Überraschungs-Aus für US-Superkampfhubschrauber
Die US Army lässt massiv den Rotstift kreisen und schießt das milliardenschwere FARA-Kampfhubschrauber-Programm ab. Die Bell 360 und Sikorsky Raider-X sind jedoch nicht die einzigen Opfer.
Bisher haben die USA rund zwei Milliarden Dollar für den zukünftigen Kampf- und Aufklärungshubschrauber ausgegeben. In den nächsten fünf Jahren wären es weitere fünf Milliarden Dollar. Die nun verkündete Entscheidung schockte nicht nur die beiden Hersteller, deren beide Prototypen kurz vor dem Erstflug stehen. Beide Firmen planten den Beginn der Bodenläufe ihrer Prototypen für das zweite Quartal dieses Jahres. Im FARA-Wettbewerb (Future Attack Reconnaissance Aircraft) hatte Bell die 360 Invictus und Sikorsky den Raider-X ins Rennen geschickt. Sie sollten die Nachfolge der OH-58 antreten. Als Grund für die überraschende Entscheidung nannte Army-Chef General Randy George in einer Presseerklärung eine Veränderung in der modernen Kriegsführung: "Wir lernen auf dem Schlachtfeld – vor allem in der Ukraine -, dass sich die Luftaufklärung grundlegend verändert hat. Sensoren und Waffen, die auf einer Vielzahl von unbemannten Systemen und im Weltraum montiert sind, sind allgegenwärtiger, weiterreichend und kostengünstiger als je zuvor."
Drohnen sollen übernehmen
Nun sollen unbemannte Flugsysteme die Missionen übernehmen. Dafür können die Planer die für FARA vorgesehenen Milliarden gut gebrauchen. Trotzdem sollen die für dieses Jahr vorgesehen Geldmittel noch erhalten bleiben, um laut Army die industrielle Basis zu schützen und Tests fortzuführen. Mit anderen Worten könnten die beiden Prototypen unter Umständen doch noch in die Luft kommen. Aber zu Beginn des nächsten fiskalischen Jahres am 1. Oktober 2024 ist das endgültige Ende der Entwicklung vorgesehen. Die US Army hatte das FARA-Programm 2018 gestartet und 2020 die beiden Kandidaten von Bell und Sikorsky für den endgültigen Wettbewerb ausgewählt. "Wir sind nach wie vor von den X2-Flugzeugen überzeugt, die jetzt und in Zukunft für amerikanische und internationale Einsätze benötigt werden", teilte Sikorsky nach dem Aus mit. "Wir sind enttäuscht über diese Entscheidung und werden die Nachbesprechung der US-Armee abwarten, um ihre Wahl besser zu verstehen."
Tradition des Versagens?
Mit dem FARA-Ende setzt sich bei der US Army eine bittere Tradition bei der Kiowa-Nachfolge fort. Vor 20 Jahren – am 23. Februar 2004 – stellten die Generäle das Programm des Stealth-Hubschraubers Boeing-Sikorsky RAH-66 Comanche ein. Stattdessen sollten unbemannte Fluggeräte die Aufgaben übernehmen. Dennoch ließ die Armee einen weiteren Hubschrauber entwickeln, aber der Bell ARH-70 Arapaho erging es auch nicht besser. Hier zog das Pentagon 2008 den Stecker.
Wieder sollen Drohnen die FARA-Aufgaben übernehmen.
Aus für Sikorsky UH-60V
Im Rahmen ihrer Neuausrichtung der Luftfahrt-Planung beendet die US Army auch das Upgrade-Vorhaben der UH-60V Blackhawk aufgrund massiver Kostensteigerungen. Ursprünglich sollten 760 Exemplare der UH-60L auf den neuen Stand gebracht werden. Bisher hatte das Pentagon Geldmittel für 151 Hubschrauber bereitgestellt, von denen knapp die Hälfte ausgeliefert ist. Aktuell fliegt die UH-60V nur bei vier Einheiten, darunter die das 214th Aviation Regiment des 1st Battalion in Wiesbaden. Statt der V-Version will die Army in Zukunft komplett auf die UH-60M setzen.
Kernpunkt der UH-60V war die Ausstattung der Blackhawk mit einem Glascockpit.
Weitere Opfer
Die Neuausrichtung hat auch Einfluss auf die Einführung des neuen Triebwerks für die AH-64 Apache und die UH-60. Allerdings wird das ITEP-Projekt (Improved Turbine Engine) zunächst nur verschoben. Die Raven- und Shadow-Drohnen werden dagegen außer Dienst gestellt.
UH-60M und CH-47F profitieren
Aber es gibt auch gute Nachrichten für die Industrie: So will die Armee-Führung zusätzliche UH-60M Blackhawk beschaffen und grünes Licht für die volle Serienfertigung der CH-47F Chinook Block II geben. Auch die Entwicklung des Blackhawk-Nachfolgers im FLRAA-Programm (Future Long-Range Assault Aircraft) geht weiter mit einer geplanten Indienststellung der bell V-280 Valor ab 2030.
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