Diese 747-8 flog nur 18 Mal - jetzt wird sie geschlachtet

Nach 42 Flugstunden
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Diese 747-8I flog nur 18 Mal - jetzt wird sie geschlachtet

© Boeing 28 Bilder

Fast zehn Jahre lang stand sie untätig auf dem Flughafen Basel in der Schweiz herum. Im April flog die Boeing 747-8I mit dem Kennzeichen N458BJ dann endlich wieder – aber nur ein einziges Mal. Jetzt wird sie in Arizona zerlegt. Nach nur 42 Flugstunden.

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Sie suchen nach einem Paradebeispiel für Maßlosigkeit und Verschwendung? Bitteschön, hier hätten wir eins: Die Boeing 747-8I mit dem Kennzeichen N458BJ hat in den gut zehn Jahren ihres irdischen Daseins gerade einmal 42 Flugstunden gesammelt, trotzdem endet sie jetzt auf dem Pinal Airpark in Arizona sang- und klanglos als Teilespender.

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Triebwerke und Ruder fehlen

Die Leichenfledderei ist bereits voll im Gange: Jüngste Aufnahmen zeigen den Jumbo-Jet mit Löchern in der Rumpfverkleidung, ohne Seiten- und Höhenruder. Die Frachtraumtüren hängen lustlos herunter, an den Tragflächen fehlen Klappen, die vier GEnx-Turbofans, jeder einzelne 296 kN stark, weilen ebenfalls schon an einem besseren Ort. An der N458BJ blieben nur die Triebwerksgondeln als leblose Hüllen. Es scheint mehr als deutlich: fliegen wird diese 747-8I nie wieder.

Damit sorgt die glücklose Maschine mit der Seriennummer MSN 40065 für eine traurige Premiere: Sie ist das erste Exemplar der modernsten 747-Variante, das abgewrackt wird. Nach insgesamt nur 18 Flügen, den Jungfernflug im Mai 2012 mit eingerechnet. Wie konnte das passieren?

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Ein Jet, den keiner will

Das Schicksal der N458BJ ist ein typischer, tragischer Fall von schlechtem Timing. Denn eigentlich war dem Flugzeug eine gar rosige Zukunft vorbestimmt gewesen. Bestellt von der Regierung Saudi-Arabiens, hätte die 747-8I als neues Flaggschiff der VIP-Flotte durchstarten sollen. Boeing baute das Flugzeug plangemäß, ein Vertrag zur Kabinenausstattung mit der in Basel ansässigen Firma Jet Aviation war ebenfalls schon in trockenen Tüchern. Doch dann segnete der saudische Kronprinz, Sultan ibn Abd al-Aziz, Ende 2011 das Zeitliche – und der geplante VVIP-Jumbo war plötzlich ein Klotz am Bein des Königshauses.

© Boeing
747-Endmontage in Everett Boeing baut den letzten Jumbo

"Karriere" als Geisterflugzeug

Tatsächlich strichen die Saudis den Vierstrahler kurz darauf von ihrer Einkaufsliste. Die N458BJ ging 2012 ins Eigentum der Bank of Utah über. Die schickte ihre Neuerwerbung schließlich doch nach Basel – doch der Einbau des Luxus-Interieurs in das schneeweiße Flugzeug fand nie statt. Der Vertrag mit Jet Aviation wurde annulliert, der Jumbo für den Schnäppchenpreis von 95 Millionen US-Dollar zum Verkauf ausgeschrieben. Doch niemand wollte ihn haben. Als "Geisterflugzeug" fristete er die folgenden knapp zehn Jahre auf dem Basler Euro-Airport und zählte dort schon fast zum Inventar – bis er im Frühjahr 2022 wachgeküsst wurde und, neun Tage nach einem zweistündigen Testflug, am 15. April Richtung Arizona entschwand. Dort steht er nun, verschwindet Stück für Stück ein bisschen mehr – und es drängt sich die Frage auf: Hätte man mit dem Flieger nicht doch noch etwas Besseres anfangen können?

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