Für ihre Liebhaber sind die Bücker-Flugzeuge die besten jemals in Deutschland gebauten Leichtflugzeuge. Doch nicht Clemens Bücker selbst schuf die Erfolgskonstruktionen. Vielmehr war es sein Chefkonstrukteur, der Schwede Anders Johan Andersson, der Bücker mit seinen hervorragenden Entwicklungen den großen Durchbruch als Luftfahrtindustrieller ermöglichte. Schon seit den 20er Jahren hatte Andersson für Bücker bei Svenska Aero gearbeitet, die dieser auf Heinkels Initiative hin und mit dessen Unterstützung zur Produktion von Heinkel-Flugzeugen in Lidingö bei Stockholm gegründet hatte. Als Bücker im Oktober 1933, knapp ein Jahr nach dem Konkurs der Svenska Aero, zunächst in Berlin-Johannisthal die Bücker Flugzeugbau GmbH gründete, folgte ihm Andersson nach Deutschland.
Wie schon den weltweit erfolgreichen Doppeldecker Bü 131 Jungmann entwickelt Bücker die Bü 181 Bestmann zunächst auf eigenes Risiko. Ziel ist ein leichtes Sport- und Reiseflugzeug mit möglichst geringen Betriebskosten, das mit sehr guten Flugeigenschaften auch für die Anfängerausbildung taugen soll. Tatsächlich bedeutet die Bestmann später für die Pilotenausbildung der Luftwaffe einen Riesenschritt nach vorne. Gegenüber den bis dahin offenen Trainern mit Tandemcockpit, wie der Bücker Jungmann oder dem Focke-Wulf Stieglitz erleichtert ihre geschlossene Kabine mit nebeneinander angeordneten Sitzen die Kommunikation zwischen Flugschüler und -lehrer enorm. Als Tiefdecker fliegt sie dynamischer als die Doppeldecker. Auf der Bestmann können auch Basismanöver für den Luftkampf trainiert werden.
Andersson bringt einen für die damalige Zeit modernen Leichtbau aufs Reißbrett. Auch von seiner aerodynamischen Auslegung her ist er für gute Flugleistungen trotz relativ schwacher Motorisierung optimiert. Es wirft ein Schlaglicht auf die Qualität des Anderssonschen Entwurfs, dass selbst die meisten heutigen vergleichbaren Flugzeuge kaum bessere Leistungen als die Bestmann bringen. Der vordere Rumpfteil einschließlich dem Kabinenbereich besteht aus einem Stahlrohrgitter-Gerüst mit den Aufnahmen für die Tragflügel. An vier Punkten schließt daran der Leitwerksträger an, eine mit dünnen Spanten verstärkte Sperrholzschale. Der vordere Rumpfteil ist überwiegend mit Alublechen beplankt, partiell auch stoffbespannt. Diese Bauweise ermöglicht einerseits ein geringes Strukturgewicht, andererseits sind die Rümpfe sehr rationell und damit schnell zu fertigen.
Das Fahrwerk ist recht engspurig. Der Hauptgrund dafür ist die Krafteinleitung der Fahrwerksstöße in die stabile Gitterrohrstruktur (prinzipiell ähnlich wie bei der Bf 109). Spiralfedern und Öldämpfer fangen Lastspitzen aufgrund harter Landestöße ab. Das Spornrad ist mit dem Seitenruder gekoppelt und kann zum Rangieren auf engem Raum ausgekuppelt werden.
Die Tragflügel entstehen in reiner Holzbauweise. Dabei sind die Tragflächennasen bis hin zum Hauptholm mit Sperrholz beplankt. Der so gebildete Torsionskasten nimmt im Verbund mit dem Hauptholm die Verwindungs- und Biegekräfte der Flügel auf. Die hintere Hälfte der Tragflächen und die Querruder sind stoffbespannt. Die Spreizklappen hingegen sind eine einfache Metallkonstruktion. Am Leitwerk der Bestmann, das ebenfalls in Holzbauweise erstellt ist, fallen die sehr großen Ruderflächen auf. Schon dies ist ein Indiz für die gute Manövrierfähigkeit auch im Kunstflug.
Im Hinblick auf komfortable, schnelle Motorwechsel sind die Motorträger, die den Motor rechts und links halten, zur Seite klappbar. Die ersten Bü 181 Bestmann werden mit dem Reihen-Vierzylinder Hirth HM 504 mit 105 PS Leistung ausgerüstet.
Erstflug

Im Februar 1939 startet Bückers Werkspilot Arthur Benitz in Rangsdorf mit dem Prototyp zum Erstflug. Schnell steht fest: Dieses Flugzeug ist ein großer Wurf! Nicht nur wegen seiner ausgezeichneten Flugeigenschaften. Die Bücker bietet bisher bei einem Trainer nicht gekannten Komfort. In der 1,25 m breiten Kabine kann die Besatzung selbst im dicken Winterpelz nebeneinander sitzen, ohne sich zu sehr auf die Pelle zu rücken. Die Sitze sind selbst während des Fluges bequem in der Höhe zu verstellen. Eine starke Feder zur Unterstützung macht die Höhenverstellung zum Kinderspiel. Ebenso können die Seitenruderpedale bequem mittels einer Kurbel der Sitzposition des Piloten angepasst werden. In Werksschriften stellt Bücker besonders heraus, dass die gesamte Anfangs-schulung mit den Klappen in Startstellung geflogen werden könne, bin hin zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h. Erst später könne man dann in die Ausbildung das Starten und Landen mit den vorgesehenen Klappenstellungen aufnehmen. Aus heutiger Sicht klingt das sehr ungewöhnlich, wird aber unter dem Aspekt verständlich, dass die deutschen Basistrainer bis zum Erscheinen der Bü 181 überhaupt nicht mit Landeklappen ausgerüstet waren.
Die Werkserprobung und, ab Ende Juli 1939, die anschließenden Tests bei der Erprobungsstelle Rechlin bringen sehr gute Ergebnisse. Die Leistungen der Bücker sind gut. Mit ihrem nur 105 PS starken Hirth-Motor erreicht sie 200 km/h. Auf 100 Kilometer Strecke gerechnet, benötigt die Bestmann dabei nur etwas über 13 Liter Treibstoff. Sie lässt sich einfach bedienen und ist sehr agil. Dabei sind die Start- und Landestrecken sehr kurz. Nur wenige Details, wie zum Beispiel die anfangs unterteilten Einstiegstüren, bedürfen der Nachbesserung. Im Vergleich mit der etwas aufwändiger gebauten Arado 79 schneidet die Bü 181 Bestmann besser ab. Bald steht fest, dass sie der neue Standardtrainer der Luftwaffe wird. Damit bekommt Bücker auch die finanzielle Sicherheit für den Ausbau seines Flugzeugwerks in Rangsdorf, der für die Aufnahme der Großserienfertigung der Bestmann notwendig ist.
Mitte 1940 beginnt die Serienproduktion. In der A-Version wird zunächst noch der Hirth 504 verbaut. Mit der Version B-1 kommt jedoch nach etwa 80 ausgelieferten Flugzeugen die Umstellung auf den gleich starken, aber technisch verbesserten Hirth 500. In den Flugzeugführerschulen bewährt sich das neue Trainingsflugzeug ausgezeichnet. Bei einigen Kampfverbänden wird die Bestmann auch als leichtes Verbindungsflugzeug genutzt. Trotz der Werksvergrößerung reicht Bückers Kapazität nicht aus, dem Bedarf nachzukommen, da auch noch Fremdmuster gefertigt werden müssen. Deshalb laufen schon ab 1941 Vorbereitungen, bei Fokker im besetzten Holland eine weitere Produktionslinie einzurichten. Im Jahr darauf beginnt Fokker die Fertigung, liefert 1942 aber zunächst nur 34 Flugzeuge. Später wird auch bei Zlin im tschechischen Otrokovice die Fertigung der Bü 181 aufgenommen. Rund 1500 Bestmann entstehen so für die Luftwaffe im Ausland. Bücker selbst soll bis zum Kriegsende in Rangsdorf etwa 1200 Exemplare gebaut haben. Mehrere Versionen entstehen, die sich durch unterschiedliche Ausrüstung und kleine strukturelle Änderungen aber nur marginal unterscheiden.
Kurz vor dem Ende des Krieges wird die Bü 181 Bestmann noch in eine Rolle gedrängt, für die sie nie gedacht war. Die Ausbildung neuer Piloten ist zu diesem Zeitpunkt schon lange zum Erliegen gekommen. Die Kriegslage ist völlig aussichtslos. Da wird die geradezu wahnwitzige Idee geboren, überschüssige Bestmann der Fliegerschulen zur Panzerbekämpfung einzusetzen. In aller Eile werden Flugzeuge mit provisorischen hölzernen Aufnahmen für vier Panzerfäuste über und unter den Tragflächen ausgerüstet. Sie können paarweise über zwei Bowdenzüge vom Piloten gezündet werden. Tatsächlich werden so ausgerüstete Bücker Bestmann in den Räumen Berlin, Magdeburg, Kaufbeuren und bei Großenbrode eingesetzt.
Es sind selbstmörderische Einsätze, die den fanatisierten jungen und überwiegend wenig erfahrenen Piloten zugemutet werden. Die Einsätze werden fast alle im Büchsenlicht der Abend- oder Morgendämmerung geflogen. Im Tiefstflug sollen feindliche Kolonnen angeflogen werden. Erst etwa 80 bis 100 Meter vor dem Ziel sind Panzerfäuste auszulösen. Dann müssen die Piloten sofort abdrehen, um nicht bei einem Treffer in herumfliegende Trümmer zu geraten. Die meisten Piloten dieser Einsätze verlieren im Abwehrfeuer ihr Leben. Die Trefferquote soll extrem gering gewesen sein.
Nach Kriegsende

Mit dem Kriegsende ist die Karriere der Bücker Bü 181 Bestmann noch lange nicht zu Ende. Die deutschen Truppen haben beim Rückzug aus der Tschechoslowakei die Pläne und Vorrichtungen zum Bau des Flugzeugs bei Zlin zurückgelassen. Seitdem wird er in tschechischer Regie weitergebaut. Die Bü 181D heißt jetzt Zlin Z.181. Nachdem die deutschen Hirth-Motoren aufgebraucht sind, montiert Zlin zunächst den tschechischen Toma 4, der ebenfalls 105 PS leistet, und bezeichnet diese Version als Z.281. Später wird dann der technisch bessere Walter Minor 4-III mit gleicher Leistung eingebaut (Z.381). Erst 1953 stellt Zlin die Fertigung der Bücker ein. Die tschechoslowakische Luftwaffe fliegt Bücker-Flugzeuge noch lange unter der Bezeichnung C.6 und C.106. Auch die ungarischen Streitkräfte, die 1942 insgesamt 23 der Trainer erhalten haben, nutzen die Bücker Bestmann noch in den Nachkriegsjahren.
Auch nach der Einstellung der Bücker-Fertigung bei Zlin werden die erfolgreichen Trainer weiterhin gebaut. Die Tschechoslowakei gibt ihre Fertigungswerkzeuge weiter an Ägyp-ten. Dort startet noch 1953 die Produktion weiterer Bücker Bestmann bei den staatlichen Heliopolis Flugzeugwerken bei Kairo. Die ägyptischen Bestmann erhalten den Namen „Gomhouria“ („Republik“). Sie entsprechen den Z.381 mit dem Walter-Minor-Motor. Insgesamt werden sechs Versionen der Gomhouria gebaut. Bei der Gomhouria MK.2 ersetzt ein Continental C-145 den Walter-Motor. Nicht nur in Ägypten wird das Flugzeug eingesetzt. Es wird auch an zivile Schulen und die Luftstreitkräfte in Saudi-Arabien, Jordanien, Libyen, Somalia und den Sudan geliefert. In der letzten gefertigten Version, der MK.1, erhält die Gomhouria noch einmal einen anderen Motor, den Continental O-300. Er ist eine Weiterentwicklung des C-145 und leistet wie dieser 145 PS. Die Gomhourias mit diesen Sechszylinder-Boxern sind leicht an ihrer breiten Cowling zu erkennen.
Doch auch in Deutschland soll die Bücker Bü 181 Bestmann noch einmal eine wichtige Rolle spielen: bei dem Neustart des Motorfluges Mitte der 50er Jahre. Aus Schweden importierte Bestmann stellen einen wichtigen Teil der Flotte bei der Wiederzulassung des Motorflugs. Es handelt sich um zwischen 1944 und 1946 bei Hagglund & Söner in Lizenz gebaute Bü 181 D, die die schwedische Luftwaffe unter der Bezeichnung SK.25 betrieb. Insgesamt hat Hagglund & Söner 125 Exemplare gebaut. Als die schwedische Luftwaffe ihre Trainer, die von der Saab Safir abgelöst werden, 1954 sukzessive außer Dienst stellt, kauft die dänische Firma Botsvet einen Großteil davon. In das Geschäft sind auch Clemens Bücker selbst und der damalige Deutsche Luftfahrt-Beratungsdienst (DLB) involviert, der als offizieller Importeur auftritt. Die Flugzeuge, die sich allesamt in gutem Zustand befinden, kosten seinerzeit ab Malmö 12000 DM. Innerhalb kurzer Zeit verbucht der DLB 90 Bestellungen.
In den 80er Jahren finden noch einmal in Lizenz gebaute Bücker Bestmann den Weg in ihr Ursprungsland. Ein deutscher Geschäftsmann holt zwölf Gomhourias, die die ägyptische Luftwaffe erst kurz zuvor ausgemustert hat, aus Ägypten nach Deutschland. Die Ära der Bücker Bü 181 Bestmann ist noch lange nicht zu Ende. Bis heute fliegt hierzulande und in einigen anderen Ländern noch eine stattliche Anzahl dieses Flugzeugs, das als das meistgebaute deutsche Leichtflugzeug für Bücker ein wahrer Bestseller wurde.
Technische Daten





Bücker Bü 181 Bestmann/Gomhouria
Verwendung: zweisitziges Trainings und Verbindungs-/Reiseflugzeug
Motor: Hirth 500 (Bestmann)/Walter Minor 4-III (Gomhouria) Vierzylinder-Reihenmotor
Leistung: 105 PS/77 kW
Spannweite: 10,60 m
Länge: 7,85 m
Höhe: 2,06 m
Flügelfläche: 13,50 m2
Leermasse: 475 kg
Max. Flugmasse: 800 kg
Zuladung: 325 kg
Treibstoff: 100 l/72 kg
Zul. Höchstgeschw.: 430 km/h (Klappe 0), 340 km/h (Klappe 1)
Höchstgeschw. im Horizontalflug: 210 km/h
Reisegeschw.: 200 km/h
Landegeschw.: 80 km/h (bei 765 kg)
Startrollstrecke: 250 m
Landerollstrecke: 120 m
Dienstgipfelhöhe: 6000 m
Reichweite: 800 km
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 03/2011