Inflight Entertainment Systems
Inflight Entertainment Systeme sind ein fester Bestandteil des Markenauftritts einer Fluggesellschaft. Auch wenn sie den Eindruck erwecken, dass es sich um einfache Systeme handelt, so steckt doch eine ausgeklügelte Technik dahinter, die sich aufgrund der Entwicklung der individuellen Unterhaltungselektronik in immer kürzeren Intervallen neu erfinden muss, denn der Fluggast erwartet an Bord einer Airline nicht mehr nur die neuesten Filme, sondern auch die Möglichkeit, seine individuellen Geräte wie iPad, MP3-Player oder Laptop anschließen und nutzen zu können.
Die ersten Angebote mit Bordunterhaltung machte man den Fluggästen in der First und der Business Class auf Langstrecken, denn auch diese Passagiere können trotz ihrer höheren erkauften Bequemlichkeit schnell von Langeweile befallen werden. So stellte man den Passagieren musikalische Tonkonserven und Kopfhörer zur Verfügung, und am Anfang eines jeden Sitzblocks konnte eine Leinwand aus der Kabinendecke entrollt werden, auf die leichte Unterhaltungsfilme projiziert wurden. Zu beachten war allerdings, dass nur ja keine Katastrophenfilme gezeigt werden durften, denn an Bord eines jeden Flugzeuges befinden sich immer auch Menschen mit Flugangst, denen man Brände, Explosionen oder gar Flugzeugabstürze im Film nicht zumuten wollte.
Das Bordkino war schon eine wichtige Verbesserung der Unterhaltungsqualität, doch es hatte auch Nachteile: Wer weiter hinten saß, sah nicht mehr viel vom Film, und die Kopfhörer waren auch nicht gerade von einer solch hohen Qualität, dass sie Musik oder den Filmton zuverlässig vom Kabinenlärm abschotteten. Wem also diese Form der Unterhaltung nicht zusagte, dem blieb nur ein dickes Buch oder sonstiges Lesematerial.
Inflight Entertainment Systeme sind nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich ein wichtiger Industriezweig geworden. Es gibt eine Vielzahl von Herstellern, die entweder aus der Aerospace-Industrie kommen wie zum Beispiel Rockwell Collins und Honeywell Aerospace oder die aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik kommen wie zum Beispiel Panasonic. Um das Jahr 2000 herum machte die Bordunterhaltung einen wahren Sprung nach vorn, denn jetzt konnten Flachbildschirme mit Flüssigkristallanzeige massenhaft hergestellt werden. Vor allem ihre geringe Einbautiefe machte sie für die Fluggesellschaften interessant, auch die relative Farbtreue und Bildschärfe. Weil diese Geräte zuerst in den höheren Klassen installiert wurden, konnte man dem Verschwinden des Bildes ab einem bestimmten Blickwinkel mit entsprechenden Schwenkmechanismen entgegenwirken. Schon nach kurzer Zeit wurden solche Bildschirme aber auch in der Economy Class auf Kurz- und Mittelstrecken eingebaut, zuerst allerdings unter der Kabinendecke, wo sie nach dem Start aus- und vor der Landung wieder eingefahren wurden. In älteren Flugzeugen kann man dieses System noch heute finden.
Parallel zur Einführung der individuellen Bildschirme folgte auch die Umstellung auf Netzwerktechnologie. Server ersetzten die Videoplayer, und jeder Passagier kann sich seitdem sein eigenes Programm zusammenstellen, egal ob er Musik hören, einen Film anschauen, ein Lernprogramm durcharbeiten möchte.
Revolutionär war bei den Bordunterhaltungssystemen die Einführung von Programmen, die den Passagieren erlauben, die aktuelle Position des Flugzeugs in Echtzeit zu verfolgen. Weitere Flugdaten wie aktuelle Geschwindigkeit, Zeit bis zum Ziel, Zeit seit dem Abflug oder aktueller Gegenwind, brachten wieder ein Stück des fliegerischen Erlebens in die Passagierkabinen. Rockwell Collins war einer der Pioniere dieser Technologie. Das Airshow-System wurde im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt und kann heute auch ein synthetisches Bild der Umgebung, über die das Flugzeug fliegt, erzeugen.
Sicherheit steht auch bei der Installation von Bordunterhaltungssystemen an oberster Stelle. Deswegen ist die Zulassung eines solchen System auch keine einfache Angelegenheit. Jeder kennt das Bild von den Sicherheitsbelehrungen, dass man bei einer Notlandung den Kopf tief nach unten nehmen soll. Was aber, wenn sich im Falle einer abrupten Bremsung genau in Bewegungsrichtung ein LC-Bildschirm befindet? Die Vorstellung, dass man dann mit dem Kopf in eine Glasscheibe schießt, war nicht gerade angenehm. Inzwischen weiß aber jeder, der einen Laptop besitzt, dass die „gläserne“ Abdeckung der Flüssigkristallanzeige äußerst flexibel ist und beim Bruch keinesfalls in lebensgefährlichen Glasscherben endet.
Damit war der Weg frei für den Einzug der Farbbildschirme auch in der Economy Class – hat erst eine Airline damit angefangen, müssen die anderen einfach nachziehen, wenn sie in der Publikumsgunst nicht abgehängt werden wollen. Jetzt ist das Angebot an Musik, Filmen oder Spielen sogar nicht mehr nur auf die Langstrecke beschränkt, und jeder Passagier kann sich seine individuelle Bordunterhaltung aussuchen. Bei der Condor wird das gesamte Programm alle vier Monate erneuert, bisher jedenfalls, denn seit die Kabinenerneuerung in der Langstreckenflotte läuft, erfolgen Teil-Aktualisierungen sogar alle zwei Monate, ein Komplettaustausch schließlich einmal pro Halbjahr.
Der wirtschaftliche Druck, unter dem Airlines heute stehen, hat dazu geführt, dass die Bordunterhaltungssysteme nicht in jedem Fall mehr kostenfrei unbegrenzt zu nutzen sind. Kopfhörer gibt es bei einigen Fluggesellschaften beispielsweise nur noch gegen Gebühr und bei manchen Billigfluggesellschaften bekommt man manche TV-Serien oder aktuelle Filme nur noch zu sehen, wenn zuvor die Kreditkarte eingegeben worden ist.
Der nächste Schritt in der Bordunterhaltung wird noch weiter in Richtung Individualisierung gehen. Die ersten Airlines, wie die kanadische Westjet, ermöglicht ihren Fluggästen, ihre eigenen elektronischen Geräte drahtlos über WiFi mit dem Bordunterhaltungssystem des Flugzeugs zu verbinden und sich so die Zeit an Bord zu vertreiben, wie sie es für sinnvoll erachten. Eine Satellitenverbindung sorgt für eine Verbindung mit dem Internet, so dass an Bord E-Mails abgearbeitet werden oder Websites aufgerufen werden können.
Condor beispielsweise hat sich der RAVEOLUTION von Zodiac angeschlossen, einem Hersteller, der vor allem mit erschwinglichen Systemen und großer Ausfallsicherheit wirbt – jeder Einzelsitz arbeitet wie ein Einzelrechner, so dass bei eventuellen Schäden nicht die gesamte Kabinensektion betroffen ist.
Andere, wie Thales zum Beispiel, haben Bildschirme, die auf Hand- oder sogar Augenbewegungen des Benutzers reagieren, schon fast bis zur Serienreife gebracht, so dass man keine Fernbedienung am Kabel mehr braucht. Allein das System dazu zu bringen, dass es tatsächlich auf seinen Nutzer reagiert, ist schon so spannend und teilweise auch spaßig, dass man darüber völlig die Zeit vergisst.
Forschungschef Brett Bleacher aus dem südkalifornischen Entwicklungszentrum des Unternehmens ist sich sicher, dass bald noch mehr Neuerungen in die Kabine Einzug halten werden. Sie werden, wie heute schon die Großbildschirme und in ein paar Jahren holografische Darstellungen, natürlich zuerst in der First und der Business Class eingesetzt werden, aber auch dann wieder den Siegeszug in die „Holzklasse“ antreten.
Zeitvertreib im Wandel

Als in den 1950er Jahren selbst auf der Langstrecke noch Propellerflugzeuge eingesetzt wurden, war man viel länger unterwegs. Dennoch konnte man der Langeweile besser entgegen wirken, denn die Kabinen waren für die gut betuchten Gäste großzügig ausgestattet, so dass die Bewegungsfreiheit kaum eingeschränkt war. Viel Zeit nahm beispielsweise in der hier abgebildeten Kabine der Senator-Klasse der Lufthansa das Essen ein, das in mehreren Gängen direkt an Bord zubereitet und serviert wurde. Danach rauchte man eine Entspannungszigarette (die Drei-Stück-Schachteln lagen neben dem feinen Porzellan oder Kristall des Desserts) und wandte sich bei Kaffee und Cognac geistigen Gesprächen oder dem Kartenspiel zu. Auf Musik und Filme allerdings mussten die Passagiere verzichten, weil die Wiedergabetechnik noch nicht weit genug entwickelt war; ein Filmprojektor oder ein Plattenspieler hätten bei Turbulenzen doch arge Wiedergabefehler zur Folge gehabt.