Branchengiganten wie Airbus oder Boeing kennt jeder, doch hinter den dominierenden Flugzeugherstellern stehen unzählige Zulieferer. Sie steuern all jene Systeme und Komponenten bis hin zu Kleinteilen und Materialien bei, ohne die Airliner, Hubschrauber oder Kampfjets nicht abheben können. Der Erfolg der Firmen aus der Lieferkette, die bis hinunter zu kleinen und mittelständischen Unternehmen reicht, hängt dabei davon ab, sich einen Platz bei den erfolgreichen Großprogrammen zu sichern.
„Die zivile Zulieferindustrie (in Deutschland) verzeichnete 2014 eine Wachstumsquote von 5,5 Prozent, so dass die gesamte Umsatzzahl auf 9,83 Milliarden Euro stieg“, erläutert Bernhard Gerwert, Präsident des Bundesverbandes der Luft- und Raumfahrtindustrie. Sie „partizipiert am Hochlauf der Airbus-Programme. Der Umsatzzuwachs von einer halben Milliarde Euro liegt auch darin begründet, dass diese mittelständisch geprägte Industrie zunehmend Programmbeteiligungen auch außereuropäischer Flugzeughersteller gewinnt. Diesen Erfolg erzielen unsere im Hochlohnland Deutschland angesiedelten Unternehmen in einem harten internationalen Wettbewerb, in dem sie sich aufgrund ihrer starken Marktstellung in Technologie und Qualität bewähren. Diese Wettbewerbsvorteile gilt es zu erhalten und gezielt auszubauen,“ so Gerwert.
Doch wie kommt man an neue Kontakte und Aufträge für so diverse Produkte wie 42 mm lange, bürstenlose Elektromotoren, intelligente Schneidemaschinen für Verbundwerkstoffgelege, vorgefertigte Instrumentenbrettgerüste oder eine Software, mit der sich der Status von Lieferungen global darstellen und kontrollieren lässt? Eine Möglichkeit ist die AIRTEC, laut Veranstaltungsleiterin Diana Schnabel „ein Welt-Treffpunkt mit vororganisierten B2B-Meetings, an dem gezielt neue Geschäftskontakte geknüpft werden können und so neue Geschäftsmöglichkeiten und Projektpartnerschaften entstehen.“ Bei der letzten AIRTEC nahmen allein 450 Unternehmen an nicht weniger als 10000 B2B-Treffen teil, was einer Steigerung von 60 Prozent im Vergleich zu 2013 entsprach.
Für Hersteller und Systemlieferanten stand dabei die Suche nach Zulieferern im Vordergrund. „Wir hatten die Möglichkeit, und mit über 70 Firmen zu treffen“, zog zum Beispiel Pierre Oligny, Europäischer Einkaufsdirektor von Pratt & Whitney Canada eine positive Bilanz. „Wir hatten fast 20 Meetings und konnten dadurch die Diskussionen mit vier potenziellen Kunden intensivieren. Mit drei davon sind wir nun in weiteren Gesprächen über neue Geschäfte in naher Zukunft“, erzählt Laurent Gautier, Marketing-Manager der LATelec GmbH in Hamburg, die Kabelbäume zum Beispiel für den Airbus A380 herstellt.
Die AIRTEC bietet die Möglichkeit, weltweite Kontakte zu knüpfen. 2014 waren Experten aus 45 Ländern vertreten, wobei der Auslandanteil rund 70 Prozent betrug. Besonders starke Zuwächse waren aus Brasilien zu verzeichnen, aber auch Italien, Spanien, die USA, Großbritannien und Frankreich waren traditionell stark vertreten. Die ausstellenden Firmen deckten dabei die komplette Zulieferkette der Luft- und Raumfahrtindustrie vom Engineering über Test und Simulation, der Produktion von Komponenten und Systemen bis hin zum Lifecycle Support und Sicherheitsbedarf ab. Dies wird auch in München so sein, wo 600 Aussteller aus 35 Ländern erwartet werden.
Über die Ausstellung und die Geschäftsgespräche hinaus bietet die AIRTEC auch ein hochkarätiges Kongressprogramm mit 230 Vorträgen zu zentralen Themen der Branche. Aktuelle Trends werden zum Beispiel im so genannten „Global Supply Chain Summit“ diskutiert. Weitere Themen sind die Verwendung von Verbundwerkstoffen sowie Forschungschwerpunkte für die Flugzeuge der Zukunft. Der Megatrend „additive Fertigung“ wird natürlich erneut ausführlich behandelt. Unter anderem gibt es Vorträge zum 3D-Druck von Formen und die Herstellung von Keramikbauteilen nach diesem Verfahren.
Beim Raumfahrtkongress wird über die zunehmende Kommerzialisierung diskutiert, wobei Dr. Gerd Gruppe vom DLR einen der Einführungsvorträge halten wird. Spannende Fragen gibt es derzeit bei der Entwicklung und dem Betrieb von unbemannten Fluggeräten im zivilen Bereich. Insbesondere Systeme zur Vermeidung von Kollisionen sind gefragt. Darüber hinaus werden Experten über die Trends im Hubschrauberbereich und bei der Avionik referieren.
Die AIRTEC bietet also auch an ihrem neuen Standort ein komplettes Programm. Ilse Aigner, die bayerische Wirtschafts und Technologieministerin, die die Eröffnung vornehmen wird, ist jedenfalls überzeugt, dass die Messe „die Hochtechnologieregion Bayern als eine der hervorragenden Aerospace-Standorte in Europa stärkt. Darüber hinaus passt sie perfekt in die bayerische Strategie, unsere internationale Präsenz zu erhöhen und die Vernetzung mit internationalen Partnern zu stärken“.
FLUG REVUE Ausgabe 11/2015