Neustart für den verkorksten Transporter: Die Il-112W wird zum Jet

Weg mit den Unglücks-Turboprops!
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Russland will die Iljuschin Il-112W zum Jet umbauen

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Ein Handyvideo hielt fest, wie der Prototyp der Iljuschin Il-112W am 17. August 2021 bei Kubinka mit brennendem Motor vom Himmel fiel. Jetzt plant man in Russland einen Neustart für den verkorksten Transporter: Die Turboprops der Il-112W sollen Jet-Triebwerken weichen.

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Seit dem tödlichen Crash von Kubinka ist die Il-112W nicht mehr geflogen. Schlimmer noch, das ganze Projekt lag seit Februar 2022 monatelang auf Eis, die Entwicklung wurde eingefroren. Ende Mai 2022 sollen die Arbeiten zwar wieder begonnen haben, substantiell Neues gab es seither jedoch nicht zu vermelden. Dabei bräuchte Russlands Militär ein Flugzeug wie die Il-112W dringend, warten die alten, abgerockten Antonow An-26 der Transportflieger doch schon seit Jahren auf eine Wachablösung.

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Die Il-112W soll eigentlich die veralteten An-26 bei der russischen Luftwaffe ersetzen. Doch das Programm hängt in der Warteschleife.

PD-8-Turbofans für die Il-112W?

Aufgeben wollen die Russen ihr Unglücksflugzeug daher wohl noch nicht. Vielmehr scheint man bei der staatlichen Flugzeugbau-Holding UAC jetzt in Richtung eines Neustarts zu planen: Wie die Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Berufung auf Insider schreibt, soll die bislang mit Turboprops des Typs Klimow TW7-117ST ausgestattete Il-112W auf PD-8-Turbofans von Awiadwigatel umgerüstet werden. Dieser Antriebswechsel bedinge jedoch diverse Anpassungsarbeiten, insbesondere am Design der Tragflächen, am Treibstoffsystem sowie an weiteren Bordsystemen, so die Quelle gegenüber RIA. Ähnliches hatte bereits im Juni der russische Industrie- und Handelsminister Denis Manturow im Gespräch mit Journalisten angedeutet.

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Das Awiadwigatel PD-8 hob erst Ende 2022 zum Erstflug an einer Iljuschin Il-76-Testmaschine ab. Bis es verfügbar ist, dauert es noch.

Flugleistungen unzureichend

Ein Wechsel von Prop auf Jet scheint für die Il-112W durchaus logisch, zeigte sich die russische Regierung doch bereits vor dem fatalen Absturz am 17. August 2021 unzufrieden mit den Leistungsparametern des Transporters. Der damalige Vize-Regierungschef Juri Borissow sagte im Juli 2021, die Il-112W entspreche nach wie vor nicht den Forderungen des Verteidigungsministeriums und stellte klar: "Solange Sie die geforderten Flugleistungen der Il-112W nicht bestätigen, ist es sinnlos, über Serienverträge zu sprechen."

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Der Wechsel auf Turbofans brächte für die Il-112W grundlegende Anpassungsarbeiten mit sich, insbesondere am Flügel.

Fataler Triebwerksbrand

Des Weiteren gilt – auch wenn der offizielle Abschlussbericht der Unfallermittler unter Verschluss bleibt – ein "Verlust der gasdynamischen Stabilität" des Steuerbord-Triebwerks in Kombination mit einem mangelhaften Feuerlöschsystem als Ursache dafür, dass der (einzige) Prototyp der Il-112W nahe des Fliegerhorsts Kubinka abschmierte. Im Nachgang des Absturzes hagelte es in Russland daher Kritik am Klimow TW7-117ST. Der Motor sei "Schrott", prangerte etwa der frühere Iljuschin-Chefkonstrukteur Nikolai Talikow öffentlich an. Man habe intern um Fehlfunktionen der Triebwerke gewusst, dieses Wissen aber zu lange ignoriert.

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„Leute mit Hühnerhirnen“ Heftige Kritik nach Absturz der Il-112W

PD-8 noch nicht serienreif

Das Strahltriebwerk PD-8, entwickelt als Motor für den Regional-Airliner Suchoi Superjet-NEW und das Feuerlöschflugzeug Berijew Be-200, steckt derweil noch voll in der Flugerprobung. Ab wann es in ausreichender Zahl auch für die Il-112W verfügbar wäre, ist aktuell kaum abzusehen. Unter besonderem Zeitdruck dürften die notwendigen Anpassungsarbeiten an dem Transporter allein aus diesem Grund nicht stehen – was für solide Ergebnisse sicher kein Fehler ist. Die alten An-26 der russischen Luftwaffe müssen so oder so noch ein paar Jahre länger durchhalten.

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