Sie war die letzte Avro Vulcan, die den Himmel bevölkerte. Und nun könnte sie – für einen einzigen Flug – an selbigen zurückkehren. Denn die Vulcan mit der Kennung XH558 muss ihre Heimat Doncaster verlassen. Und zur Wahl stehen nur zwei Optionen: zerlegen oder fliegen.
Das Jahr 2022 war für den britischen "Vulcan to the Sky Trust" (VTST) ein Jahr voller Hiobsbotschaften. Die private Stiftung ist Eigentümer der Avro Vulcan XH558 – jenes Flugzeugs, das von 2007 bis 2015 als letztes seiner Art am Himmel zu sehen war. Der VTST hatte den wuchtigen Deltabomber mithilfe von Spenden und Lotterieeinnahmen, ihn restauriert und wieder flugbereit gemacht. Und als die Lebensdauer der Triebwerke für einen sicheren Flugbetrieb erschöpft war, die Unterstützer aus der britischen Luftfahrtindustrie sich zurückzogen und der Flugbetrieb aus diesem Grund Anfang 2016 offiziell eingestellt wurde, begeisterte die letzte Vulcan an ihrem Heimatstandort, dem Doncaster Sheffield Airport in South Yorkshire, in der Folgezeit bei zahlreichen Events am Boden ihre Fans.
Die XH558 ist bis heute eine von drei verbliebenen Vulcan-Bombern im rollfähigen Zustand. Das Ziel, dem Flugzeug einen eigenen Hangar nebst Besucherzentrum zu bauen, musste der VTST indes im Februar 2022 aufgeben. Und nun kommt sogar das endgültige Aus in Doncaster: Der Flughafen wird wegen fehlender Wirtschaftlichkeit geschlossen, und auch der VTST muss gehen. Samt Vulcan.
Seit ihrem letzten Airshow-Flug im Oktober 2015 weilt die XH558 in rollfähigem Zustand am Flughafen Doncaster. Von dort muss sie aber bis Juni 2023 verschwinden.
Neue Heimat gesucht
Bereits im Sommer erfuhr der Trust laut Angaben des Kuratoriumsvorsitzenden John Sharman davon, dass die Aktivitäten der Stiftung in Doncaster – ebenso wie der Airport selbst – keine Zukunft haben. Die aktuelle Vereinbarung laufe noch bis Juni 2023, solange könne die Vulcan weiter am Flughafen parken und auch der Zugang von Vereinsmitgliedern, Freiwilligen sowie externen Besuchern bleibe gewährleistet. "Wir waren sehr traurig über die Neuigkeiten bezüglich der strategischen Überprüfung des Flughafens und unsere Gedanken sind bei den dortigen Mitarbeitern, die sich nun Sorgen um ihre Zukunft machen", unterstrich John Sharman in einer VTST-Stellungnahme. Nichtsdestotrotz werde man nicht aufgeben, sondern habe bereits die Fühler nach möglichen Alternativstandorten ausgestreckt und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat für die letzte Vulcan begeben.
Im August sprach der VTST noch von zwei möglichen Standorten, mit denen man Gespräche führe. Nun, im Herbst, scheinen sich die Bemühungen auf nur noch einen Ort zu konzentrieren. Welcher genau das ist, darüber hüllt sich die Stiftung noch in Schweigen, betont allenfalls: "Wir glauben, dass wir kurz davor stehen, eine Vereinbarung mit einem Vermieter zu treffen (...). Sobald wir weitere Einzelheiten mitteilen können, werden wir dies tun."
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Noch ein allerletzter Flug?
Klar ist aber schon jetzt, dass die Verlegung der XH558 in ihre neue Heimat eine logistische Herausforderung wird. Für einen Transport auf dem Landweg müsste die Vulcan in Doncaster erst zerlegt, die Teile auf Lkw verladen und an ihrem Zielort schließlich wieder aufwendig zusammengesetzt werden. Der VTST prüft deshalb auch noch eine andere Option – und die käme, sollte sie tatsächlich grünes Licht erhalten, einer Sensation gleich. Denn nach eigenen Angaben führt die Vulcan-Stiftung Gespräche mit der britischen Luftfahrtbehörde CAA. Diese drehen sich um nicht weniger als um die Frage, ob man die Vulcan für einen kurzen Überführungsflug noch ein allerletztes Mal abheben lassen könnte.
Technisch wäre ein solcher Flug möglich, die XH558 befindet sich in einwandfreiem Zustand und ist voll funktionsfähig. Allein, ob die Behörden die Aktion genehmigen, steht in den Sternen. Die Chance darauf dürfte bei Lichte betrachtet nicht allzu hoch sein. Doch für VTST-Vorstand Sharman und seine Kollegen ist das kein Grund, es nicht doch zu versuchen: "Uns wurde immer gesagt, dass wir von der CAA keine Genehmigung für einen erneuten Flug erhalten würden, aber wir sind jetzt im Gespräch mit ihnen, um einen möglichen Weg zu erkunden." Dies sei "eine Option, die wir nicht ignorieren können", so Sharman weiter. Schließlich gelte es, jede Möglichkeit auszuloten.
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