Weltuntergangsflugzeug der USA - rare Einblicke in die fliegende Kommandozentrale E-4B Nightwatch

Die geheimnisumwitterte Boeing E-4B Nightwatch
Rare Einblicke in das Weltuntergangsflugzeug der USA

Veröffentlicht am 15.03.2025

Die vier E-4B der 1st Airborne Command and Control Squadron(ACCS) der 595th Command and Control Group (CCG) auf der Offutt Air Force Base (AFB) in Nebraska wurden als das modernste und leistungsfähigste luftgestützte Kommunikationssystem der Welt gebaut. Sie bieten den nationalen Kommandobehörden der USA eine überlebensfähige, fliegende Basis zur Führung und Kontrolle der Streitkräfte in allen Konfliktsituationen, einschließlich eines Atomkriegs. Im Gegensatz zu bodengestützten Kommandozentralen verfügt die Boeing E-4B über die nötige Mobilität, um direkten Angriffen zu entgehen. Ihr Kommunikationssystem ist so gehärtet, dass es dem massiven elektromagnetischen Impuls (EMP) einer Atombombenexplosion standhält, sodass der US-Präsident (POTUS), der Verteidigungsminister (SECDEF) und die Stabschefs (JCS) einen Vergeltungsschlag organisieren können.

Boeing E-4B Nightwatch auf der Offutt AFB in Nebraska
USAF

Gesicherte Kommunikation

Dank der vielfältigen Systeme ist eine weltweite Kommunikation über zahlreiche Verbindungen möglich. Gespeist werden die Bordanlagen von einem 1200-kVA-Generatorsystem (das bisher stärkste Stromerzeugungssystem aller Flugzeuge). Insgesamt 13 externe Kommunikationssysteme sind angebunden, die über 46 Antennen verfügen, deren Konfigurationen von einer kleinen Schüssel für Super-Hochfrequenz-Satellitenverbindungen (SHF) bis hin zu einem acht Kilometer langen Schleppdraht für die Funkverbindung mit sehr niedrigen Frequenzen (VLF) und niedrigen Frequenzen (LF) reichen. Die Möglichkeit, auf Satellitensysteme zuzugreifen, schützt vor Störsendern, während eine VLF-Langstreckenverbindung von Effekten einer Atomexplosion in der Atmosphäre nicht beeinträchtigt wird und sehr schwer zu stören wäre. Sichere Sprach- und Fernschreibverbindungen werden über die HF-, UHF- und SHF-Bänder hergestellt. Das E-4B-System kann mit kommerziellen Telefon- und Funknetzen verbunden werden und könnte für Rundfunkansprachen verwendet werden. Das Collins AN/ASC-18 SHF SATCOM DSCS II war das wichtigste System der E-4B, das es ihren Insassen ermöglichte, mit dem Weißen Haus, dem Pentagon, mit Atomraketen bestückten U-Booten und Raketenbasen in Verbindung zu bleiben. Mitte der 1980er-Jahre wurde das AN/ASC-18 durch eine modernisierte Variante, das AN/ASC-24, ersetzt. Es bietet einen oder zwei Vollduplex-Kanäle. Normalerweise wird ein über dem Ostpazifik stationierter Satellit verwendet. Er wird durch manuelles oder computergesteuertes Ausrichten der Antenne erfasst. Das AN/ASC-24 sendet im 7,9–8,4-GHz-Band und empfängt im 7,25–7,75-GHz-Band auf sechs spezifischen, vorgewählten Transpondern. Die Bandbreite beträgt 100 oder 125 Mhz. Zu den weiteren Missionssystemen der E-4B gehören das Rockwell AN/ASC-21 (Air Force Satellite Communication/AFSATCOM) sowie zwei Collins ARC-183 VLF/LF-Funksysteme, die ein acht Kilometer langes Schleppkabel und ein 1200 m kurzes Schleppkabel verwenden. Verbaut sind KY-28, KY-3A und KY-75 Kryptoeinheiten als sichere Sprachsysteme sowie das ARA-60 als sicheres digitales Datensystem. Die Klimaanlage schafft 226 Kubikmeter Luftdurchsatz zur Kühlung aller Missionssysteme an Bord. Ein APQ-122 Suchradar, ein Carousel IV Trägheitsnavigationssystem (INS) und ein SANS-7000A taktisches Navigationssystem (TACAN) sind ebenfalls vorhanden.

Luftbetankung einer Boeing E-4B Nightwatch durch eine Boeing KC-46
USAF/Turner

Bis zu 72 Stunden in der Luft

Das Flugzeug bietet bis zu 94 Besatzungsmitgliedern eine Arbeitsfläche von 465 Quadratmetern. Die Abteile des Hauptdecks sind über einen rechts gelegenen Gang zugänglich und umfassen den NCA-Bereich (National Command Authority), einen Konferenzraum, einen Briefingraum, einen Arbeitsbereich für den Gefechtsstab, ein Kommunikationskontrollzentrum sowie ein Kontrollzentrum zur Überwachung der Technik. Ein Ruheraum für die Besatzung befinden sich hinter der technischen Leitstelle. Im vorderen und hinteren unteren Frachtraum befindet sich die elektronische Ausrüstung, ein Bereich für die Wartung an Bord und ein Windenbedienerstand für die lange VLF-Drahtantenne. Die E-4B verfügt über einen Betankungsstutzen im Bugbereich. Dadurch kann die Flugdauer um das Sechsfache von rund 12 auf 72 Stunden erhöht werden. Laut Oberstleutnant Alex Barwikowski, dem Kommandeur der 1st ACCS, ist "die Luftbetankung der E-4B ein sehr anspruchsvolles Unterfangen, das einen sehr erfahrenen Piloten erfordert. Die E-4B erzeugt eine massive Bugwelle, die das Heck des Tankflugzeugs wegdrücken kann, wenn nicht darauf geachtet wird, sich langsam und gleichmäßig dem Luftbetankungsausleger zu nähern. Hinzu kommt, dass sich der Luftbetankungsstutzen der E-4B nur wenige Zentimeter vor den Cockpitfenstern befindet. Dies kann für einen neuen Piloten beängstigend sein, wenn er so nah auf einen Tankausleger zufliegt. Gelegentlich spritzen während des Betankungsvorgangs kleine Mengen Treibstoff auf die Cockpitscheiben, was die Sicht des E-4B-Piloten auf das Tankflugzeug erheblich einschränkt. Es erfordert ein hohes Maß an Geschick, um in der richtigen Position zu bleiben." Früher wurden insbesondere die KC-10A Extender für die Betankung der E-4B verwendet, aber jetzt hat ihre Nachfolgerin, die KC-46A Pegasus, diese Rolle übernommen. Oberstleutnant Barwikowski erklärt dazu: "Die KC-46A ist ein sehr zuverlässiges Flugzeug und eine stabile Plattform zum Betanken. Der Ausleger der KC-46 hat viele Ähnlichkeiten mit dem der KC-10 und einen viel größeren Betankungsbereich als bei den alten KC-135-Tankern. Die KC-46 kann in einem 30-minütigen Kontakt rund 85 000 Liter Kraftstoff in die E-4B umpumpen, was zu einer geringeren Arbeitsbelastung der Piloten auf langen Missionen führt."

Korean Air Boeing 747-8B5 im Steigflug
Babak Taghvaee

Stetige Modernisierungen

Natürlich wurden die E-4B und davor schon die E-4A im Laufe ihrer bald 50- jährigen Dienstzeit mit Milliardenaufwand ständig verbessert. Zuletzt wurden zum Beispiel die alten USC-42-UHF-SATCOM-Funkgeräte durch ein MUOS-fähiges Gerät (Mobile User Objective System) ersetzt. Ein Teil des SHF-Systems wurde vor Kurzem ebenfalls aufgerüstet. Dabei wurden Teile des alten SHF- Systems ausgetauscht, deren Lebensdauer bald abgelaufen war. Das SHF-System musste ersetzt werden, da das Defense Satellite Communications System (DSCS) durch eine sichere und überlebensfähige Kommunikationslösung abgelöst wird. Die USAF wird die Missionssysteme ihrer E-4B weiterhin aufrüsten lassen, um sie bis 2036 flugfähig und einsatzbereit zu halten. Anfang des Jahres waren von den vier E-4B drei einsatzbereit (73-1676, 73-1677 und 75-0125), während eine (74-0787) seit dem 26. September 2024 auf der Offutt AFB einem C-Check unterzogen wurde.

US-Air-Force-Oberstleutnant Alexander Barwikowski posiert für ein Foto im Cockpit einer E-4B Nightwatch auf der Offutt Air Force Base
Babak Taghvaee

Nachfolger E-4C

Ab Mitte der 2030er-Jahre soll das E-4C Survivable Airborne Operations Center (SAOC) die alternde E-4B-Flotte ersetzen, die schon jetzt mit erhöhten Wartungskosten und veralteten Teilen konfrontiert ist. Nach diversen Verzögerungen, und nachdem Boeing keinen weiteren Festpreisvertrag riskieren wollte, erhielt die Sierra Nevada Corporation (SNC) im April 2024 den Zuschlag für einen 13-Milliarden-Dollar-Auftrag über fünf Flugzeuge. Im Mai 2024 kündigte die SNC den Kauf von fünf Boeing 747-8 von Korean Air zur Umrüstung an, die bis September 2025 geliefert werden sollen. Die ersten beiden, Kennung HL7630 und HL7631 (MSN 40905/1506 und 40906/1509), wurden bereits ausgeliefert und am 4. Juni beziehungsweise 6. November 2024 nach Dayton (Ohio) geflogen. Das erste Flugzeug soll ausgiebig als Prüfstand genutzt werden, während die anderen vier Flugzeuge fertiggestellt und in den Jahren 2036 und 2037 als E-4C an die 1st ACCS ausgeliefert werden sollen. Laut Oberstleutnant Alex Barwikowski wird die USAF mit der E-4C ein wesentlich zuverlässigeres Produkt erhalten. Die Arbeitsfläche wird von 465 auf über 550 Quadratmeter wachsen. Darüber hinaus wird die E-4C mit einem neueren GE-Triebwerk ausgestattet sein, womit die maximale Startmasse von 362 875 auf fast 453 600 kg erhöht wird. Auch der Treibstoffverbrauch dürfte sich deutlich verbessern. Die genaue Anzahl der E-4C, welche die USAF gegen Ende der 2030er-Jahre betreiben will, ist unklar. Inoffiziellen Berichten zufolge könnten es jedoch bis zu acht Maschinen sein, was der doppelten Anzahl der derzeitigen E-4B entspräche. Um die USAF mit dieser Anzahl von Flugzeugen ausstatten zu können, müsste die SNC alle verbleibenden Boeing 747-8B5 von Korean Air erwerben oder möglicherweise weitere Flugzeuge von anderen Betreibern kaufen.