Lotse verhindert Beinahe-Crash in JFK

Startfreigabe widerrufen
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Lotse verhindert Beinahe-Crash in JFK

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Ein aufmerksamer Fluglotse, der in letzter Sekunde eine Startfreigabe widerrief, hat am New Yorker Flughafen JFK womöglich eine Tragödie verhindert. Dort wäre am Freitag beinahe eine Boeing 737 beim Start mit einer 777 kollidiert, die irrtümlich auf die aktive Runway gerollt war.

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US-Behörden haben eine Untersuchung zu dem Beinahe-Unfall am New Yorker John F. Kennedy International Airport eingeleitet. Eine Boeing 777-200 der American Airlines war beim Rollen irrtümlich auf eine Runway abgebogen. Dort startete gerade eine Boeing 737 der Delta Air Lines. Sie konnte gerade noch bremsen und einen Zusammenstoß verhindern. Ein aufmerksamer Fluglotse hatte in letzter Sekunde die Startfreigabe widerrufen. Die Delta-737 kam weniger als 300 Meter vor der 777 zum Stehen.

Falsch abgebogen

Die American Airlines Boeing 777-200 mit der Registrierung N757AN hatte ihre Rollfreigabe für ihren Flug nach London Heathrow erhalten. Funkmitschnitte und die Bewegungsdaten der beiden Flugzeuge ergaben: Die American-Airlines -Maschine war ihrer Rollfreigabe nicht korrekt gefolgt. Statt die Landebahn 31L zu kreuzen, hatte sie versäumt, nach den Anweisung des Lotsens dem Taxiway K nach rechts zu folgen und war stattdessen über den Taxiway J in die aktive Runway 4L gerollt. Dort war die Boeing 737 der Delta Air Lines gerade zum Start angerollt.

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"Shit..." – Ein kurzer Fluch ist in den Funkmitschnitten zu hören, dann widerruft der Lotse die Startfreigabe, die er gerade eben gegeben hatte: "Delta 1943, cancel takeoff clearence." Als die 737 den Start abbrach, war die Maschine nach Flugdatenaufzeichnungen bereits 104 Knoten schnell.

Untersuchung eingeleitet

Eine mögliche Erklärung für den Irrtum der 777-Crew ist ein Missverständnis, das durch die Bezeichnung der Runway entstanden sein könnte: Die 777 hatte die Rollfreigabe "Kreuzen Sie Startbahn 31L (Links) bei (Rollweg) Kilo" erhalten. Dort angelangt, bog sie nach links ab, statt nach rechts die Startbahn 31L zu überqueren. In der englischen Sprechfunkterminologie klingen die Freigabe und der tatsächliche Weg der 777 sehr ähnlich: "Cross Runway 31 Left at Kilo" – "Cross Runway 31, (turn) left at Kilo." Ob dies ein Grund für den Fehler der 777-Crew war, wird die nun eingeleitete Untersuchung ergeben.

© FAA

Vier sich kreuzende Runways und zahllose Rollwege machen den New Yorker Flughafen JFK zu einem anspruchsvollen Airport.

Besonders in den Kreuzungsbereichen der Runways großer Flughäfen sind die Rollwege zudem oftmals sehr unübersichtlich angelegt. Die Luftfahrtbehörde FAA weist dehalb auf den veröffentlichten Flughafendiagrammen auf besonders gefahrenträchtige "Hot Spots" hin.

Ihren Fehler hätte die Crew nicht nur deswegen rechtzeitig bemerken können. Einmündungen zu Startbahnen sind mit roten Hinweisschildern und Bodenmarkierungen gekennzeichnet, auf denen auch die Bezeichnungen der jeweiligen Runways angegeben sind. Zudem warnen Lichtzeichen am Boden davor, auf eine aktive Runway zu rollen.

© FAA

Rote Schilder mit der Landebahnbezeichnung machen am Flughafen Kreuzungen zu Runways kenntlich.

Die Crew der American Airliner-777 startete kurze Zeit nach dem Zwischenfall von Runway 31L zu ihrem Flug nach London. Die Boeing 737 rollte nach dem Startabbruch dagegen zum Gate zurück. Erst am nächsten Morgen ging es für die Delta-Crew nach Santa Domingo weiter. Warum die Crew sich gegen einen sofortigen Weiterflug entschieden hat, wird die offizielle Untersuchung des Beinahe-Crashs ergeben. Mögliche Gründe bei einem derartigen Startabbruch sind Wartungsmaßnahmen, die nach einer Vollbremsung nötig werden können, oder die Überschreitung der Flugdienstzeiten der Crew durch die entstandene Verzögerung. Womöglich hielten es die Piloten nach dem Schreck auch für vernünftiger, erstmal nicht weiterzufliegen.

Nicht der erste Zwischenfall

Schon 2020 war es an derselben Stellen des Airports zu einem ähnlichen Beinahe-Crash gekommen. Damals hatte eine Boeing 757 der Delta Air Lines nach der Landung die Piste 22R überquert, obwohl sie vom Lotsen angewiesen wurde, an der Runway zu halten. Eine andere 757 derselben Fluggesellschaft musste daraufhin ihren Start abbrechen. Derartige Vorfälle sind meist die Folge einer längeren Fehlerkette. Wie auch in diesem Fall: Der Kapitän der rollenden Maschine äußerte kurz nach dem Ereignis am Funk, er sei sich sicher gewesen, eine Freigabe erhalten zu haben. Der Lotse hatte seinerseits nicht wie vorgeschrieben abgewartet, bis der Pilot seine Anweisung zur Bestätigung wiederholt.

Solche Ereignisse erinnern an den Unfall zweier Boeing 747, die im März 1977 auf der Startbahn des Flughafens Los Rodeos der Kanareninsel Teneriffa zusammenstießen. Eine 747 der niederländische KLM hatte den Start begonnen, ohne eine Freigabe abzuwarten. Doch auf der Runway befand sich noch ein Jumbo der US-amerikanischen Pan Am, der kurz zuvor die Anweisung bekommen hatte, auf der Bahn zum Abflugpunkt zu rollen. Wegen Nebels konnten sich weder die Crews gegenseitig sehen, noch war der Lotse im Tower in der Lage, die Positionen der beiden Maschinen erkennen. Mit 583 Opfern ist der Crash der beiden Jumbos das schlimmste Unglück der Luftfahrtgeschichte.

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