelte bereits Anfang des Monats "Air Farce", und warf dem britischen Verteidigungsministerium vor, die die ikonischen Red-Arrows-Jets mit "russischen Flugzeugen zu ersetzen, die Putin liebt". Hintergrund ist die Suche nach einem Nachfolger der berühmten rot lackierten Hawks. Sie entsprechen dem T1-Standard, der bei der Royal Air Force ansonsten längst ausgemustert ist. Auch die Hawk T2 steht nicht zur Verfügung, da BAE Systems die Produktion mittlerweile eingestellt hat.
Der mögliche Kandidat M-346 Master des italienischen Unternehmens Leonardo hat allerdings unter den konservativen Politikern eine heftige Debatte ausgelöst. Sie entstammt nämlich einer Kooperation mit Jakowlew und ähnelt daher deutlich der Jak-130, die sich im Einsatz bei den russischen Streitkräften befindet. So sagte etwa der verteidigungspolitische Sprecher der Tories, James Cartlidge: "Wenn die Red Arrows ihre brillanten Flugvorführungen zeigen, stellen ihre rot-weiß-blauen Rauchstreifen den Union Jack dar – nicht die russische Trikolore".
Italienisch-russische Kooperation
In der Tat hatten sich in den 90er Jahren Aermacchi und Jakowlew bei der Entwicklung eines neuen Fortgeschrittenentrainers zusammengetan. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stellte die westliche Hilfe vor allem im finanziellen Bereich eine willkommene Unterstützung bei der Jak-130 dar. Im Wettbewerb für ein neues Schulungsflugzeug der russischen Streitkräfte setzte sich das am 25. April 1996 erstmals geflogene Muster gegen die MiG-AT von Mikojan durch (die ebenfalls auf westliche Partner vor allem aus Frankreich setzte). Allerdings beendeten Aermacchi und Jakowlew im Jahr 2000 ihre Partnerschaft und führten das Programm jeweils eigenständig fort. Die russische Seite erhielt rund 77 Millionen Dollar für die technischen Unterlagen.
Deutliche Unterschiede
Daher besitzt die mittlerweile von Leonardo gebaute M-346 zwar die äußerliche Auslegung der Jak-130, die Systeme sind aber komplett unterschiedlich. So dauerte es bis zum 15. Juli 2024, bis der erste italienische Prototyp zu seinem Erstflug starten konnte. Die äußerlichen Unterschiede liegen vor allem im Fahrwerk (gerade Fahrwerksbeine bei der Master, nach hinten versetzte Räder bei der Jak), in der Auslasssektion der Triebwerke und im Höhenleitwerk.
Verkaufserfolg
Die M-346 verbucht bis dato rund 150 bestellte Exemplare und befindet sich mittlerweile unter anderem in Griechenland, Israel, Italien, Katar, Polen und Singapur in Dienst. Auch Österreich hat sich für den Typ entschieden. In den USA bieten Leonardo und Textron die M-346N weiterhin als Trainer für die US Navy an. Dort könnte sie die auf der Hawk gründende T-45 Goshawk ersetzen. Das italienische Kunstflugteam Freece Tricolori rüstet ebenfalls auf die Master um.
Premierminister dementiert
Selbst der britische Premierminister Keir Starmer sah sich in der Angelegenheit zu einem Statement genötigt, dass es keinem Bezug der Traditionsstaffel zu Russland geben wird: "Ich kann Ihnen diese Garantie geben – es ist sehr, sehr wichtig, dass wir keinen russischen Einfluss bei den Red Arrows oder etwas anderes in dieser Hinsicht haben". Auch Leonardo wies deutlich darauf hin, dass die M-346 "in Europa streng gemäß den NATO-Standards entwickelt und gebaut wird". Allerdings scheint die Aufregung umsonst, den laut Starmers Sprecher laufe derzeit gar kein Beschaffungsprogramm für ein neues Muster der Red Arrows. Der Einsatz der Hawk T1 ist schließlich bis ins Jahr 2030 gesichert. Die Red Arrows sind übrigens bereits zwei Mal in Russland aufgetreten: nach der Premiere 1990 zuletzt im August 2012.
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.