Auf dem Exportmarkt heftige Rivalen und trotzdem Partner: Bei der Entwicklung und Produktion des Kampfflugzeugs Jaguar taten sich Frankreich und Großbritannien zusammen. Fünf Versionen sollte das Sepecat-Konsortium (Société Européene de Production de l’Avion d’Ecole de Combat et d’Appui Tactique) hervorbringen. Dazu waren acht Prototypen geplant. Der erste, E01 (E steht für die französische Trainervariante) startete am 8. September 1968 zu seinem Jungfernflug. Die E02 und die französischen Einsitzer A03 und A04 folgten bis Mai 1969. Heute fast in Vergessenheit geraten ist der fünfte Prototyp, die M05. Diese Ausführung war als Angriffsflugzeug für die französischen Marineflieger gedacht und sollte auf den Flugzeugträgern „Clemenceau“ und „Foch“ die Dassault Étendard IV ersetzen. Äußerlich unterschied sie sich kaum von der Jaguar A der Armée de l’Air; die markantesten Punkte waren der Fanghaken sowie das geänderte und verstärkte Fahrwerk. Das Bugfahrwerk war zur Erhöhung des Anstellwinkels beim Start verlängert, und das Hauptfahrwerk verfügte nun über einzelne Räder statt der üblichen Zwillingsbereifung. Außerdem erhielt die M-Version einen Laserentfernungsmesser unter der Nase.
40 Jaguar für Frankreichs Marine
Am 14. November 1969 hob die M05 in Melun-Villaroche mit Testpilot Jacques Jesberger am Steuer zu ihrem Erstflug ab. Sie blieb ein Einzelstück, da die weiteren Jaguar-Prototypen den britischen Standards entsprachen (S06 und S07 als Einsitzer, B08 als Doppelsitzer). Die französische Regierung plante die Beschaffung von 40 Exemplaren der Marinevariante. Die allgemeine Flugerprobung der Trägerausführung erfolgte in Istres und Nîmes, bis Jesberger den Jet am 20. April 1970 nach Großbritannien überführte.
Tests auf nachgebautem Trägerdeck
Dort wartete das Royal Aircraft Establishment (RAE) in Bedford – einzigartig in Europa – mit einem nachgestellten Flugzeugträgerdeck an Land einschließlich zweier Katapulte auf. In der Zeit vom 22. April bis zum 1. Mai 1970 erfolgten neun Katapultstarts, um für alle Konfigurationen die Mindestgeschwindigkeit für einen sicheren Start herauszufinden, sowie 38 Hakenlandungen. Nach einer zweiten Kampagne im Juni 1970 in Bedford wurde es ernst: Der Projektoffizier für das Programm bei der Aéronavale, Capitaine de Corvette Yves Goupil, startete am 9. Juli 1970 in Richtung der Gewässer vor Lorient in der Bretagne, wo der französische Carrier „Clemenceau“ kreuzte. Allerdings war der Landespiegel an Deck kurzzeitig außer Gefecht, sodass Goupil nach Lann-Bihoué ausweichen musste. Wenig später war das Problem auf dem Schiff behoben, und die Sepecat Jaguar konnte wieder von der Marinebasis starten. Ohne größere Schwierigkeiten setzte die M05 schließlich auf dem Deck auf. Einen Tag später absolvierte Lieutenant de Vaisseau Daniel Pierre den ersten Katapultstart. In der Folge führten Pierre, Goupil und Breguet-Testpilot Jesberger bis zum 13. Juli 1970 zwölf Katapultstarts und Hakenlandungen sowie 173 Anflüge durch. Bei den Versuchen lagen die Startmasse bei 9600 Kilogramm und die Landemasse bei 8800 Kilogramm.

Die Schwächen werden offenbar
Während der Erprobung an Deck der „Clemenceau“ trug die M05 noch keine Außenlasten. Diese kamen in der zweiten Versuchsphase hinzu, die wieder in Bedford begann. Im Oktober 1971 kehrte der Jet auf die nun im Mittelmeer kreuzende „Clemenceau“ zurück. Auf dem Programm standen Einsätze mit höheren Massen: bis zu 12 300 Kilogramm beim Start und 9370 Kilogramm bei der Landung. Vom 20. bis 27. Oktober gab es 21 Starts und Landungen sowie 216 Anflüge. Die Erprobung offenbarte allerdings einige Schwächen: Beim Ausfall eines Triebwerks konnte aufgrund mangelnder Leistung ein sicheres Durchstarten nicht gewährleistet werden. Außerdem hätte die Leistung der Katapulte erhöht und die Decks der beiden Träger verstärkt werden müssen.

Jaguar gegen Super Étendard
Die Leistungsproblematik versuchten die Ingenieure mit einer geänderten Regelung des Nachbrenners zu beheben. Doch wären für einen sicheren Betrieb auf den Flugzeugträgern weitere Entwurfsänderungen notwendig gewesen. Daher gab die Aéronavale im Januar 1973 die Marineausführung der Jaguar auf und sagte eine geplante dritte Kampagne auf dem Träger ab. Den Zuschlag für das neue Trägerflugzeug erhielt noch im selben Jahr die Dassault Super Étendard. Die M05 diente noch der allgemeinen Erprobung der Jaguar für die Armée de l‘Air und führte am 12. Dezember 1975 ihren letzten Flug durch. Anschließend kam sie zur technischen Schule der französischen Luftstreitkräfte; sie befindet sich heute im Bestand des Musée de l‘Aéronautique Navale in Rochefort südlich von Nantes.
Technische Daten
Jaguar M
Hersteller: Sepecat (Dassault-Breguet und BAC)
Typ: trägergestützter Jagdbomber
Antrieb: zwei Rolls-Royce/Turbomeca Adour Mk 804
Leistung: je 29,4 kN
Länge: 15,52 m
Höhe: 4,92 m
Spannweite: 8,69 m
Flügelfläche: 24,18 m2
Leermasse: 7000 kg
max. Startmasse: 15 700 kg
Höchstgeschwindigkeit: 1593 km/h
Dienstgipfelhöhe: 14 000 m
Einsatzreichweite: 1410 km
Bewaffnung: zwei 30-mm-DEFA-Kanonen, verschiedene Außenlasten