Head-up-Displays, die dem Piloten wichtige Fluginformationen direkt beim Blick nach vorn präsentieren, gehören seit Jahrzehnten zur Standardausrüstung von Kampfflugzeugen. Bei der Lockheed Martin F-35 Lightning II sucht man ein solches System allerdings vergeblich. Hier „verbindet der Helm den Piloten mit dem Flugzeug“, erklärt Cheftestpilot Al Norman. Alle Informationen, die für einen Kampfeinsatz unentbehrlich sind, wie Zieldaten, Flugdaten und Nachtsichtfähigkeit, sind in den Helm integriert, um den Piloten einen umfassenden Überblick über die Situation zu geben. Das Helmet Mounted Display System (HMDS = Helmdisplay) der F-35 ist deshalb ein unverzichtbares System, ohne das ein effektiver Einsatz des Stealth-Kampfjets gar nicht möglich ist. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an den Hersteller Rockwell Collins ESA Vision Systems (REVS) – Ansprüche, die trotz aller Anstrengungen bisher nicht völlig erfüllt wurden. Mit dem nun zum dritten Mal überarbeiteten HMDS hoffen Rockwell Collins und Elbit Systems aber, die im Laufe der Erprobung aufgetretenen Probleme behoben zu haben. Vor allem drei Punkte stießen aber auch noch bei der ab März 2010 im Flug getesteten und derzeit gelieferten Gen-II-Version auf Kritik:
• ein „Zittern“ des auf das Helmvisier projizierten Bildes, wenn der Jet zum Beispiel von Böen erfasst und geschüttelt wird oder bei Manövern mit hohen Lastvielfachen in bestimmten Flugbereichen stark vibriert. Um die Bildstandschwankungen deutlich zu vermindern, werden im Helm nun Mini-Beschleunigungssensoren verbaut. Sie liefern Informationen, die es erlauben, mit Filteralgorithmen eine stabilere Darstellung zu erzielen. „Es ist immer noch nicht perfekt, aber es ist eine 95-Prozent-Lösung und die Hauptprobleme sind gelöst“, erklärte F-35-Testpilot Oberstleutnant Matthew Kelly vom US Marine Corps.
• eine Verzögerung der Bilddarstellung. Wenn der Pilot seinen Kopf bewegt, hinkten die von den rund um das Flugzeug positionierten Kameras gelieferten Bilder hinterher, wenn auch nur um Millisekunden. Im Extremfall kann dies aber zur altbekannten Reisekrankheit führen. Diese Problematik wurde durch Softwareanpassungen gelöst.
• eine mangelnde Schärfe des zentral im Helm montierten Infrarotsensors, der somit praktisch unbrauchbar war. Dieser Punkt wurde mittels Ersatz des ISIE-10-Sensors durch einen neuen ISIE 11 von Intervac Photonics gelöst, der auf einer neuen Technologie basiert und wesentlich lichtempfindlicher ist. Laut Intervac war ISIE 11 immer geplant, aber bei Produktionsbeginn des Helms noch nicht fertig entwickelt. Die Leistungsfähigkeit der neuen Kamera wurde im letzten Jahr mit einer Cessna im direkten Vergleich mit der Nachtsichtbrille ANVIS 9 getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass man nun auf einem vergleichbaren Niveau ist, so der Hersteller.
Weitere Verbesserungen des Helmvisiers (Gen-III-Modell) betreffen die Optik und den LCD-Bildgenerator mit seiner Rückbeleuchtung. Zudem wurde die Präzision der Helmpositionsvermessung gesteigert. Neben dem Magnetsystem fließen nun auch Daten der Mini-Beschleunigungsmesser ein, um auch die Bewegungsrichtung des Kopfs mit zu berücksichtigen.
Die Änderungen waren dringend nötig, wollten Rockwell Collins und Elbit Systems den Exklusivvertrag für das F-35-Helmdisplay behalten – hier geht es bei der angepeilten Stückzahl und einem Preis von 300 000 Dollar (235 000 Euro) pro Exemplar langfristig um Umsätze in Milliardenhöhe. 2011 war nämlich BAE Systems mit der Entwicklung einer technisch einfacheren Alternativlösung beauftragt worden. Dieses Programm, das um die 60 Millionen Dollar (48 Mio. Euro) kostete, wurde aber im Oktober 2013 wieder eingestellt, obwohl der endgültige Nachweis für die Verbesserungen des Gen-III-Modells noch aussteht. Derzeit laufen die Versuche auf der Edwards AFB in Kalifornien, wobei bekannte Testpunkte noch einmal nachgeflogen werden. Geliefert werden die Gen-III-Helme dann für Flugzeuge der Vorserientranche 7 ab 2016.
BAE nutzt Erfahrung aus F-35-Helmentwicklung





BAE Systems hat sich derweil die Erfahrungen aus der F-35-Alternativentwicklung zunutze gemacht und mit dem Striker II eine neue Generation seiner Striker-Helmfamilie vorgestellt, die derzeit im Eurofighter und in der Saab Gripen verwendet wird. Hauptunterschied sind der Wegfall der analogen Restlichtverstärkerkameras und ihr Ersatz durch einen auf der „Stirn“ des Helms eingebauten ISIE-11-Sensor. Die Lösung ist etwa 500 Gramm leichter und verleiht dem Helm einen besseren Schwerpunkt. Der Sensor hat bei einer Diagonalen von 22 Millimetern eine Auflösung von 1600 x 1200 Pixeln und eine Bildfrequenz von 60 Hertz. Eine automatische Verstärkerkontrolle sorgt für gleichbleibende Bildqualität. Halos um Lichtpunkte oder verstreute helle Flecken kommen laut BAE Systems nicht mehr vor. Die Kamera sei die gleiche wie im Gen-III-Helm, man habe aber eine andere Software, so der Hersteller.
Neben der Kamera, die auch als Aufzeichnungsgerät verwendet werden kann, erhält der Striker II eine Mini-Trägheitsplattform, die zusammen mit den optischen Sensoren (64 Leuchtdioden auf dem Helm) die Präzision der Kopfpositionsvermessung verbessern soll. Hier geht es um Genauigkeiten im Bereich von Milliradian (0,057 Grad). Um ein geringes Gewicht (rund zwei Kilogramm) zu erzielen, wird der Striker II (wie auch der F-35-Helm) nach wie vor aus zwei Teilen gefertigt, wobei größtenteils Kohle- und Aramidfasern verwendet werden. Alle Helmdisplays benötigen übrigens eine genaue Anpassung an den Träger. Dafür wird in einem aufwendigen Verfahren der Kopf vermessen und ein maßgeschneidertes Innenteil gefertigt. Trotz Blickwinkeln von 40 x 40 Grad (Auflösung bei Striker: 1280 x 1024 Bildpunkte) ist es sehr wichtig, dass der Helm auch unter Belastung nicht verrutscht. Bei der Anpassung geht es zum Beispiel darum, die Optik mit maximal zwei Millimeter Abweichung auf die Mitte der Pupillen einzustellen.
Noch gibt es für die neue Striker-Version, die vor Jahresende im Eurofighter im Flug getestet werden soll, keine Bestellungen. BAE Systems ist aber sicher, dass die Vorteile viele Nutzer überzeugen werden, zumal der Preis sogar unter dem des Vorgängers liegen soll. Die Integration in Gripen und Eurofighter ist einfach, da dort schon der Striker-Helm zugelassen ist. Generell ist der Striker II so ausgelegt, dass er praktisch in jedem Fighter verwendet werden kann. Und ohne ein leistungsstarkes Helmdisplay wird künftig wohl kein Kampfjet mehr auskommen.
FLUG REVUE Ausgabe 12/2014




