Der europäische Startdienstleister zieht Konsequenzen. Die russische Raumfahrtbehörde provoziert weiter.
Die vom europäischen Startdienstleister Arianespace und dem europäisch-russischen Unternehmen Starsem durchgeführten Sojus-Flüge werden auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Das teilte Arianespace am Freitag mit. Man respektiere mit großer Gewissenhaftigkeit die Sanktionen, die von der internationalen Gemeinschaft nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine beschlossen wurden. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos hatte kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine angekündigt, ihr Personal von Kourou abzuziehen.
Die Nutzung von Sojus-Raketen am europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana, die nach dem Ende der Sowjetunion begonnen habe, sei bis heute von Erfolg gekrönt gewesen. "Durch die einseitige Entscheidung von Roskosmos jedoch, sich vom CSG [Centre Spatial Guyanais; d. Red.] zurückzuziehen und alle Starts von Europas Spaceport abzusagen, wird sie nun in Frage gestellt", heißt es in einer Pressemitteilung von Arianespace. Im April hätten zwei Galileo-Satelliten mit einer Sojus-Rakete von Kourou aus starten sollen. "Die Sojuz-Trägerraketen und die Galileo-Satelliten wurden vor Ort in Sicherheit gebracht", so Arianespace.
Zukunft der Sojus schon vor Ukraine-Krieg ungewiss
Am 4. März hätte eine Sojus-Rakete (Flug ST38) von Baikonur aus starten und 36 OneWeb-Satelliten ins All bringen sollen. Roskosmos hatte zuvor gefordert, dass sich die britische Regierung aus dem privaten Satellitenkommunikationsdienstleister zurückzieht und dass OneWeb zusichert, dass die Satelliten nicht militärisch genutzt werden. Daraufhin hatte der OneWeb-Vorstand entschieden, alle Starts von Baikonur aus abzusagen. Der britische Staat war 2020 in das Start-up eingestiegen, um es vor der Pleite zur retten. Was nun mit den OneWeb-Satelliten in Baikonur passiert, ist unklar.
Für 2022 waren vier Sojus-Starts von Kourou aus geplant, 2023 weitere zwei. Bereits vor dem Ukraine-Krieg war unsicher, wie es für die mittelschwere Rakete danach weitergeht, da dieses Jahr mit der upgedateten Vega-C und der Ariane 6 zwei neue europäische Trägerraketen in Dienst gehen sollen. Bei einer Pressekonferenz Anfang Januar hatte Arianespace-Chef Stéphane Israël gesagt, man führe Gespräche mit den russischen Partnern, um zu sehen, ob es über 2023 hinaus einen Business Case für die Sojus gebe.
Provozierendes Video von Roskosmos
Auch bei der Kooperation in Sachen Internationaler Raumstation ISS setzt Russland auf weitere Eskalation. Am Wochenende hatte der russische Regierungssender RIA Novosti ein bizarres, von Roskosmos produziertes Video auf Telegram gepostet. Es zeigt, wie russische Kosmonauten sich von NASA-Astronaut Mark Vande Hei verabschieden und das russische Segment von der ISS abkoppeln. Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin hatte schon am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine damit gedroht, die ISS auf die USA oder Europa abstürzen zu lassen. Der Raumfahrt-Blog NASA Watch hatte zuerst darüber berichtet.
Der US-Amerikaner Mark Vande Hei soll Ende März nach einem Jahr auf der ISS mit einer russischen Sojus-Kapsel zur Erde zurückkehren. Er war zusammen mit zwei russischen Kosmonauten im April 2021 ebenfalls mit einer Sojus-Kapsel zur Raumstation geflogen.
Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen FLUG REVUE eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.