NASA und DARPA haben den US-Konzern als Hauptauftragnehmer ausgewählt. Der Demonstrationsflug ist für 2027 geplant.
Die beiden US-Regierungsbehörden haben im Januar angekündigt, gemeinsam einen nuklear-thermischen Raumfahrtantrieb im Weltall testen zu wollen. Die US-Militärforschungsbehörde DARPA arbeitet bereits seit 2021 an dem Projekt namens "Demonstration Rocket for Agile Cislunar Operations" (auf Deutsch: Demonstrationsrakete für agilen cislunaren Betrieb; DRACO). Am Mittwoch wurde nun Lockheed Martin mit dem Entwurf, Bau und Test eines experimentellen Raumfahrzeugs mit einem nuklear-thermischen Antrieb beauftragt. Der Auftrag hat einen Gesamtwert von 499 Millionen US-Dollar, die zu gleichen Teilen von NASA und DARPA kommen.
In nuklear-thermischen Antrieben kommt ein Kernreaktor zum Einsatz. Mit der damit erzeugten Hitze wird der Treibstoff an Bord, im Fall von DRACO flüssiger Wasserstoff, auf mehr als 2000 Grad Celsius aufgeheizt, bis er gasförmig wird und sich ausdehnt. Das heiße Gas wird über die Düse beschleunigt und erzeugt Schub. "Eine NTR [nuklear-thermische Rakete; d. Red.] erreicht einen hohen Schub ähnlich einem chemischen Antrieb im Weltraum, ist aber zwei- bis dreimal effizienter. Mit einer erfolgreichen Demonstration könnten wir die Möglichkeiten der Menschheit, schneller und weiter in den Weltraum vorzudringen, erheblich verbessern und den Weg für den künftigen Einsatz aller spaltungsbasierten nuklearen Raumfahrttechnologien ebnen", so Dr. Tabitha Dodson, DRACO-Programmmanagerin der DARPA.
Das experimentelle Raumfahrzeug namens X-NTRV soll etwa so groß sein wie die Oberstufe einer typischen Trägerrakete, so Dodson bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die mehrmonatige Mission führt X-NTRV in einen niedrigen Erdorbit zwischen 700 und 2000 Kilometer. Das Raumfahrzeug soll dabei keine Manöver durchführen, es geht vielmehr um den Betrieb des Kernreaktors.
In 120 Tagen zum Mars
Lockheed Martin arbeitet für DRACO mit BWX Technologies zusammen. Das Unternehmen aus Lynchburg, Virginia, entwickelt und baut den Kernreaktor für den Antrieb. Die DARPA verwendet nach eigenen Angaben einen neuen Brennstoff dafür: HALEU (High-Assay Low-Enriched Uranium), das mit bis zu 20 Prozent spaltbarem Uran-235 angereichert ist. Bisherige Kernreaktoren nutzen Brennstoff, der mit bis zu fünf Prozent Uran-235 angereichert ist. Das System soll so konstruiert sein, dass der Reaktor des Triebwerks ausgeschaltet bleibt, bis es seine vorgesehene Umlaufbahn erreicht.
Nach Angaben der NASA würden solche Antriebe bemannte Flüge zum Mars beschleunigen und damit die Missionskomplexität und das Risiko für die Crew verringern. Ein Flug zum Mars dauert mit herkömmlicher Antriebstechnik rund 260 Tage, mit nuklearem Antrieb könnte die Zeit nach Angaben der NASA auf rund 120 Tage reduziert werden. "Diese Demonstration wird ein entscheidender Schritt sein, um unsere Mond-zu-Mars-Ziele für bemannten Transport in den tieferen Weltraum zu erreichen", sagte die stellvertretende NASA-Administratorin Pam Melroy. Das Militär interessiert sich für Nuklearantriebe wegen ihrer potenziell größeren Manövrierfähigkeit im Bereich zwischen Erde und Mond. Wegen der größeren Treibstoffeffizienz im Vergleich zu chemischen Antrieben seien aggressivere Flugbahnen sowie kreative Zündungsprofile möglich, um schwere Fracht zwischen Erde und Mond zu bewegen, so Dodson im Januar.
Die NASA ist verantwortlich für den Nuklearreaktor, die DARPA für das Raumfahrzeug und die gesetzlichen Genehmigungen. Die US Space Force stellt die Trägerrakete – Falcon 9 oder Vulcan Centaur – zur Verfügung, die das experimentelle Raumfahrzeug 2027 ins All bringen soll.
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