Das erste Serienexemplar der Irkut MS-21 ist in doppelter Hinsicht besonders. Zum einen eben deshalb, weil es das erste Serienexemplar ist. Und zum zweiten, weil der Jet, der in Irkutsk gerade endmontiert wird, als erster seiner Art einen Flügel aus russischen Verbundwerkstoffen erhält. Für die bislang gebauten Prototypen musste das Material noch importiert werden, was angesichts geltender Sanktionen schwierig ist. Deshalb produziert Russland seinen Verbundwerkstoff jetzt selbst – und will so sicherstellen, dass der Serienbau des heimischen Hoffnungsträgers unabhängiger wird von den Aktionen des Auslands.

US-Triebwerk unterm russischen Flügel
Für die Entwicklung und Produktion heimischer Verbundwerkstoffe zog Russland führende Chemiker und Technologen des Landes zusammen. Mit Erfolg: Zulieferer AeroKomposit aus Uljanowsk sendete im Mai den ersten aus russischer Kohlefaser gefertigten Flügel zur MS-21-Endmontage nach Irkutsk. Dieser Flügel hat nun, Mitte Juni, seinen Weg an die MS-21 gefunden. Für die Beteiligten ein Grund zur Freude, der lediglich durch einen kleinen Abzug in der B-Note getrübt wird: Denn die erste Serien-MS-21 bekommt zwar russische Flügel. Darunter aber werden PW1400G-Triebwerke aus den USA hängen, und nicht die russischen PD-14-Pendants von Awiadwigatel. Deren Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, lediglich einer der fünf MS-21-Prototypen fliegt aktuell mit den heimischen Turbofans. Ein zweiter soll noch umgerüstet werden.
Erste MS-21 gehen an Rossiya
Die ersten sechs Serienflugzeuge, die in Irkutsk aus der Halle rollen, werden daher allesamt mit den Getriebefans aus den USA versehen sein. Die Auslieferung soll im kommenden Jahr starten, sofern bis dahin die Zulassung für die MS-21 vorliegt. Derzeit stehen zwei MS-21 in der Endmontage. Erster Abnehmer wird die Aeroflot-Tochter Rossiya sein. Spätestens im Sommer 2022 soll es soweit sein. Rossiya hat selbst zwar gar keine MS-21 bestellt, erhält die Flugzeuge jedoch im Rahmen der bereits angelaufenen Umschichtung innerhalb des Aeroflot-Konzerns. Die Muttergesellschaft soll künftig nur noch mit westlichen Flugzeugen unterwegs sein, wohingegen Rossiya als spezifisch russische Airline die russischen Muster übernimmt. Dazu zählen wohl auch alle 35 MS-21, die Aeroflot fest geordert hat. Die Aeroflot-Gruppe hält ferner 50 Optionen auf den neuen Airliner, für den laut Irkut insgesamt 175 Bestellungen vorliegen. Der Jungfernflug des ersten Serienflugzeugs ist noch für dieses Jahr geplant.