Weltkriegslegende - alles zur Messerschmitt Bf 109 Emil

90 Jahre Messerschmitt Bf 109
E wie Emil: Der legendäre Erfolgsjäger

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Veröffentlicht am 16.03.2025

Die Jagdgeschwader der Luftwaffe waren Ende 1938 durchweg mit Bf 109 ausgestattet, meist der Variante Dora. Die veralteten Doppeldecker-Typen gehörten der Vergangenheit an. Und nicht nur das: In den Einheiten erwartete man sogar eine deutlich stärkere Version. Die Rede war von Messerschmitts neuer Bf 109 E mit bärenstarkem Daimler-Benz-Motor. Lange hatte man bei den Bayerischen Flugzeugwerken beziehungsweise Messerschmitt darauf gewartet, ehe die Bf 109 serienmäßig mit dem neuen Zwölfzylindermotor DB 601 ausgerüstet werden konnte. Erfahrungen mit dem 34-Liter-Aggregat hatte man schon 1937 mit den Versuchsflugzeugen Bf 109 V13 und V14 sammeln können, die auch beim VI. Züricher Flugmeeting 1937 vertreten waren.

Anschließend optimierte man die V13 technisch sowie aerodynamisch und baute den Rennmotor DB 601/Re III mit einer Spitzenleistung von etwa 1650 PS ein. Lohn der Mühe: Am 11. November 1937 schraubte Hermann Wurster mit der speziellen 109, offiziell als Bf 113 R bezeichnet, den bestehenden Geschwindigkeitsweltrekord für Landflugzeuge von Howard Hughes von 567 km/h auf 610,95 km/h.

Startklare Messerschmitt Bf 109 E-1 des JG 77
Sammlung Ringlstetter

Leistungszuwachs

Die Serienausgabe der Emil basierte technisch auf den Mitte Dezember 1937 erstmals geflogenen Versuchsflugzeugen V15 und V15a, die sämtliche für die Großserienfertigung wichtigen Belange berücksichtigten. So war die komplette Zelle der 109 von Grund auf neu durchgerechnet und den stark gestiegenen Anforderungen seitens des mächtigen, bis zu 1100 PS starken DB 601 A samt Dreiblatt-Verstellluftschraube angepasst. Die neu entwickelte Benzindirekteinspritzung des DB 601 ermöglichte es dem Jagdflieger, direkt in den Sturzflug überzugehen, während Maschinen mit Vergasermotoren zunächst auf den Rücken gedreht werden mussten, um positive g-Kräfte aufzubauen und Motoraussetzer zu vermeiden. Gegenüber der Bf 109 "Dora" erhöhte sich die Abflugmasse der "Emil" von 2160 Kilogramm auf annähernd 2600 Kilogramm bei der Serienausführung Bf 109 E-1. Der Leistungszuwachs gegenüber der Bf 109 D fiel beträchtlich aus: Die Höchstgeschwindigkeit stieg um rund 100 km/h an und das Steigvermögen der Bf 109 E zauberte so manchem Piloten ein breites Grinsen ins Gesicht. Start und Landung mit der Bf 109 waren bisher schon kein Kinderspiel, das kleine Jagdflugzeug hatte so seine Macken, die es zu beachten gab – umso mehr galt dies bei der stärkeren Emil. Die Bf 109 verlangte die volle Aufmerksamkeit ihres Piloten, alles musste genau passen. Der Zeitpunkt des Spornradhebens und das saubere Gegensteuern mit dem Seitenruder, um das gewaltige Präzessionsmoment der Luftschraube auszugleichen, waren elementar wichtig. Die Landung in Dreipunktlage war Pflicht, um ein Ausbrechen zu vermeiden.

Messerschmitt Bf 109 E-1, Rote 14, bei der Waffenjustierung
Sammlung Ringlstetter

Mit neuem "Gesicht"

Neben den Leistungsdaten unterschied sich die Emil auch äußerlich deutlich von ihren Vorgängern, denn der Einbau des größeren DB 601 führte zu einer komplett neuen Frontpartie und einem wesentlich schnittigeren und eleganteren Erscheinungsbild. Der Ölkühler befand sich jetzt direkt unterhalb des Motors, während die Kühlflüssigkeit über zwei flache Kühler unter den Tragflächen wohltemperiert blieb. Das Kraftstoffvolumen erweiterte man wegen des durstigeren DB-Aggregats von 337 Liter auf 400 Liter und verlegte den Einfüllstutzen in den Rumpfrücken. Hinsichtlich der Bewaffnung änderte sich bei der ab 1938 gebauten Vorserie Bf 109 E-0 (zwölf Stück) und E-1 dagegen nichts. Sie bestand wieder aus vier Maschinengewehren MG 17, Kaliber 7,92 Millimeter. Zwei davon waren synchronisiert über dem Motor installiert, die anderen beiden MG 17 außerhalb des Propellerkreises in den Flügeln untergebracht. Zudem war für die E-Version ein mittig hinter dem DB 601 montiertes schweres 20-mm-Maschinengewehr MG FF (im Grunde eine Maschinenkanone) vorgesehen. Doch die durch die hohle Luftschraubennabe schießende Waffe bereitete zu große Probleme und wurde zunächst auf Eis gelegt. Die vorgesehene Bf 109 E-2 mit Motorkanone ging daher nicht in Serie, wenngleich in Unterlagen der Wiener Neustädter Flugzeugwerke (WNF) die Version E-2 auftaucht. Ein paar Bf 109 E sollen mit dem MG FF bestückt gewesen sein.

Der DB 601 A  Flugmotor von Daimler-Benz im Deutschen Museum München
Sammlung Ringlstetter

MG FF in den Flächen

Da bereits bei der Bf 109 B Schwierigkeiten mit der Motorwaffe aufgetreten waren, hatten die Messerschmitt-Ingenieure im Vorfeld einen neuen Waffenflügel konstruiert, der den Einbau von zwei MG FF in den Tragflächen erlaubte und in wenigen Exemplaren der Bf 109 C praktisch umgesetzt war. So entstand neben der Bf 109 E-1 auch die mit MG FF in den Flügeln ausgestattete Bf 109 E-3 in Großserie. Die Feuerkraft der E-3 nahm dadurch zwar stark zu, doch belief sich der Munitionsvorrat je MG FF auf lediglich 60 Schuss, während für die Flächen-MG-17 der E-1 jeweils 500 Schuss verfügbar waren. Mittels Bombenträger konnten ab Mitte 1940 zudem eine 250-kg-Bombe oder auch vier 50-kg-Bomben unter dem Rumpf mitgeführt werden. Gekennzeichnet waren die Jagdbomber mit dem Zusatzkürzel B, also etwa E-1/B. Die Version Bf 109 E-4 kam ab Mitte 1940 mit dem MG FF/M in den Flächen zu den Verbänden, mit der sich eine weitaus wirkungsvollere Minenmunition (M) verschießen ließ. Außerdem war die E-4 mit einer oben eckigen, verstärkten Kabinenhaube ausgerüstet, die bereits bei den Versionen E-1/E-3 im Laufe der Fertigung Einzug hielt. Sie war einfacher aufgebaut und verbesserte die Sicht, kostete aber auch ein paar Stundenkilometer Fahrt. Auch kamen serienmäßig ein Kopf- und Schulterpanzer sowie eine Panzerplatte hinter dem selbstdichtenden Tank zum Einbau. Ältere Maschinen ließen sich nachrüsten. Eine aufsetzbare Panzerglasscheibe war ebenfalls verfügbar, jedoch nicht serienmäßig.

Warte hängen per Hubwagen LWC 500 eine 250-kg-Bombe SC 250 unter eine Bf 109 E-4/B
Sammlung Ringlstetter

Spezielle Versionen

Spürbaren Leistungszuwachs erhielten einige Bf 109 E durch die Ausrüstung mit dem höher verdichteten, bis zu 1300 PS leistenden DB 601 N, der mit 100-Oktan-Kraftstoff C3 betrieben werden musste, der im Deutschen Reich jedoch in nur geringen Mengen zur Verfügung stand. Derart motorisierte Maschinen wurden neben dem Kraftstoffhinweis C3 oder 100 unterhalb des Tankdeckels zusätzlich mit einem N auf der Motorhaube markiert. In Exportmaschinen war der DB 601 Aa (a für Ausland) mit einer angegebenen Startleistung von 1175 PS bei 1,45 ata Ladedruck und 2400 U/min verbaut. Die Bf 109 E-5 gelangte serienmäßig als schneller Nahaufklärer mit hinter der Kabine montierter Reihenbildkamera RB 21/18, mit auf die beiden Rumpf-MG reduzierter Bewaffnung und DB 601 N zu den Einheiten. Die Bf 109 E-6 erhielt dagegen zwei Reihenbildkameras RB 12,5/7,5. Für den Einsatz in südlichen Gefilden stellte Messerschmitt eine nachträglich installierbare Tropen-Ausrüstung bereit, die mit dem Zusatzkürzel Trop (auch trop) gekennzeichnet war. Neben dem Sandfilter vor dem Laderlufteinlass waren unter anderem mehrere Abdeckungen, ein Sonnenschirm, ein Karabiner sowie eine spezielle Notausrüstung obligatorisch. Basierend auf der E-Reihe entstand für den in Bau befindlichen Flugzeugträger Graf Zeppelin die Bf 109 T mit auf 12,08 Meter vergrößerter Spannweite, DB 601 N und Trägerausrüstung. Doch erhielt nur ein Teil der 70 Bf 109 T die Ausstattung, die man letztlich aus allen gebauten Exemplaren dieser Reihe wieder entfernte, da der Bau des Trägers nur schleppend vorankam und 1943 ganz eingestellt wurde.

Eine Bf 109 E-7 des JG 27 auf Sizilien vor der Verlegung nach Nordafrika
Sammlung Ringlstetter

Letzte Emil-Versionen

Die Bf 109 E-7 konnte ab Werk wahlweise eine Bombenlast oder einen abwerfbaren 300-Liter-Zusatztank mitführen. Ältere Versionen ließen sich nachrüsten, wozu auch ein 9-Liter-Zusatzölbehälter gehörte. Während der Luftschlacht um England im Sommer und Herbst 1940 hätten sich durch den Zusatztank viele Verluste vermeiden lassen. Doch hatte man mit dem den britischen Jägern unterlegenen Langstreckenjäger Bf 110 auf das falsche Pferd gesetzt. Den Zusatz Z erhielten mit einer GM-1-Anlage ausgestattete Maschinen, wobei in Höhen über 6500 Metern Distickstoffmonoxid (Lachgas) in die Ladeluft eingespritzt wurde, was bis zu 280 PS Mehrleistung ermöglichte. Die Version E-8 kam als Jäger mit erhöhter Reichweite, während die Bf 109 E-9 als Höhenaufklärer mit schwerem Reihenbildgerät RB 50/30 flog. Eine mit Kappen unterschiedlicher Ausführung geschlossene Propellerhaube erhöhte die Höchstgeschwindigkeit ein wenig und tauchte ab etwa Herbst 1940 bei allen Emil-Versionen auf.

Emil im Ausland

Neben der deutschen Luftwaffe führten auch die Luftstreitkräfte von Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien (meist ehemalige Luftwaffe-Flugzeuge), Spanien (ehemalige Jagdgruppe 88) und der Schweiz die Bf 109 E in ihren Reihen. Die Japaner kauften fünf Bf 109 E, konnten sich jedoch letztlich nicht so recht für den deutschen Jäger begeistern. Die Sowjetunion erhielt noch im Frühjahr 1941, also kurz vor dem deutschen Angriff, drei Bf 109 E-3. Insgesamt sollen bei Messerschmitt, AGO, Erla, Arado, Fieseler, Focke-Wulf und WNF etwa 3700 Exemplare aller Emil-Baureihen entstanden sein, darunter rund 3460 für die Luftwaffe.

Oberleutnant Kroeck, Staffelkapitän der 4./JG 53, unterweist seine Männer vor dem nächsten Einsatz im November 1939
Sammlung Ringlstetter

An der Front

Die Jagdgruppe 88 der Legion Condor in Spanien erhielt 1938/39 45 Bf 109 E-1 und E-3, die die Kennungen 6-87 bis 6-131 trugen und die sowjetischen Typen Polikarpow I-15 und I-16 der Republikaner leistungsmäßig klar distanzierten. Über Polen setzte die Jagdwaffe überwiegend Bf 109 E ein, die um bis zu 190 km/h schneller waren als die polnischen PZL P.11. Einzig Kurbeleien galt es für die Deutschen strickt zu vermeiden. Die gut ausgebildeten französischen Piloten stellten sich 1940 in ihren Morane MS.406, Bloch MB.152 und Curtiss Hawk 75 den deutschen Angreifern. Alle drei erwiesen sich als langsamer, jedoch wendiger als die Bf 109 E, genau wie die Hurricane der Briten. Einzig die französische Dewoitine D.520 stellte sich als insgesamt gleichwertiger Gegner heraus. Doch verhinderte die chaotisch agierende französische Armee-Führung generell den effektiven Einsatz der Armée de l’Air, die der deutschen Luftwaffe zahlenmäßig überlegen war. In der Supermarine Spitfire der Royal Air Force fand die 109 in den harten Kämpfen um die Luftherrschaft über England ihr ungleiches Pendant auf Augenhöhe. Beim Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 befanden sich noch etliche Bf 109 E in den Einheiten und trafen abermals meist auf I-16 und I-15 sowie die weiterentwickelten I-15 und I-153. Unter den neuen, modernen Typen erwies sich Jakowlews Jak-1 dagegen als ebenbürtig, jedoch waren erst wenige Maschinen ausgeliefert. Die meisten deutschen Jagdverbände flogen jedoch bereits die neue Bf 109 "Friedrich", mit der Messerschmitt das nächste Kapitel im 109-Buch aufschlug.

Grafiken der Messerschmitt Bf 109 Emil
Sammlung Ringlstetter

Technische Daten

Messerschmitt Bf 109 E-3 und E-4 (E-1)

Einsatzzweck: einsitziges Jagdflugzeug

Antrieb: Daimler-Benz DB 601 A, flüssig- keitsgekühlter V12-Zylindermotor

Startleistung: 1100 PS* bei 2400 U/min

Kurzleistung für 5 min.: 1020 PS* bei 2400 U/min in 4000 m

Dauerleistung: 860 PS* bei 2200 U/min in 4300 m

Länge: 8,76 m**

Höhe: 2,60 m

Spannweite: 9,90 m

Flügelfläche: 16,40 m²

Leergewicht: 1865 kg (1860 kg)

Rüstgewicht: 2053 kg (2029 kg)

Abfluggewicht: 2608 kg (2573 kg)

Höchstgeschwindigkeit: 560 km/h in 4500 m, 460 km/h in Bodennähe

Marschgeschwindigkeit: 380 km/h

Landegeschwindigkeit: 135 km/h

Startstrecke über 20 m Hindernis: 410 m

Landestrecke über 20 m Hindernis: 530 m

Steigleistung: 1000 m in 1,0 min 3000 m in 3,0 min 6000 m in 6,3 min 9000 m in 16,0 min

Reichweite: 560 km

Dienstgipfelhöhe: 10 500 m

Bewaffnung: 2 x MG 17 – 7,92 mm, mit je 1000 Schuss 2 x MG-FF – 20 mm mit je 60 Schuss in Flächen (2 x MG 17 mit je 500 Schuss)

* Zu den Leistungsdaten gibt es unterschiedliche Werte.

** Es existieren unterschiedliche Längenangaben, was meist der Messart geschuldet ist