Die Jagd nach Europas letzten MiG-21: Roadtrip nach Zagreb

Spotter-Roadtrip nach Zagreb
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Die Jagd nach den letzten MiG-21 Europas

© Patrick Zwerger 26 Bilder

1.600 Kilometer mit dem Auto. Vier Länder, acht Stunden hin und acht zurück. Reisedauer insgesamt 22 Stunden. Alles nur, um ein einziges Flugzeug zu sehen. Verrückt? Auf jeden Fall! Aber es ging ja auch nicht um ein x-beliebiges Flugzeug. Und es wurden sogar zwei.

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Franjo Tuđman-Airport Zagreb, 23. März 2024, kurz nach 14 Uhr. Die Sonne knallt uns grell-gleißend mitten ins Gesicht. Haben wir Deppen uns doch tatsächlich voll ins Gegenlicht gestellt! Und das auch noch mit Absicht. Denn genau hier, hier am Flughafenzaun, wollen wir sie treffen: eine von fünf noch fliegenden MiG-21 in Europa, die in Zagreb stationiert sind. Extra dafür sind wir heute Morgen, um 4 Uhr in der Früh, in Stuttgart losgefahren. Für 14:30 ist ihr Start angekündigt. Die Küstenstadt Pula erwartet ihren Besuch, in Gestalt eines Überflugs beim Flughafenfest. Und wir? Warten gespannt am Zaun, die Kameras im Anschlag. Gleich muss sie kommen...

© Patrick Zwerger

Die Idee, die letzten MiG-21 in Zagreb zu besuchen, hatten wir schon länger. Doch erst jetzt wird aus "man sollte", "man könnte", "man müsste" ein "los geht's!"

Eine MiG am Horizont

"Da hinten rollt sie!", ruft plötzlich der Kollege Patrick Hoeveler und springt auf seine Leiter. Ich springe nach – und linse über den Stacheldraht. Tatsächlich: Am hitzeflimmernden Horizont taucht – klar erkennbar – die Silhouette einer hellgrauen MiG-21 auf, die sich von ganz hinten, vom anderen Ende des Airports auf uns zu bewegt. Oder doch nicht? "Scheiße, die rollt in die falsche Richtung!", entfährt es mir, wie vom Blitz getroffen. Um mich nur Sekunden später erleichtert selbst zu korrigieren: "Ah nein, doch nicht, kommt zu uns." Klar. Alles andere wäre auch unlogisch, bei dem starken Wind heute. Startrichtung 22, eindeutig. Durchatmen!

© Patrick Hoeveler

Die beiden MiG-21bisD, die sich in Zagreb zeigen, tragen die Bordnummern 116 und 117.

Und noch eine MiG!

Und dann fallen der Kollege und ich beinahe von der Leiter – nicht (nur) wegen des Windes, sondern vor Freude: "Da hinten kommt noch 'ne Zweite. Es sind zwei! Zwei Einsitzer!" "Ja, Mann, Jackpot!" Zum x-ten Mal checke ich die Einstellungen meiner Kamera, blinzle durch den Sucher. Mit respektablem Tempo bahnen sich die beiden MiGs ihren Weg über den Taxiway, der genau vor uns in einer großzügigen Linkskurve zur Startbahn führt. Der Wind vertreibt das Hitzeflimmern, die Sicht ist klar, rasch anschwellende Klangkulisse. Nur noch wenige Sekunden – und schon ist der erste Jet in Schussweite.

© Patrick Zwerger

Mit einem lauten Knall zündet der Nachbrenner des Tumanski R-25-Turbojets.

MiG-21 unter Dauerfeuer

"Klick-klick-klick-klick-klick" – der rechte Zeigefinger presst sich auf den Auslöser. Dauerfeuer! Unbeeindruckt und in Windeseile flitzt die MiG, Kennzeichen 116, an unserem Zaun vorbei. Während sie sich auf der Runway zum Start aufreiht, setzt sich vor uns die Schwestermaschine 117 in Pose. Doch nur Momente später gilt unsere Aufmerksamkeit wieder voll der 116 – weil die mit einem markerschütternden "Pouw!" den Nachbrenner ihres Tumanski R-25-Triebwerks zündet und sich direkten Weges Richtung Himmel verabschiedet. Junge, was für ein Knall!

© Patrick Zwerger

Vor der Landung zeigen sich die MiG-21 in einem gemeinsamen tiefen Überflug.

Ruhe – aber nicht lange

Die zweite MiG-21 wiederholt das Schauspiel. Noch einmal macht es "Pouw!" Flammen zucken aus dem Heck. Vollgas, ab die Post! Dann kehrt am Tuđman-Airport wieder Ruhe ein. Nur der Wind bläst uns weiter rauschend um die Ohren.

Als beide Jets rund eine Stunde später von Osten kommend wieder auftauchen, im tiefen Überflug einmal gemeinsam über das Gelände brettern und anschließend, nach enger Platzrunde, in kurzer Folge zur Landung einschweben, ist die Sonne zwar wieder hinter den vorbeiziehenden Wolken verschwunden. Aber dafür strahlen unsere Gesichter fast wie die von kleinen Jungs an Weihnachten. Was für ein Erlebnis! Wir haben sie tatsächlich gesehen (und gehört), live und in Farbe. Das frühe Aufstehen hat sich jedenfalls gelohnt.

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Heimfahrt mit Hindernissen

Man hätte jetzt den Tag gemütlich bei Bier und Ćevapčići in der City von Zagreb ausklingen lassen können. Verdient gehabt hätte es die Stadt allemal, denn Zagreb ist immer eine Reise wert. Aber das Zeitfenster unseres Aufenthalts vor Ort ist leider knapp bemessen, wir müssen zurück. Ein kurzer Halt noch am nahegelegenen Gelände des Luftfahrtinstandsetzungsbetriebs ZTZ in Velika Gorica, wo eine längst stillgelegte MiG-21 als Fotomodell lockt. Dann düsen wir mit unserem Kombi wieder in Richtung Heimat – entscheiden uns mitten in Slowenien, in Novo mesto, aber dann doch noch dazu, den kulinarischen Aspekt des Trips ein wenig mehr ins Rampenlicht zu rücken.

© Patrick Hoeveler

Viel Fleisch, viel Zwiebeln, viel Sitzen - es gibt bessere Kombinationen. Geschmeckt hat's aber trotzdem...

Den Gedanken, dass der Riesenhaufen Zwiebeln zu dem Riesenhaufen Fleisch, den man uns dort serviert, das Klima im Auto bei der weiteren Heimfahrt nachhaltig beeinflussen könnte, schieben wir süffisant zur Seite. Die Wirklichkeit holt uns erst ein, als wir im spätabendlichen Regen-Schnee-und-Nebel-Blindflug über Österreichs Tauernautobahn kacheln – und aus Gründen, die wir hier nicht näher aufführen möchten, zu dem Schluss kommen, dass ein gemischter Salat im Nachhinein vielleicht doch die klügere Wahl gewesen wäre.

Aber sei's drum. Immerhin kommen wir – wenn auch todmüde – um kurz nach halb 2 in der Nacht nach acht Stunden Fahrt sicher zu Hause an. Und das ist das Wichtigste.

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