Lufthansa Technik Maintenance
Tatsächlich haben die LHT-Experten in früheren Jahren an den einzelnen Standorten zwar auch Flugzeuge anderer Airlines betreut, doch waren das immer Typen, welche auch von der Muttergesellschaft eingesetzt wurden. Inzwischen jedoch gehen sie durchaus auch „fremd“ und haben sich zusätzlich auf die Boeing 737NG oder die 787 spezialisiert. Dabei muss man den Begriff „Betreuung“ näher definieren: „Nicht in jedem Falle führen wir Reparaturen oder gar D-Checks durch, bei denen praktisch das komplette Flugzeug auseinandergenommen wird“, erläutert Marc Homann, Leiter des Produktvertriebs der Region West bei LHT. „Reparaturen an der Zelle des Dreamliners beispielsweise sind nicht unser Metier, aber die Komponentenversorgung schon.“
Unter diesen Komponenten allerdings findet man Teile von Triebwerken oder Fahrwerken, Cockpitinstrumente und Hunderte weiterer Artikel, die im Laufe des täglichen Flugbetriebs ausfallen können und im Interesse der Flugsicherheit schnellstens ausgetauscht werden müssen. „Darin liegt unsere Stärke“, ergänzt Reinhardt Ollesch, zuständiger Produktmanager, „denn der Kunde übergibt uns das defekte Teil und bekommt von uns ein neues oder repariertes, wobei ein Eigentümerwechsel stattfindet.“ Also nicht etwa Weiterfliegen mit Leihgeräten für die Dauer der Reparatur, sondern zuverlässiger Austausch – bis zum nächsten Defekt.
Dabei steigen die Spezialisten bei LHT in alle Muster ein, die Geschäfte versprechen, also auch beispielsweise in die CSeries über die Tochterfirma Swiss, die E-Jets von Embraer oder Bombardiers Q400. Selbstverständlich bereiten sie sich auch langfristig auf die Einführung neuer Muster bei der Lufthansa vor, wie zum Beispiel vor einiger Zeit die A380 und jetzt die A350.
„Nach der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arbeit an einem neuen Muster oder nach der Entscheidung der Lufthansa für ein solches in ihrer eigenen Flotte beginnen wir drei bis vier Jahre vor der Indienststellung mit den Vorbereitungen“, schildert Marc Homann das Verfahren. „Als erstes ermitteln wir die Akquisemöglichkeiten und die Kostenbasis sowie die Reparaturkapazitäten im eigenen Haus.“ Vor allem aber werden Referenzen von anderen Flugzeugtypen geprüft, denn wenn auch das Muster neu ist, so trifft das noch lange nicht auf alle Bauteile zu. Nur etwa 20 Prozent der Geräte und Komponenten sind Neuentwicklungen, und selbst die basieren auf bekannten Vorgängern.
Investitionen im zweistelligen Millionenbereich





„Von denen wiederum kennen wir die Zuverlässigkeit und die Kosten“, sagt Reinhardt Ollesch. Also bewerten die Spezialisten bei LHT die Geräte und ihre Dokumentationen und berechnen den Investitionsaufwand. Nicht nur Ersatzteile sind schon vorher anzuschaffen, sondern auch teures Testequipment, denn vor allem für kleinere Airlines oder solche, die nur wenige Exemplare des neuen Flugzeugmusters einführen, lohnt sich dieser ganze Aufwand nicht – er bewegt sich ganz schnell im zweistelligen Millionenbereich.
Ist die Wirtschaftlichkeit gegeben – bei der 787 fiel die Einstiegsentscheidung nach der 100. Bestellung –, werden die Ersatzteilpools angelegt. Allein für die Boeing 787 gibt es bereits drei Main-Pool-Standorte, und zwar in Frankfurt, Singapur und Nordamerika. Das garantiert extrem kurze Lieferzeiten für den Komponententausch, teilweise sogar zwischen zwei Umläufen, so dass der Passagier gar nicht merkt, dass am Flugzeug gearbeitet wurde.
Für den Dreamliner können heute bereits fast 900 Teilenummern bedient werden, und in kürzester Zeit wird angestrebt, dass zwei Drittel aller in Frage kommenden Teile von LHT getauscht und selbst repariert werden können. Das restliche Drittel wird zwar getauscht, dann aber an andere Werkstätten oder den Hersteller zur Überholung geschickt. Dieses professionelle Herangehen ermöglicht es der LHT, den Kunden Gesamtpakete für die Wartung anzubieten.
Drei Kunden gibt es schon für Boeings Vorzeigeflugzeug, und rund 400 Geräte sind bereits getauscht und repariert worden. Dabei spielt wiederum die Erfahrung der Kollegen in den Werkstätten eine Rolle, denn sie kennen aus langjähriger Zusammenarbeit ihre Partner bei den Herstellern und beherrschen schnell die Reparaturtechnologien. Mit der Einführung der neuen Flugzeugmuster gibt es auch schon die Wartungshandbücher, so dass nach und nach die erforderlichen Kapazitäten aufgebaut werden können.
Unter Berücksichtigung der Ausfallwahrscheinlichkeit sind die bisherigen Reparaturaufträge für die 787 noch gering. Bei der A380 gab es anfangs, vor allem bei der Elektronik, mehr Arbeit, „aber das waren die üblichen Kinderkrankheiten“, sagt Marc Hohmann. Allerdings gibt es bei jedem Flugzeug sogenannte „Troublemaker“ mit erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeit, doch LHT sieht sich in der Pflicht, auch hier zuverlässig zu reagieren. „Im Laufe der Jahre haben wir Reparaturtechnologien entwickelt, welche die Eigenschaften der Geräte oder ihre Lebensdauer gegenüber dem Ausgangswert sogar noch verbessern“, sagt Reinhardt Ollesch stolz, und die Kunden wissen das zu würdigen. „Am besten ist es, wenn wir das Teil anschließend nie wiedersehen.“
FLUG REVUE Ausgabe 11/2013