Bekommt die Türkei jetzt doch die F-35 Lightning?
Seit nunmehr sechs Jahren dämmern sechs F-35-Kampfjets in den USA vor sich hin. Sie sind eigentlich für die Türkei bestimmt, doch der Deal platzte. Nun scheint jedoch wieder Bewegung in die Sache gekommen zu sein. Gleichzeitig erhält die US-Industrie einen herben Dämpfer.
Als Partner im F-35-Programm hatte sich die Türkei nicht nur an der Entwicklung des Stealth-Jets beteiligt, sondern wollte auch 100 Exemplare kaufen. Sie sollten größtenteils im eigenen Land in Lizenz entstehen. Doch es kam anders. Zwar startete die erste Maschine am 30. Juni 2018 zu ihrem Erstflug, und die ersten türkischen Lightnings begannen mit der Pilotenschulung auf der Luke Air Force Base in Arizona. Aber der Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400 sorgte für diplomatische Verstimmungen, die schließlich zum Ausschluss der Türkei aus dem F-35-Programm führten. Die sechs fertiggestellten Flugzeuge wurden in den USA eingelagert. Zwischenzeitlich gab es sogar Meldungen, sie könnten an Konkurrenten Griechenland gehen.
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Bewegung durch F-16-Auftrag?
Neben dem im eigenen Land entwickelten Kaan-Kampfflugzeug setzt die Türk Hava Kuvvetleri weiter auf die F-16. Vor kurzem haben die USA nach längerem Hickhack den Weg frei für den Export von 40 Exemplaren der modernen Block-70-Variante plus 79 Upgrade-Sätzen gegeben. Scheinbar haben die USA im Umfeld dieses Auftrages ihre ablehnende Haltung zu einem F-35-Verkauf überdacht. Zumindest deutete dies der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler an.
Kaufangebot eingereicht
Im türkischen Parlament sprach er während einer Sitzung des Plan- und Haushaltsausschusses am 26. November auch das Lightning-Thema und die USA an: "Wir haben dort sechs Flugzeuge vom Typ F-35. Als sie nun sahen, dass wir Kaan bauen, änderten sie ihre Meinung. Sie meinten aus, dass sie sie (die F-35, Anm. d. Red.) liefern können." Aber es dürfte um mehr als nur die sechs vermutlich auf der Edwards Air Force Base eingelagerten Jets gehen. "Wir haben unser Angebot zum Kauf der US F-35 erneut eingereicht", sagte Güler. "Wir bestehen darauf, unseren Produktionsanteil wiederherzustellen", erklärte er zudem und nannte die Zahl von 40 F-35. Gerüchten zufolge will die Türkei außerdem 20 Exemplare der F-35B erwerben. Die Kurzstart- und Senkrechtlande-Version (STOVL) käme dann auf dem amphibischen Angriffsschiff TCG Anadolu zum Einsatz.
Die Türkei will statt der 79 Upgrade-Sätze aus den USA die Fighting Falcons von der eigenen Luftfahrtindustrie modernisieren lassen.
Verzicht auf F-16-Upgrade
Auf der anderen Seite will Guler auf den Kauf der 79 Umrüstsätze verzichten. Stattdessen soll Turkish Aerospace Industries (TUSAS) die Moderniserung mit eigenen Entwicklungen vornehmen. Die Türkei hat bereits eigene Verbesserungen für die F-16 durchgeführt, wie zum Beispiel das Özgün-Avionik-System von AELSAN, das unter anderem den US-Missions-Computer ersetzt. Auch ein eigenes AESA-Radar mit elektronischer Strahlschwenkung existiert schon mit dem MURAD für den Kaan. Welche Auswirkungen die Strategier-Änderung auf die Causa F-35 hat, bleibt abzuwarten.
Stein des Anstoßes war das russische Flugabwehrsystem S-400, das die Türkei bis dato nicht wirklich eingesetzt hat.
Russisches System sorgt für Eklat
Sollte die Lightning doch eintreffen, käme ein viertes Muster ins Inventar – wenn die Türkei bei der ebenfalls geplanten Beschaffung von bis zu 40 Eurofightern bleibt. Allerdings hängt die Lieferung des Stealth-Typs weiterhin von dem Umgang der Türken mit dem S-400-System ab. "Die Türkei kann kein russisches Informationssammelsystem in der Nähe von Orten einrichten, an denen ... F-35 stationiert sind", hatte schon damals die Unterstaatssekretärin für Beschaffung und Betrieb Ellen M. Lord gesagt. "Ein Großteil der Stärken der F-35 liegt in ihren Tarnfähigkeiten. Die Fähigkeit, diese Eigenschaften zu vermessen, würde also die langfristige Sicherheit des F-35-Programms gefährden. Wir wollen die Sicherheit der F-35 schützen."
Was passiert mit dem S-400-System?
Zwischenzeitlich hatten sich die USA gesprächsbereit gezeigt, falls die Türkei das S-400 übergibt oder zumindest in den von den USA überwachten Raum um Incirlik verlegt. Dies hatte die türkische Führung aus Gründen der Souveränität bis dato verweigert. Zudem erhob das russische Außenministerium Kritik an einem solchen Transfer. Zumindest in dem im August beschlossenen neuen Luftverteidigungskonzept mit dem Namen "Stahldom" taucht das russische Produkt nicht mehr auf. Angeblich sind die Einheiten sowieso seit längerem eingelagert – genauso wie die für die Türkei bestimmten Lightnings. Mittlerweile fordern die USA einen zweistelligen Millionenbetrag für die kontinuierliche Wartung der sechs F-35, die seit sechs Jahren vor sich hindämmern. Dafür ist jedenfalls laut Güler die erste Zahlung für die neuen Fighting Falcons bereits erfolgt.
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