Steht hier die erste "russifizierte" MS-21 für Aeroflot?

Lieferung geplant 2024
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Zeigt sich hier die erste „russifizierte“ MS-21 für Aeroflot?

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Die Aeroflot-Gruppe kann im kommenden Jahr mit den ersten neuen Jets aus russischer Produktion rechnen. Das zumindest sagt Sergei Tschemesow, Chef des Staatskonzerns Rostec. "Mehr als zehn Flugzeuge" seien im Bau – sowohl neue Superjets als auch MS-21.

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Sergei Tschemesow ist augenscheinlich stolz auf das, was die im Rostec-Verbund zusammengefassten Flugzeugbau-Firmen Russlands bereits zustande gebracht haben – auch wenn davon in der Öffentlichkeit noch nicht allzu viel zu sehen ist. "In Rekordzeit" habe man bei Suchoi Superjet und Jakowlew (Irkut) MS-21 zahlreiche Schlüsselkomponenten aus dem Westen ausgetauscht – von der Bordelektronik bis hin zu den Triebwerken. Das sei "ohne Übertreibung" eine große Leistung der beteiligten Unternehmen. Mehr noch: "Kein Land der Welt hat so etwas jemals getan", zitiert die Rostec-Presseabteilung ihren Chef Tschemesow in pathetischem Ton.

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Die Jakowlew (Irkut) MS-21 ist stark von den Sanktionen betroffen. Russland muss sein aviatisches Vorzeigeprojekt ohne westliche Zulieferer neu aufrollen. 

2024 soll es losgehen

In jedem Fall gab der Generaldirektor des russischen Staatskonzerns bekannt, dass von den "mehr als zehn" Flugzeugen für die Aeroflot-Gruppe, die sich aktuell in Produktion befänden, einige schon in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Fertigstellung seien. Die Auslieferung der ersten Maschinen an Aeroflot könne daher im kommenden Jahr über die Bühne gehen – wobei Tschemesow nicht sagte, wie sich die Gesamtzahl anteilsmäßig auf Superjet und MS-21 aufteilt.

Der Plan der russischen Regierung zum Aufbau der heimischen Luftfahrtindustrie sieht für 2024 die Übergabe von 20 Superjet SJ100 und sechs MS-21 vor. Ein Prototyp der neuen Superjet-Auflage fliegt seit Anfang September, allerdings bislang noch nicht mit rein russischen Triebwerken. Die soll das Flugzeug erst Ende des Jahres erhalten. Von der MS-21 existieren bisher zwar Exemplare mit russischen PD-14-Turbofans und Tragflächen aus heimischem Carbon – eine komplett "russifizierte" Variante ohne westliche Komponenten existiert jedoch noch nicht.

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Bei einem Werksbesuch marschiert UAC-Chef Sljusar samt Anhang an einer teilmontierten MS-21 vorbei. Das dürfte die erste "russifizierte" Maschine für die Aeroflot-Gruppe sein.

Die erste Aeroflot-Maschine?

Im Flugzeugwerk Irkutsk wird aktuell der fünfte MS-21-Prototyp (Erstflug Dezember 2020) auf "in Russland hergestellte Systeme und Baugruppen" umgerüstet, wie die Flugzeugbau-Holding UAC (United Aircraft Corporation) ihrerseits anlässlich eines Vor-Ort-Besuchs von Generaldirektor Juri Sljusar berichtete. Die zugehörigen Bilder zeigen Sljusar und seine Entourage in der MS-21-Endmontagehalle – vor dem besagten Testflugzeug sowie in dessen Kabine, aber auch vorbeigehend an einer noch "nackten", teilmontierten MS-21. Diese besteht bisher aus Rumpf, Cockpitsektion (ohne Radarnase) und Tragflächen. Sie steht bereits auf eigenen Beinen, wogegen das Leitwerk und die Triebwerke aktuell noch fehlen. Ob es sich dabei um die erste "russifizierte" Maschine für Aeroflot (oder Tochter Rossija) handelt?

MS-21: Russischer Flügel wird angedockt 19 Sek.

Angepasste Pläne

Tatsächlich waren bereits vor Russlands Invasion in der Ukraine und den darauf folgenden Sanktionen des Westens die ersten sechs Serien-MS-21 an die Aeroflot-Gruppe versprochen. Allerdings hätten laut damaliger Planung alle sechs mit US-Triebwerken von Pratt & Whitney fliegen sollen, vom Austausch westlicher Bauteile durch russische Pendants sprach damals noch niemand. Mitte 2021 standen zwei der sechs geplanten MS-21 in Irkutsk auf der Endmontagelinie. Eine davon startete Ende 2021 zum Erstflug. Die andere, Bordnummer 73361, sollte laut neuer, sanktionsbedingter Planung zur ersten komplett auf russische Komponenten umgerüsteten MS-21-310rus mutieren. Vermutlich handelt es sich bei der dreiviertelfertigen Maschine auf den Fotos vom Sljusar-Besuch also tatsächlich um diese erste MS-21-310rus für Aeroflot.

© Rostec / UAC

Der fünfte MS-21-Prototyp wird derzeit in Irkutsk auf russische Systeme umgerüstet. Er soll nach Fertigstellung die nötigen Parameter für die ergänzende Zulassung der MS-21-310rus erfliegen. 

"Sehr knappe Fristen"

Wie weit die Umrüstung der Systeme tatsächlich gediehen ist, dazu gibt es derzeit keine zuverlässigen Informationen. Klar ist nur, dass Aeroflot die MS-21-310rus erst übernehmen kann, wenn die Version von Russlands Luftfahrtbehörde für den Passagierverkehr zugelassen ist. Und das wiederum kann erst nach entsprechender Erprobung erfolgen, wofür der momentan im Umbau steckende Prototyp zunächst einmal fertig werden und abheben müsste. Wenn Rostec-Chef Tschemesow in diesem Zusammenhang von "sehr knappen Fristen" spricht, ist das also nicht übertrieben. Allerdings betont Tschemesow auch, bei allen Schritten stehe "die Sicherheit absolut im Vordergrund", was übereilten Maßnahmen zumindest verbal eine Absage erteilt. Aus gutem Grund: Den Absturz eines nicht ausgereiften Linienflugzeugs aus technischen Grünen will sich auch im Rostec-Konzern, geschweige denn im Kreml, wohl niemand leichtfertig ans Revers heften.

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