Nach dem Rauswurf aus dem F-35-Programm ist die Türkei weiter auf der Suche nach neuen Kampfjets. Als Ausgleich für bereits geleistete Zahlungen könnten die USA 40 F-16 an die Türken liefern. Für den Fall, dass der Deal platzt, hat Ankara einen Plan B in petto.
1,4 Milliarden US-Dollar hat die Türkei einst an die USA überwiesen – als Anzahlung für rund 100 F-35A. Damals war die Welt zwsichen beiden Staaten noch in Ordnung, türkische Firmen lieferten gut 1.000 Teile für jede einzlne F-35, die bei Lockheed Martin in Fort Worth aus der Halle rollte. Doch weil die Türkei etwas später auch Geld an Russland überwies und dafür russische S-400-Flugabwehrraketen geliefert bekam, ließen die USA die Türken in die Röhre gucken: man kegelte den NATO-Partner kurzerhand aus dem F-35-Programm. Die Anzahlung allerdings behielt die US-Regierung ein. Bis heute.
Mehr als 100 F-35A wollte die Türkei kaufen. Doch die USA ließen das Geschäft im Sommer 2019 platzen.
Plan A: F-16 statt F-35
Nun scheint es in Washington D.C. Überlegungen zu geben, der Türkei als Ausgleich für die Dollars neue F-16 zu verkaufen. Das berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters. Konkret geht es demzufolge um den Kauf von 40 Maschinen des Standards Block 70/72. Außerdem sollen knapp 80 der bereits bei der türkischen Luftwaffe im Einsatz stehenden F-16 entsprechend aufgerüstet werden. "Wir haben 1,4 Milliarden Dollar für die F-35 gezahlt, und die USA hatten als Gegenleistung für diese Zahlungen einen solchen Vorschlag", erklärte der türkische Staatspräsident Erdogan. Allerdings müsste der US-Kongress einem solchen Deal vorher zustimmen – und genau daran könnte es letzten Endes scheitern. Reuters mutmaßt, der Antrag der US-Regierung werde es " wahrscheinlich schwer haben, die Zustimmung des US-Kongresses zu bekommen", da dort die Stimmung gegenüber der Türkei seit einiger Zeit "stark eingetrübt" sei.
Die F-16C/D ist bereits seit Jahren das Rückgrat der türkischen Luftwaffe. Bald könnten 40 neue Jets des Standards Block 70/72 hinzukommen.
Plan B: Einkauf bei den Russen
Für diesen Fall baut man in Ankara offenbar schon vor – und sucht abermals den Draht zu Russland. Die Russen hatten ihrerseits wiederholt versucht, der Türkei den Stealth-Fighter Su-57 sowie die Su-35 schmackhaft zu machen. Russlands Präsident Putin höchstpersönlich hatte seinem Amtskollegen Erdogan zur Eröffnung des Aviasalons MAKS 2019 in Schukowski die Jets aus nächster Nähe präsentiert. Zu einem Kauf durchringen konnte sich die Türkei jedoch bisher nicht – auch weil man mit dem "Milli Muharip Uçak" ( MMU, "Nationales Kampfflugzeug") bereits einen eigenen Kampfjet der fünften Generatiion entwickelt. Allerdings sagte der Leiter der türkischen Verteidigungsindustrie, Ismail Demir, dem türkischen Fernsehsender NTV am Montag, das Thema sei keineswegs vom Tisch: Die Türkei sei nach wie vor bereit, den Kauf von Kampfjets der Typen Su-35 und Su-57 in Betracht zu ziehen. "Wenn die Vereinigten Staaten nach der Situation mit den F-35-Flugzeugen kein Abkommen über die F-16 genehmigen, wird die Türkei nicht ohne Alternativen dastehen", so Demir.
Auch der Kauf russischer Kampfjets, hier eine Suchoi Su-35S, ist in Ankara noch nicht vom Tisch.
Erdogan will neue S-400
Präsident Erdogan derweil kündigte in einem Interview mit dem US-Sender CBS News bereits Ende September an, weitere S-400-Abwehrsysteme beschaffen zu wollen. Die Reaktion der USA oder eines anderen NATO-Verbündeten kümmere ihn bei dieser Entscheidung wenig: "Künftig wird sich niemand mehr einmischen können, welche Verteidigungssysteme wir von welchem Land auf welcher Ebene erwerben", machte Erdogan klar. Klar ist jedoch auch: Die Chancen auf einen F-16-Deal dürften in diesem Fall nicht gerade steigen. Also doch eher Plan B?
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