Kabinenbeleuchtung - Wohltuende Farben in der Kabine
Jeder Mensch empfindet Licht anders als sein Nachbar - was dem einen das richtige Leselicht, ist dem anderen zu grell, was der eine als düster wahrnimmt, bezeichnet der andere als gemütlich. Die Liste solcher Beispiele könnte endlos fortgesetzt werden. Sicher ist nur das daraus resultierende Wissen, dass Farbe und Intensität des Lichtes unser Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit, ja sogar die Gesundheit stark beeinflussen können. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Psychologie der Lichtwahrnehmung machen sich daher verstärkt auch Ausrüster von Flugzeugkabinen zunutze, allen voran Diehl Aerospace in Nürnberg.
Früher alles neutralweiß

„Noch zu Beginn der 1980er Jahre war das Kabinenlicht nur neutralweiß", berichtet Dieter Ebersbach, Senior Vice President des Unternehmens, „erzeugt von normalen Leuchtstoffröhren und aus Sicherheitsgründen bei Start und Landung dimmbar." Noch heute kann man auf Kurzstrecken ältere Regionalflugzeuge mit solchen „Neonröhren" finden, die meisten weiß, ein paar schon älter und gelblich und zwischendurch immer mal eine, die schon ausgefallen ist und erst beim nächsten Check ersetzt wird.
So ging das etwa 20 Jahre lang, doch dann brachten Kabinendesigner erstmals das Thema Licht ins Spiel. Diehl reagierte und bot den Airlines als Option farbiges, dimmbares Licht an, zunächst in der A340-700. Jetzt ging es Schlag auf Schlag: 2002 kam die Boeing 777 mit der ersten Generation einer so genannten Hybridbeleuchtung, also einer Kombination aus Leuchtstoffröhren und LEDs, 2003 folgte die zweite Generation in der A330/340-Familie, 2004 die dritte Generation in der A380, und die Boeing 787 ist mittlerweile das erste Verkehrsflugzeug, das nur noch mit LEDs beleuchtet wird.
LED und Lichtstimmungen

LEDs wiederum, Licht emittierende Dioden, sind Halbleiterkristalle, die in einem Gehäuse das Licht punktförmig ausstrahlen. Sie senden ein gleichmäßiges Licht aus, benötigen aber spezielle Strahlerkonstruktionen, um aus dem Punkt- ein Flächenlicht zu machen. LEDs wurden Anfang der 1960er Jahre entwickelt, hatten aber zunächst nur eine sehr geringe Lichtausbeute, so dass sie höchstens als Signallämpchen dienen konnten. Erst in den 1990er Jahren war es möglich, sie für Beleuchtungszwecke zu installieren.
Für den Flugzeugbau waren die leuchtenden Halbleiter zuerst wegen ihrer geringen Masse, der Robustheit und langen Lebensdauer sowie wegen des niedrigen Stromverbrauchs interessant. Dass man mit ihnen auch Lichtstimmungen erzeugen kann, war dann die Idee der Designer, und inzwischen testet man sogar schon die ersten OLEDs, organische Leuchtdioden, mit denen man flächiges Licht erzeugen kann. Kabinengestalter träumen bereits von Wasserfällen aus großflächigen, transparenten OLEDs einschließlich aller Farbverläufe - in wenigen Jahren soll es so weit sein. Damit ist das Ende der Leuchtstofflampen an Bord endgültig besiegelt.
„Nicht nur die Lichtstärke hat einen Einfluss auf Konzentration und Wohlbefinden der Passagiere", erläutert Dirk-Achim Schevardo, der für den Vertrieb zuständig ist, „sondern auch die Lichtfarbe." So wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Körper bei schwachem rotem Licht das Schlafhormon Melatonin ausschüttet, während kühles blaues Licht die Produktion des Stresshormons Corfsol für höhere Aufmerksamkeit anregt. „Diese Erkenntnisse machen wir uns zunutze und können den Airlines spezielle Farbprogramme für die unterschiedlichsten Langstreckenflüge anbieten.“
Lichtanpassung und Tests






Ein Beispiel für Lichtanpassung gegen Jetlag zeigt unsere Bildstrecke, die einen 18-stündigen Flug von New York nach Kuala Lumpur darstellt. Startet der Passagier morgens um acht Uhr in New York, so kommt er um 16.00 Uhr Ortszeit dort an, doch seine innere Uhr signalisiert ihm, dass es zwei Uhr nachts ist. Die Schwierigkeiten mit der Zeitanpassung sind allgemein als Jetlag bekannt und können manchen Menschen ganz schön zu schaffen machen. „Wir haben das getestet", sagt Schevardo, „und sind in der Lage, diese 18 Stunden mit unserem Licht künstlich in zwei verkürzte Tage zu unterteilen." Damit ist der Passagier beim Aussteigen viel besser an die Ortszeit angepasst. Auch an diesem Beispiel erkennen wir gut die Aufteilung in warme Farben für die Ruhephasen und kühle für die Arbeitsperioden.
Dem voraus gingen eine Menge wissenschaftlicher Untersuchungen. Da spielten Testpersonen schon einmal stundenlang Tischtennis in einem Kabinen-Mock-up, wobei sie abwechselnd den verschiedensten Farbstimmungen ausgesetzt wurden, denn, wie eingangs bereits beschrieben, jeder Mensch nimmt Farben anders wahr. Die medizinischen und psychologischen Daten der Probanden, die Auskunft über Aktivität und Ruhe, positiven Stress und Müdigkeit geben sollten, wurden akribisch aufgezeichnet und ausgewertet. An Bord eines Flugzeuges indessen befinden sich mehrere hundert Menschen, für die ein gemeinsamer Wohlfühl-Mittelwert gefunden werden muss - ein höchst schwieriges Unterfangen!
Beim Kurzstreckenflugzeug ist das nicht weiter schlimm, denn in dessen Kabine braucht man nur ein neutrales Weiß mit einer guten Helligkeit. Die meisten Passagiere lesen Zeitung während der kurzen Flugzeit, und dafür reicht es allemal. Auch hier werden heute fast ausschließlich LEDs eingesetzt. Für die Langstrecke aber gibt es noch viele Pläne, denn der Konkurrenzkampf der Airlines ist groß. Da muss man dem Fluggast schon einiges bieten, wenn man ihn künftig regelmäßig an Bord begrüßen will, und der Wohlfühlfaktor ist hier ganz entscheidend.
Trends

Ein weiteres Spitzenprodukt der Nürnberger ist ein Sternenhimmel an der Kabinendecke, der nach dem stilvollen Sonnenuntergang erscheint - Erstkunde war Emirates. Doch schon wird weiter geforscht: Nicht nur die Decke der Kabine wird künftig Lichtstimmungen ausgesetzt, sondern auch die Side Walls, also die Wände werden in die Konzepte einbezogen. Spezielle Flächen sollen extra beleuchtet werden, wie Bars, Treppen, Küchen oder Trennwände, und auf Kundenwunsch wird es auch Regenbögen oder wandernde Leuchtzonen geben.
Schließlich wird an Programmen gearbeitet, das Licht mit Musik oder Lautsprecheransagen der Besatzung zu kombinieren.